DER ROSENKAVALIER – Karlsruhe, Badisches Staatstheater

von Richard Strauss, Komödie für Musik in drei Aufzügen, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, UA: 26. Januar Königliches Opernhaus, Dresden

Musikalische Leitung: Justin Brown

Regie: Dominique Mentha, Bühne: Christian Floeren, Kostüme: Ute Frühling

Solisten: Christina Niessen (Feldmarschallin), Jürgen Linn (Baron Ochs auf Lerchenau), Daniela Sindram (Octavian), Edward Gauntt (Herr von Faninal), Ina Schlingensiepen (Sophie), Keith Ikaia-Purdy (Sänger), u.a.

Besuchte Aufführung: 10. Juli 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Baron Ochs von Lerchenau ist verliebt in einen Adelsstand, sein Geld und seine Besitztümer. Nicht zuletzt deshalb erwählt er die fünfzehnjährige Sophie Faninal zur Braut, da ihm diese seinen Status durch ihr Familienvermögen weiterhin sichern kann. Ochs bittet die Marschallin um die Ernennung eines Rosenkavaliers. Die Wahl fällt auf ihren siebzehnjährigen Liebhaber, den Grafen Octavian. Bei der Übergabe der silbernen Rose an Sophie nimmt das Schicksal jedoch einen anderen Lauf. Die beiden verlieben sich augenblicklich ineinander. Folglich versucht Octavian mit allen Mitteln, den unliebsamen Bräutigam Ochs aus dem Weg zu schaffen. Er verletzt ihn sogar mit dem Degen. Später wird Ochs von Octavian und der Marschallin als untreuer Gatte in flagranti erwischt. Dieser muß erkennen, daß die Sach‘ ein End hat, während Sophie und Octavian, wobei die Marschallin großherzig auf ihren Octavian verzichtet.

Aufführung

Im ersten Akt zeigt sich dem Zuschauer das Gemach der Marschallin in weißen Farbtönen, lediglich ein paar Möbel verlagern die Handlung in das Wien des 18. Jahrhunderts. Dank einer durchsichtigen Rückwand bekommt man einen Einblick vom Aufruhr des Hofpersonals, das sich alle Mühe gibt, den Baron Ochs vom Schlafgemach der Marschallin fernzuhalten. Eindrucksvoll ist vor allem die Vielfalt der Kostüme beim Morgenempfang. Ochs in braunem Wildleder, die Marschallin in einem rosa Morgenmantel. Auch das goldene Rokoko-Kostüm des Sängers mit seiner üppigen Perücke ist erwähnenswert. Der Neger erscheint im ersten Akt als kleiner schwarzer Junge in orientalischen Pluderhosen und Turban. Zum Opernende verwandelt er sich in einen ausgewachsenen mittelgroßen Pagen. Octavian tritt Sophie Faninal im silberglänzenden Outfit entgegen. Beim Stelldichein von Ochs mit dem als Mariandel verkleideten Octavian sieht man im Hintergrund Tische der Gastwirtschaft, in der Mitte befindet sich ein mit Vorhängen umgebenes Bett. Die Farce gegen Ochs, wo von den Seiten Hirsche, Hähne und weitere Tiere erscheinen, läßt Parallelen zum Elfenzauber des Finales im Falstaff (Verdi) erkennen. Zum Ende hin verschwinden Octavian und Sophie hinter den Bettvorhängen, während die Marschallin ihr schwarzes Gewand sowie die blonde Perücke wie eine alte Haut abstreift.

Sänger und Orchester

Die Badische Staatskapelle unter Justin Brown findet stets das dynamische Gleichgewicht gegenüber den Sängern, zusätzlich zur musikalischen Ausgestaltung. Trotz opulenter Fortissimo-Passagen können sich die Solisten gegen die orchestrale Wand behaupten. Christina Nissen (Marschallin) gestaltet ihre Partie mit klarer, voluminöser Stimme und zeigt vor allem im Monolog über die Zeit die emotionale Tiefe dieser Hauptrolle. Ina Schlingensiepen (Sophie) gelingt singspielerisch die Umsetzung des jungen, unerfahrenen Mädchens, der schon beim ersten Anblick Octavians die Worte fehlen. Ihre Stimme ist klar und hell, traut sich bezüglich der Lautstärke diesmal jedoch selten über ein mäßiges Forte hinaus. Jürgen Linn (Ochs) blüht vor allem im dritten Akt in seiner Rolle auf. Stimmlich wird er oft ausfallend, verliert die Fassung und poltert vor allem in der zweiten Hälfte des Leibliedes in seiner gewohnten Kavaliersmanier drauflos. Der kurze Auftritt von Keith Ikaia-Purdy (Sänger) erfüllt stimmlich die klassizistische Form seiner Arie, die jäh durch das Aufstampfen von Ochs unterbrochen wird. Höhepunkt des Abends ist die Darbietung Daniela Sindrams (Octavian) mit stimmlicher Geschmeidigkeit und einer überraschend stabilen Luftsäule in den Spitzentönen, was ihr jede Art von Formbarkeit und Ausgestaltung ermöglicht. Hier kommt die gesamte Tiefe Straußscher Musikalität jener heiklen Partie zum Ausdruck. Daher wird das Schlußduett auch zum musikalischen Höhepunkt: Sanft und rund schlingen sich die beiden Stimmen ineinander und ergänzen sich zu einem großartigen musikalischen Gesamtbild.

Fazit

Stürmisch bejubelt das Publikum Künstler und Regieteam. Das Publikum findet diese Inszenierung wahrscheinlich als wohltuend, eine Inszenierung, die nicht nach neuen Deutungswegen sucht und ohne große Provokationen die vorgegeben Handlung auf der Bühne wiederspiegelt.

Daniel Rilling

Bild: Jacqueline Krause-Burberg

Das Bild zeigt: Christina Niessen (Die Feldmarschallin), Statisterie, Hans-Jörg Weinschenk (Haushofmeister der Felmarschallin)

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