L´ELISIR D`AMORE – DER LIEBESTRANK – Bonn, Opernhaus

von Gaetano Donizetti (1797-1848), Melodramma giocosa in zwei Aufzügen, Libretto: Felice Romani nach Le Philtre von Eugène Scribe, UA: 12. Mai 1832 Mailand, Teatro della Canobbiana
Regie: Vera Nemirova, Bühne/Kostüme: Werner Hütterli
Dirigent: Christopher Sprenger, Beethoven Orchester Bonn, Chor des Theaters Bonn, Einstudierung: Ulrich Zippelius
Solisten: Sigrún Pálmadóttir (Adina), Tansel Akzeybek (Nemorino), Giorgos Kanaris (Belcore), Martin Tzonev (Dulcamara), Susanne Blattert (Gianetta)
Besuchte Aufführung: 7. März 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Bonn-LiebestrankDer einfache Bauer Nemorino ist unglücklich in die reiche Adina verliebt. Sie hat, obwohl sie von dem bäurischen Verehrer weiß, dem Drängen des galanten Sergeanten Belcore nachgegeben und bereitet, auch um Nemorino zu provozieren, die Hochzeit vor. Inzwischen ist der Quacksalber Dulcamara ins idyllische Dorf gekommen und hat Nemorino ein Flasche Bordeaux als „Liebestrank“ verkauft. Um seine Angebetete gewinnen zu können, unterzeichnet er einen Vertrag, der ihn als Soldaten an seinen Rivalen Belcore bindet. Als sich die Kunde vom Tod des Erbonkels von Nemorino ausbreitet, wird er der begehrteste Junggeselle. Er schreibt diesen Umstand jedoch der Wirkung des Liebestranks zu. Unterdessen hat Adina von Nemorinos Soldatendienst um ihrer Liebe willen erfahren und sorgt dafür, daß er von seinem Vertrag entbunden wird. Beide werden ein Paar und huldigen dem „Liebeselexier“.
Aufführung
Liegestühle, ein Pool, eine Palme auf Sand, eine Oase der Erholung sind auf der Bühne zu sehen, als Nemorino in Arbeitslatzhose den kargen Müll beseitigt. Adina ist die Chefin der Anlage. Ihre reizvolle Erscheinung im türkisfarbenen Edel-Sportanzug beeindruckt Nemorino zutiefst. Der Chor tritt in Trainingskleidung auf, sportiv von der Animateurin Gianetta angetrieben. Es wird Gymnastik vorgeführt, im flachen Pool Wasser getreten, und das Körpergewicht gewogen. Nicht zu übersehen sind die dargestellten feinen Seitenhiebe auf den aktuellen Wellnesswahn. Belcore tritt in schmucker Kapitänsuniform auf, seine Soldaten sind Matrosen, die sich mit sehenswerten Judovorführungen als kampfbereite Truppe in Pose setzen. Dulcamara fährt mit einem Wohnmobil in die Oase hinein, begleitet von Assistentinnen. Sie sind gleichzeitig Erfolgsprodukte seiner Rezepturen: Schlank, langhaarig mit übergroßen Brüsten und aufgespritzten Lippen. Dulcamara verkauft, als er das Geschäft wittert, keinen Bordeaux, sondern Wasser in einer Plastikflasche. Nemorino bleibt also ganz nüchtern, als er am Ende unter Lichterketten seine Adina in die Arme schließen kann und die Sportgruppe, der Chor, nunmehr in einheitlich grauer Businesskleidung die Wellness-Oase verläßt.
Sänger und Orchester
Christopher Sprenger dirigierte eine hörenswerte Aufführung, die sich gut auf die Sänger einstellte. Mitunter hätte sie dem leichten Duktus von Donizettis Musik noch beherzter folgen können. Bemerkenswert war, wie punktgenau Handlungsabläufe auf der Bühne, mit der Musik korrespondierten. Tansel Akzeybek füllte mit seiner weichen Tenorstimme die Rolle des Nemorino gut aus. Seine Darstellung des Naiven war absolut glaubhaft. Schon beim Anblick seiner Adina machte er klar, welche Gefühle er für sie empfand. Besonders gefiel neben seinem gepflegten Belcanto, den er mühelos vorführte, die angenehme Schlichtheit mit der er die berühmten Romanza Una furtiva lagrima im zweiten Akt, als er die heimliche Liebe Adinas erkannt hat, ausführte. Sigrún Pálmadóttir stellte die hochnäsige, dann ehrlich empfindende Adina glänzend dar. Sie verfügt über eine beeindruckende Gesangstechnik, die sie über die Rolle hob und mit der sie die klippenreiche Partie beherrschte, das ihrer Stimme eigene kühle Timbre muß man mögen. Giorgos Kanaris (Belcore) sang seine Bariton-Partie solide und verkörperte den Stolzen gut. Besonders nachhaltig wirkte sein Duett Venti Scudi im Parlandostil mit Tansel Akzeybek, in dem es um den per Vertrag geregelten Soldatenlohn geht. Ein Vergnügen war es, das geschäftstüchtige Agieren von Martin Tzonev (Dulcamara) zu verfolgen. Er führte seinen Baßbariton in den temporeichen, figurierten Gesangslinien bestens vor und war als Schauspieler eine glänzende Besetzung. Susanne Blattert machte aus der kleinen Partie der Gianetta im wahrsten Sinne des Wortes eine glänzende Figur. Besonderes Lob gilt dem Chorgesang, sowie der von ihm schauspielerisch dargestellten Sportaktionen. Der gemeinsame Gang zur Waage war ein Spaß für sich.
Fazit
Eine hörens- und sehenswerte Aufführung, überzeugend in unsere Zeit transportiert. Donizettis Partitur wurde unaufdringlich, dafür aber mit Gespür für musikalische Details, von der Regisseurin Vera Nemirova umgesetzt.

Felicitas Zink

Bild: Thilo Beu
Das Bildzeigt: v.l. Martin Tzonev (Dulcamara), Tansel Akzeybek (Nemorino)

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