ARIADNE AUF NAXOS – Nürnberg, Staatstheater

von Richard Strauss, Oper in einem Aufzug nebst einem Vorspiel, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, UA: 1916 Wien,

Regie: Josef Ernst Köpplinger, Bühne: Johannes Leiacker

Dirigent: Christof Prick, Nürnberger Philharmoniker

Solisten: Dietmar Saebisch (Haushofmeister), Jochen Kupfer (Musiklehrer), Ezgi Kutlu (Komponist), Michael Putsch (Tenor/Bacchus), Heidi Elisabeth Meier (Zerbinetta), Mardi Byers (Primadonna/Ariadne), Melih Tepretmez (Harlekin), Victor Schiering (Scaramuccio), Daeyoung Kim (Truffaldino), Martin Nyvall (Brighella), Claudia Braun (Najade), Anna Lapkovskaja (Dryade), Melanie Hirsch (Echo), Kalle Kanttila (Offizier), Tilman Lichdi (Tanzmeister), Andrew Finden (Perückenmacher), Rüdiger Krehbiel (Lakai)

Besuchte Aufführung: 4. Juli 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Im Vorspiel erfährt das Publikum, daß anläßlich eines rauschenden Festes eines reichen Wieners die neue Opera seria Ariadne auf Naxos eines talentierten, jungen Komponisten uraufgeführt werden soll. Als anschließende Gemütserfrischung wünscht der Gastgeber eine komische Tanzeinlage mit Gesang durch eine Commedia-dell’arte-Truppe. Unerwartet wird die festgelegte Programmfolge umgestoßen, und der reiche Herr verlangt die Zusammenlegung von ernster Oper und Komödie. Der Komponist fühlt sich in seiner künstlerischen Freiheit beschnitten, aber Zerbinetta, Star der Komödianten, kann ihn beschwichtigen. Die anschließende Oper in einem Akt erzählt die Geschichte der Ariadne, welche von ihrem Verlobten Theseus auf Naxos zurückgelassen wird. In unendlicher Trauer über ihr Schicksal ersehnt sie sich den Tod. Zerbinetta und ihre Truppe versuchen erfolglos, durch Tanz und Gesang Ariadne zu trösten und abzulenken. Als unerwartet der Gott Bacchus, gerade den Fängen der Zauberin Circe entkommen, auf der Insel ankommt, hält Ariadne ihn zunächst für den Todesboten und folgt ihm auf sein Schiff.

Aufführung

An der Koproduktion mit dem Theater Klagenfurt waren noch einige andere Häuser beteiligt und so konnte man sich ein sehr aufwendiges Einheitsbühnenbild leisten. Man sieht die große Empfangshalle eines Hauses aus der Wiener Gründerzeit. Die Fensterwand zum verschneiten Garten wird für die Vorbereitung eines Feuerwerks immer wieder geöffnet, über die Haupttreppe halblinks kommen die handelnden Personen herunter. Ein Balkon mit Jugendstilgitter komplettiert das Rund. Hinter den Türen der Halle befinden sich die Garderoben für die Künstler, Zettel an der Tür weisen den Benutzer aus. In der Mitte steht ein Flügel, der durch ein Tuch zum Ariadnefelsen umgestaltet wird. Die Kostüme im Vorspiel zeigen die Kleidung der Jahrhundertwende. Die Tanztruppe tritt auf in burleske Kostüme, wie man sich eine Gauklertruppe zur Jahrhundertwende allgemein vorstellt. Ariadne und ihr Gefolge trägt blauen Tüll, Bacchus als Gott einen Lorbeerkranz.

Sänger und Orchester

Wenn schon am Bühnenbild nicht gespart wurde, dann kann man bei der Sängerbesetzung in die vollen greifen. Star des Abends ist Heidi Elisabeth Meier als Zerbinetta. Für Ihre Rondo-Arie Großmächtige Prinzessin und Kommt ein neuer Gott gegangen bekommt sie minutenlangen Szenenapplaus und Bravorufe als Koloratur-Sopran ohne Fehl und Tadel – auch wenn man manchmal meint, sie gebrauche etwas zu viel Kraft. Da kann Mardi Byers als Ariadne kaum gegenhalten, obwohl sie auch mit ihren Koloraturen glänzt – ihr fehlt ein wenig die Durchschlagskraft. Davon hat wieder Ezgi Kutlu reichlich, die bisher im italienischen Fach Erfolg hatte. Ihr glockenklarer und sehr gelenkiger Sopran bringt ihr viel Aufmerksamkeit als Komponist ein. Als ihr Musiklehrer erfüllt Jochen Kupfer mehr als alle Erwartungen, während Michael Putsch (Bacchus) sehr verhalten agiert. Seine Circe-Rufe sind zu schwach um aufzurütteln, ansonsten hält er sich im Piano fest, um im Finale doch noch Strahlglanz aufzufahren. Unter den ausgezeichnet besetzten Nebenrollen fallen vor allem die beiden Tenöre Kalle Kanttila (Offizier) und Tilman Lichdi (Tanzmeister) auf, die ihre kurzen Auftritte mit viel lyrischem Wohlklang gestalten.

Vater des Erfolges ist ohne Zweifel Christof Prick, der die Nürnberger Philharmoniker erfolgreich zu einem Strauss-Orchester weiterentwickelt hat – auch wenn an den weichen harmonischen Klängen noch gearbeitet werden muß. In anderen Passagen wiederum ist Christof Prick auch manchmal zu laut – sein Forte ist häufig ein Fortissimo.

Fazit

Die Produktion stellt eindrucksvoll unter Beweis, daß eine gewissenhafte Orientierung an die Partitur eine spannende und zeitgemäße Darstellung ergeben kann. Nicht nur das Bühnenbild und Kostüme beeindrucken, gerade die Details sind gelungen. Da tritt tatsächlich ein Perückenmacher auf, dem der dumme Tenor die Perücke hinterher wirft, der Lakai ist wirklich ein Diener, die Tanztruppe wirklich eine Gauklertruppe und die Operndarsteller sind als Götter charakterisiert. Irgendwelche unverständliche Einfälle unterbleiben. Damit ist diese Produktion geeignet, auch Kinder in die Welt der Oper einzuführen. Am Ende stürmischer Applaus für alle Beteiligten.

Oliver Hohlbach

Bild: Jutta Missbach

Das Bild zeigt: von links: Claudia Braun (Najade), Mardi Byers (Ariadne), Anna Lapkovskaja (Dryade) und Melanie Hirsch (Echo)

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