DIE ZAUBERFLÖTE – Gera, Bühnen der Stadt Gera

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Singspiel in zwei Aufzügen, Libretto: Emanuel Schikanender, UA 30. September 1791, Theater auf der Wieden, Wien

Regie: Ansgar Weigner; Bühne/Kostüme: Duncan Hayler, Chorleitung: Ueli Häsler

Dirigent: Howard Arman; Philharmonisches Orchester Altenburg-Gera, Opernchor von Theater&Philharmonie Thüringen

Solisten: Julia Sophie Wagner (Königin der Nacht), Stephan Klemm (Sarastro), Hanna-Elisabeth Müller (Pamina), Markus Brutscher (Tamino), Teruhiko Komori (Sprecher), Jule Rosalie Vortisch (1. Dame), Marie-Luise Dreßen, Stina Levvel (2. Dame), Christina Bock (3. Dame), Stefan Zenkl (Papageno), Katrin Strocka (Papagena), Peter Paul Haller (Monostatos) u.a.

Besuchte Aufführung:  26. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Prinz Tamino verliebt sich in das Bildnis der schönen Pamina, Tochter der Königin der Nacht. Er bricht mit Papageno, dem Vogelfänger der Königin auf, um Pamina aus der Gefangenschaft Sarastros zu retten. Die Königin übergibt Tamino eine Zauberflöte und Papageno ein magisches Glockenspiel, die bei Gefahr Hilfe leisten sollen. Tamino und Papageno finden den Palast Sarastros und erfahren dort, daß der Priester Pamina geraubt hat, um sie dem schlechten Einfluß ihrer Mutter zu entziehen. Auf vielfache Weise werden Tamino und Papageno auf die Probe gestellt, bis schließlich das Gute siegt. Auch Papageno findet endlich ein zu ihm passendes Weibchen, Papagena und Tamino darf mit  Pamina zusammen sein. Die Königin der Nacht verliert ihre Macht und wird durch Blitz und Donner vertrieben.

Aufführung

Schon während der Ouvertüre hebt sich in Gera der Vorhang. Durch eine Videoprojektion der Erde aus Sicht des Weltalls wird dem Zuschauer klargemacht, daß die folgende Handlung irgendwo auf unserem Heimatplaneten stattfindet. Auch die Projektionsleinwand entschwindet und gibt den Blick frei auf eine verschneite Berglandschaft mit Schweizer Flagge, der Terrasse eines rustikalen Berghotels, auf welcher sich anscheinend Sanatoriumsgäste à la Zauberberg von Thomas Mann in weißen Pelzmänteln die Sonne genießen. Plötzlich verschwindet aber einer der Gäste, in dem er durch seinen Liegestuhl regelrecht hindurch fällt. Der erste Akt beginnt nun unter dem Liegestuhl. Der Gast entpuppt sich als Prinz Tamino, welcher durch den Rüssel eines Staubsaugers als Versinnbildlichung der Schlange attackiert wird. Doch die drei Damen vom Kaffeekränzchen der Hotelterrasse eilen zu Hilfe. Alle Charaktere der Oper, welche zuvor schon in der Alpenszenerie zu sehen waren, erscheinen nun in ihren eigentlichen Rollen der Märchenoper. Doch wird schnell klar, daß alles nur ein wirrer Traum zu sein scheint. Während Tamino und Pamina in schlichten weißen Kostümen die Reinheit verkörpern, tragen die Priester Sarastros bodenlange blaue Gewänder mit goldenen Kragen, wobei eine Schulter wie bei buddhistischen Mönchen nackt bleibt. Die Königin der Nacht erscheint in ihrer Auftrittsarie auf einem meterhohen Gestell unter ihrem schwarzen Kleid mit künstlich verlängerten Armen. In der Rachearie schwebt sie sogar gespenstisch über die Bühne. In fast jeder Szene wechselt die Bühnenausstattung durch verschiedene Himmelsansichten, beweglichen, fahrbaren kleinen und großen Wolken sowie einem drehbaren halben Berg. Doch am Ende der Oper sieht man den Hotelgast wieder in seinem Liegestuhl schlafen. Er erwacht aus einem Traum und stellt dem Publikum jene Frage, die auch Tamino zu Beginn der Oper in den Raum wirft: Wo bin ich?.

Sänger und Orchester

Mit subtiler Transparenz präsentierte sich das Philharmonische Orchester Altenburg-Gera unter der Leitung von Howard Arman in der Ouvertüre. Auch im Anschluß unterstützt es die Sänger souverän ohne dabei den Gesang zu dominieren, aber auch ohne völlig in den Hintergrund zu treten. Markus Brutscher (Tamino), wie auch alle anderen Ensemblemitglieder beglückten die Zuhörer durch eine besonders gute Textverständlichkeit, welche keiner zusätzlichen Übertitelung benötigte. Seine Darstellung des leicht zu beeinflussenden Prinzen hingegen blieb trotz gelegentlichem Witz eher ohne Tiefe; die sängerische Leistung, zunächst etwas gestört durch Ausgleichsschwierigkeiten von tiefen zu höheren Partien, überzeugte erst nach der Pause. Als eine wahre Offenbarung sowohl im Ausdruck als auch stimmlich hingegen erwies sich der elektrisierende Sopran von Hanna-Elisabeth Müller (Pamina). Besonderer musikalischer Höhepunkt des Abends war ihre klagende Arie Ach ich fühl’s. Mit überraschender Dramatik und ungewöhnlicher Spannung konnte sie mit Unbeschwertheit auch die leisen, gleichzeitig hohen Momente, auskosten. Die Auftritt von Julia Sophie Wagner (Königin) waren zwar wirkungsvoll in Szene gesetzt, doch konnten ihre teilweise angestrengten Koloraturen und ihr Stimmvolumen, eventuell bedingt durch die Inszenierung, nicht den Erwartungen entsprechen. Stephan Klemm sang souverän den Sarastro, allerdings ohne dem schwarzen Baß der Figur vollständig gerecht zu werden. Mit ausgelassenem Witz und geschmeidigem Bariton nahm Stefan Zenkl als Papageno das Publikum für sich ein.

Fazit

Mit intelligentem Witz und pädagogischem Ansatz nimmt die Geraer Zauberflöte ihre Freimaurerdoppelbödigkeit ohne dabei zur reinen Märchenoper abzudriften. Somit entsteht ein leichtfüßiges Opernvergnügen für Jung und Alt, Kenner und Liebhaber. Der sehr ausdauernde Applaus des Premierenpublikums würdigte diesen weitern musikalischen Ohrenschmaus unter dem leider kurzen Intermezzo von GMD Howard Arman.

Josephin Wietschel

Bild: Stephan Walzl

Das Bild zeigt: Julia Sophie Wagner (Königin) verlangt von Hanna-Elisabeth Müller (Pamina) Rache an Stephan Klemm (Sarastro) zu üben

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