IL BARBIERE DI SIVIGLIA – Bremen, Theater am Goetheplatz

von Gioachino Rossini (1792-1868), komische Oper in 2 Akten, Dichtung von Cesare Sterbini nach der Komödie von P. A. Caron de Beaumarchais, UA: 20.Februar 1816, Rom, Teatro Argentina
Regie: Michael Hampe, Bühne: Christian Köpper/Andreas Hornburg, Ausstattung: Monika Gora (nach Entwürfen von Mauro Pagano), Kostüme: Claudia Hartmann, Dramaturgie: Hans-Georg Wegner, Licht: Christian Kemmetmüller
Dirigent: Daniel Montané, Bremer Philharmoniker, Choreinstudierung: Tarmo Vaask
Solisten: Leonardo Ferrando (Graf Almaviva), Thomas Möwes (Bartolo), Nadja Stefanoff (Rosina), Alberto Albarrán (Barbier), Kurt Rydl (Don Basilio), Agnes Selma Weiland (Berta), Daniel Ratchev (Offizier), Loren Lang (Fiorillo), Günter Schulz (Ambrosio), Bernd Tacke (Notar)
Besuchte Aufführung: 20. März 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Bartolo will sein Mündel Rosina, die er in seinem Haus in Sevilla streng bewacht, heiraten. Doch diese liebt den Grafen Almaviva. Beide versuchen zusammenzufinden. Damit es zu einem glücklichen Ende kommt, unterstützt Figaro oder der Barbier von Sevilla – eigentliche Hauptperson und höchst einfallsreicher Vermittler jeglicher Geschäfte – das Liebespaar mit List und Tücke, guten Ratschlägen und vor allem mit Bestechungen, die jedoch über kurz oder lang von seinem Gegenspieler Bartolo und Basilio (Rosinas Musiklehrer) aufgedeckt oder abgewendet werden. Selbst ein gut geplanter Fluchtversuch der beiden Liebenden scheitert. Letztlich arrangiert Figaro die Eheschließung der beiden mit einem Notar, der eigentlich für Bartolo und Rosina vorgesehen war.
Aufführung
Die vor 20 Jahren entstandene, in gedeckten Farben gehaltene Inszenierung von Michael Hampe wird in einem einfachen Bühnenbild umgesetzt. Im ersten Akt wird vor der Hausfassade gespielt. Durch die nach hinten geschobene Fensterfront im zweiten Akt wandert der Blick des Zuschauers in den Wohnbereich. Dort intensiviert sich das literarische Gewebe der Komödie um Intrigen und Geld in Gestalt von dem aus der alten Dienerrolle zum Unternehmer avancierenden Barbier, der durch nichts einzuschüchtern ist. Die Szenen wechseln schnell, die Handlung baut sich zügig auf, auch die Bewegungen der Protagonisten sind mit wenigen Ausnahmen auf Tempo ausgerichtet. Die Kostüme sind im Stil des 18. Jahrhunderts gehalten. Eine die Tageszeiten wirkungsvoll wiedergebende Lichtpräsentation bestimmt diese Aufführung, die den Abschluß in einer Reihe von Rossini-Operninszenierungen am Bremer Haus bildet.
Sänger und Orchester
Daniel Montané und die Bremer Philharmoniker beeindrucken besonders mit der Ouvertüre, Tarmo Vaask mit dem gut einstudierten Männerchor, eindrucksvoll auch die Gewitterdarstellung mit Sturm und Regen durch entsprechende instrumentale und lichtgebende Effekte. Der kurzfristig eingesprungene  Alberto Albarrán bemüht sich nach Kräften stimmlich und schauspielerisch um die Darstellung der vielschichtigen Komik der Rolle des Barbiers, durch die diese Opera buffa an Fahrt gewinnt. Leonardo Ferrando (Almaviva) ist mit seiner ausdrucksstarken Tenorstimme sowie seiner äußeren Attraktivität ein wünschenswerter Liebhaber für Rosina. Thomas Möwes wirkt als Doktor der Medizin (Bartolo) doch ein wenig zu herzkrank und als Baß zu schwach, um eine ernstzunehmende Konkurrenz für Almaviva um die Gunst von Rosina zu verkörpern. Kurt Rydl (Basilio) singt mit starkem Tremolo und poltert schirmschwenkend über die Bühne. Nadja Stefanoff gibt ihrer Rolle als verliebte Rosina Glanz und bewältigt – selbst in hohen Lagen sauber intonierend – mit ihrem klaren Sopran alle koloraturreichen Passagen mit Bravour. Trotz ihrer kurzen Auftritte schafft Agnes Selma Weilands (Berta) hohe Bühnenpräsenz und ihrer Arie einen überraschenden Höhepunkt. So gewinnt sie am Ende nicht nur den frustrierten Bartolo, sondern das gesamte Publikum für sich.
Fazit
Wohltuend ist die eher zurückhaltende Inszenierung Michael Hampes, da sie einmal nicht in die sonst so beliebten Ausuferungen des deutschen Regietheaters abgleitet. Doch Alberto Albarrán konnte mit seinen schauspielerischen Möglichkeiten die Figur des Barbier, von dem die komödiantischen Züge der Oper wesentlich bestimmt werden, nicht so recht zum Leben erwecken. Auch Thomas Möwes war für die schlitzohrige Rolle des Doktor Bartolo zu grob. So blieb die Aufführung verhalten, ihr fehlte der die Oper sonst charakterisierende Charme und Witz. So gefielen zwar die Ensemble-Szenen vor allem am Ende des ersten Aktes, doch insgesamt ließen sich die Sänger nicht von den sonst Heiterkeit verbreitenden und musikalisch zündenden Ideen Rossinis befeuern. Das Premierenpublikum war nachsichtig und klatschte zufrieden.

Carola Jakubowski

Fotos: Jörg Landsberg
Das Bild zeigt: Almaviva als betrunkener Offizier im Hause Bartolo
Rechts neben Leonardo Ferrando (Graf Almaviva) steht Alberto Albarran (Figaro), li. von Almaviva stehen Thomas Möwes (Bartolo) mit Kurt Rydl (Don Basilio)

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