Chemnitz, Oper – DER SCHMIED VON GENT

von Franz Schreker (1878-1934), Große Zauberoper in 3 Akten, Nach de Costers Smetse Smee aus den vlämischen Mären, UA: 29. Oktober 1932, Berlin
Regie: Ansgar Weigner, Bühne: Siegfried E. Mayer, Kostüme: Claudia Möbius
Dirigent: Frank Beermann, Robert-Schumann-Philharmonie, Chor und Kinderchor der Oper Chemnitz
Solisten: Oliver Zwarg (Smee), Undine Dreißig (Smees Frau), Edward Randall (Slimbroek), André Riemer (Flipke), Martin Gäbler (Herzog Alba), Judith Kuhn (Astarte), Viktor Sawaley (Henker Jakob Hessels, Zweiter Adliger), Martin Gäbler (Erster Adliger), Thomas Mäthger (Dritter Adliger), Matthias Winter (Josef), Anna Erxleben (Maria), Kouta Räsänen (Petrus) u. a.
Besuchte Aufführung: 30. Januar 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
chemnitz-schmid-von-gent.jpgSmee betreibt eine Schmiede in Gent zur Zeit des 80jährigen Krieges. Die Geschäfte laufen ausgezeichnet, da er auch für die spanischen Besatzer arbeitet, insgeheim jedoch Spottlieder auf diese singt. Sein Widersacher Slimbroek jedoch sabotiert und denunziert Smee, so daß jener gezwungen ist, seine Schmiede zu schließen. Als Smee daraufhin seinem Leben ein Ende bereiten will, schlagen ihm drei Stimmen im Auftrag des Teufels einen Pakt vor, der ihm sieben Jahre Wohlstand verheißt. Der Schmied unterschreibt das Teufelbündnis, und er wird reicher als je zuvor. Zum Dank der Aufnahme der heiligen Familie werden Smee drei Wünsche gewährt. Mit ihnen überlistet der Schmied die drei Teufelsabgesandten. Es gelingt ihm zwar, den Höllenpakt zu zerreißen, der Teufel läßt jedoch seine Schmiede zur Hölle fahren. Der Schmied stirbt darauf und gelangt zum Höllentor. Dort wird er verjagt und über eine Leiter erreicht er die Pforte des Paradieses. Nach Abwägung seiner Taten erhält er schließlich Einlaß.
Vorbemerkung
Mit Schrekers letzter vollendeter Oper wurde seit 1921 erstmalig wieder in Chemnitz ein Bühnenwerk des Komponisten gezeigt. Damit ist die Chemnitzer Inszenierung, nach den Aufführungen der Berliner Staatsoper und den Bielefelder Bühnen, die dritte Produktion der Komposition seit der NS-Zeit. Dem Umstand der Rarität geschuldet wurde die Aufführung Live übertragen und für CD (Label cpo) mitgeschnitten.
Aufführung
In der Inszenierung deuten in den einzelnen Szenen ein überdimensionaler Tastenbelag auf dem Boden und riesige, teils bewegliche Elemente, Teile eines Flügels an, der im ersten Akt mit Feuerstellen als Schmiede, im zweiten Akt als umzäunte Rasenfläche und im letzten Akt als Wolkenhimmel zum Einsatz kommt. Mit diesen Versatzstücken, wie auch mit einer Einblendung eines Familienbildes Schrekers, soll eine Verschränkung der Handlung mit der kompositorischen Tätigkeit des Komponisten erzielt werden. Dazu verläßt der Schmied auch immer wieder die Handlungsebene und tritt auf die Vorbühne, um als Komponist an der Partitur zu arbeiten oder dirigierende Anweisungen zu geben.
Sänger und Orchester
Baßbariton Oliver Zwarg (Smee) versteht es, die Aufmerksamkeit mit großer Bühnenpräsenz auf sich zu ziehen. Sein Nun bin ich gerächt im 1. Akt läßt sein sattes Stimmvolumen erdiger Tonlagen erahnen, das sich im Schöne Bäum‘ draußen am Kai und in der der Pflaumenarie des zweiten Aktes mit lyrisch-dramatischer Stimmdynamik paart. Mit Tenor Edward Randall als Slimbroek steht ihm ein stimmlich veritabler Gegenspieler zur Seite, der mit klarer Diktion und gekonnt überzeichneten Phrasierungen aufwartet. Mit dem geschmeidigem Timbre ihrer dunklen Stimmfärbung besticht Mezzosopranistin Undine Dreißig (Smees Frau), insbesondere im Will gern für ihn bitten des dritten Aktes. Judith Kuhn gibt mit dem Ich bin die Stimme im dritten Akt zudem eine stimmverführerische Astarte ersten Ranges mit der glitzernd tranquilierenden Strahlkraft ihres Soprans. Hervorzuheben seien auch die Leistungen der übrigen Sänger, die den Grundton der soliden Besetzung des Stückes unterstreichen. Der glänzend eingestimmte Chor läßt zudem die Luft, wie beim Dirredomdeine des ersten Aktes mit impulsiver Stimmdynamik förmlich knistern. Die im Blech aufblitzend musizierende Robert-Schumann-Philharmonie unter Frank Beermann schafft dazu einen Klangboden, auf dem sich die Sänger voll entfalten können.
Fazit
Die Verschränkung der Opernhandlung mit angedeuteten Phasen aus Schrekers Leben und Schaffensprozeß gelingt auf Grund der teilweise zu stark vordergründig geratenen Versuche nicht. Im Gegenteil: Das Hervortreten und Herumfuchteln des Schmieds als Komponist stört die geschlossene Handlung. Dies wird insbesondere am Schluß deutlich, wenn Smee die Himmelsstiege nach dem Aufstieg wieder verläßt und als unerlöster Komponist in der Ecke kauert. Zudem zünden von Schreker bewußt revueartig eingeflochtene Szenen auf Grund zu starker Überzeichnung nur gelinde und kippen ins Gegenteil, wie etwa in der Begegnung mit der heiligen Familie. Trotz der zu verzeichnenden musikalischen Kürzungen bleibt so vor allem das hohe Niveau der Sänger und des Orchesters hervorzuheben.
Dr. Andreas Gerth

Bild: Dieter Wuschanski
Das Bild zeigt: Oliver Zwarg (Smee) und Undine Dreißig (Smees Frau)

Veröffentlicht unter Chemnitz, Städtisches Theater, Opern