ON THE TOWN – Bremerhaven, Stadttheater

von Leonard Bernstein, Musical Comedy in zwei Akten, Text von Betty Comden und Adolph Green, deutsche Fassung von Claus H. Hennenberg u. John Neumeier, UA: 28. Dez. 1944 New York

Regie: Claudio Bueno, Bühne: Mike Hahne, Dramaturgie: Juliane Piontek, Choreographie: Matteo Gastaldo

Dirigent: Rodolfo Cázares, Städtisches Orchester Opernchor, Ballet

Solisten: Peter Kubik (Gabbey), Robin Poell (Chip), Ziead Nehme (Ozzie), Maika Beate Wünscher (Ivy Smith), Pinelopi Argyropoulou (Hildy), Lilli Wünscher (Claire), Isabel Zeumer (Madame Dilly), Werner Kraus (Pitkin W. Bridgework)

Besuchte Aufführung: 23. Oktober 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Marinesoldaten Gabey, Chip und Ozzie haben Landgang in New York. Auf dem Weg nach Manhattan stoßen sie auf ein Plakat in der U-Bahn, auf dem die neue „Miss U-Bahn“ abgebildet ist – besonders Gabey ist hingerissen von der hübschen Ivy. Entschlossen, sie in New York zu finden, stürzen sich die drei in das hektische Treiben der Großstadt und erleben ein 24-stündiges Abenteuer, bei dem auch alle drei Soldaten ein kurzes Liebesglück finden, bis sie im Morgengrauen wieder ihr Schiff besteigen müssen.

Aufführung

Das Bernstein-Musical On the Town spielt im New York der 40er Jahre und der Regisseur Claudio Bueno konzentriert sich darauf, den Schauplatz der Großstadt detailgetreu und bunt umzusetzen. So war die Projektion der Manhattan Bridge und davor sitzenden Hafenarbeitern zu Beginn das äußerst schlichte Bühnenbild. Sobald jedoch Gabey, Chip und Ozzie in weißen Matrosenanzügen die seitlich plazierte Gangway herunter gesprungen kamen, wurde es sehr viel knalliger: Schwingende Glockenröcke, wilde Taxifahrten, ein mit Bänken gesäumter Platz im Central Park und mehrere Tanz- und Showbars versetzen den Zuschauer in ein märchenhaftes New York, in dem Bueno – bis auf die Darstellung der Arbeiter zu Beginn des Musicals – die bisweilen rauhe reale Großstadtatmosphäre ausklammert. Viele Ballet- und Tanzszenen, choreographiert von Matteo Gastaldo, durchsetzen die Aufführung.

Sänger und Orchester

Das Orchester unter der Leitung von Rodolfo Cázares vermochte den jazzigen und swingenden Charakter der Bernsteinschen Musik gut zu treffen. Manchmal gerieten die Tempi zu langsam, was vor allem die Ouvertüre schleppend wirken ließ. Beim ersten Song des Musicals New York, New York übertönte das Orchester die drei Protagonisten. Diese – Peter Kubik (Gabeys), Robin Poell (Chip), Ziead Nehme (Ozzie) – hatten ansonsten keine Probleme, sich gegen das Orchester durchzusetzen. Alle überzeugen mit vollem Timbre und stimmlichen Volumen, jedoch nicht immer mit deutlicher Textaussprache. Ein Höhepunkt des Abends war der Song Einsame Stadt, gesungen von Peter Kubik, der lyrisch und geschmeidig, dazu sauber in der Intonation die Einsamkeit Gabeys darstellte, einer der wenigen ernsthaften Augenblicke des Abends. Die weiblichen Hauptdarsteller füllen ihre Rollen mit eher mit Komik und Sexappeal aus, die allerdings häufiger ins Alberne abglitt. Maika Beate Wünscher als Ivy artikulierte sehr klar, Pinelopi Argyropoulous (Hildy), Gesang war dagegen manchmal schwer zu verstehen – gleichwohl konnte sie zusammen mit Poell (Chip), Ziead Nehme und Lilli Wünscher, der Darstellerin der Claire im Quartett Ein andermal eine sehr gute Gesangsleistung zeigen. Alle vier sangen sauber und mit warmem Timbre, das der melancholischen Stimmung angemessen war. Außerdem hervorzuheben ist Werner Kraus als Pitkin W. Bridgework. Nach seiner einzigen Solostelle Macht nichts, schon gut bekam er zu Recht viel Szenenapplaus und einige Bravorufe, denn seine Darstellung überzeugte durch saubere Intonation, gute Phrasierung und deutliche Textaussprache.

Fazit

On the Town ist ein publikumswirksames Musical, in dem die Qualität der Songs an Bernsteins späteres Musical West Side Story heranreicht. So läßt sich erklären, warum nach fast allen Nummern und auch am Schluß kräftig applaudiert wurde. Bei der Inszenierung allerdings ist einiges zu bemängeln: Zu oft wirkten die Szenen allzu realitätsfern. Ironische Distanzierung zu den stellenweise dümmlich wirkenden Dialogen erfolgte bestenfalls ansatzweise. Die Tanz- und Balletszenen waren allerdings prächtig anzuschauen.

Annika Klanke

Bild: Heiko Sandelmann

Das Bild zeigt: Lilli Wünscher (Claire), Ziad Nehme (Ozzi), Maika Beate Wüscher (Ivy Smith), Peter Kubik (Gabey), Pinelopi Argyropoulou (Hildy), Robin Poell (Chip)

Veröffentlicht unter Bremerhaven, Stadttheater, Opern