Hannover, Staatsoper – DAS RHEINGOLD

Richard Wagner (1813-1883), Musik und Text, Vorabend zu Der Ring des Nibelungen, UA: 22.September 1869, München
Regie: Barrie Kosky, Bühne: Klaus Grünberg, Kostüme: Klaus Bruns, Licht: Klaus Grünberg, Susanne Reinhardt, Choreographie: Otto Pichler, Dramaturgie: Ulrich Lenz
Dirigent: Wolfgang Bozic, Niedersächsisches Staatsorchester Hannover
Solisten: Wotan (Renatus Meszar), Donner (Jin-Ho Yoo), Froh (Young-Hoon Heo), Loge (Robert Künzli), Alberich (Matthias Stefan Adam), Mime (Torsten Hofmann), Fasolt (Albert Pesendorfer), Fafner (Young Myoung Kwon), Fricka (Khatuna Mikaberidze), Freia (Arantxa Armentia), Erda (Evelyn Gundlach), Stimme Erda (Okka von der Damerau), Woglinde (Nicole Chevalier), Wellgunde (Julia Faylenbogen), Flosshilde (Mareike Morr) u.a.
Besuchte Aufführung: 14. November 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
hannover-rheingold.jpgAlberich gelüstet es nach Sex mit den Rheintöchtern, aber daraus wird nichts. In einer faustischen Aktion ergattert Alberich, indem er der Liebe entsagt, das Rheingold, welches unermeßliche Macht verleiht. Die Götter haben von den Riesen Fasolt und Fafner sich ihre neue Residenz Walhall erbauen lassen. Wotan hatte aber leichtsinnigerweise den Riesen die Göttin der ewigen Jugend, Freia, als Lohn versprochen. Allerdings lassen sich die Riesen auf des listigen Loges Rat bereden, den Nibelungenschatz statt ihrer als Lohn zu akzeptieren. Loge und Wotan gelingt es auch, Alberich den Ring und das Rheingold abzuluchsen. Die Riesen werden ausbezahlt, bekommen aber sogleich den Fluch, der auf dem unrechtmäßigen Besitzer des Ringes lastet, zu spüren: Fafner meuchelt seinen Bruder Fasolt und ist nun Alleinbesitzer des Hortes. Die Götter ziehen in Walhall ein, während die Rheintöchter den Verlust ihres Rheingoldes beklagen.
Aufführung
Der Australier Barrie Kosky wird den gesamten RING in Hannover inszenieren. Neben den drei „offiziellen“ Rheintöchtern wedeln noch 14 Revuegirls mit weißen Flügelarmen und Strahlenkronen im Rhythmus der Wellen und Wogen des Rheins. Und dann erscheint aus einer Geschenkpackung eine begehrenswert schöne goldene Frau – kein Wunder, daß Alberich dieser Schatz reizt. Die Götter scheinen auf den Seychellen in Sommerfrische zu sein. Wotan in der Badehose. Fasolt und Fafner kommen als siamesische Zwillinge daher – und sind auf ihren „drei“ Beinen trotz des felsigen Geländes nicht einmal hingefallen. Nach dem Erhalt des Ringes reißt sich der kleinere Fafner vom größeren Fasolt los, welcher nun – seiner lebenswichtigen Organe beraubt – tot liegen bleibt. Das Nibelheim scheint ein Versuchslabor zu sein: überall zischt, lebt, raucht und brodelt es. Der Einzug in Walhall findet auf ungewöhnliche Weise statt: Auf einem Servierwagen befindet sich eine gigantische Torte, offenbar von Leo von Klenze erbaut, welche von den Göttern verzehrt wird.
Sänger und Orchester
GMD Wolfgang Bozic dirigierte Wagner klassisch – keine Überraschungen, aber durchaus mit geschickt gesetzten Akzenten und – das lieben wir an ihm – viel Rücksicht auf die Sänger. Sensibles Dirigat, aber auch, wo angesagt, wagnerianisch gewaltig.
Renatus Meszar – sang schon im Ring Weimar – ist dankenswerterweise ganz kurzfristig für Tobias Schabel, der grippehalber nur stumm agieren konnte, mit markigem Baßbariton eingesprungen. Rollenadäquate Leistungen von Jin-Ho Yoo und Young-Hoon Heo als Donner und Froh. Stark in Stimme und Rollengestaltung die Göttinnen Freia und Fricka, verkörpert von Arantxa Armentia und Khatuna Mikaberidze. Wohltönend und pointiert singend profilierte sich am Premierenabend besonders der hauseigene Heldentenor Robert Künzli – wir sind auf seine Rolle als Siegfried gespannt – Paradetenorpartie im Ring. Mit raumfüllendem Tenor imponierte auch Torsten Hofmann (eingesprungen für den erkrankten Jörg Eichler) als Mime. Besonders gefallen hat mit überzeugendem Spiel und überzeugender Stimme Matthias Stefan Adam als Alberich; tadellos – und hübsch anzuschauen auch Nicole Chevalier, Julia Faylenbogen und Mareike Morr als attraktive Rheintöchter. Mit feinem Baß der hünenhafte Albert Pesendorfer als Fasolt zusammen mit seinem etwas rauher singenden kleinen Bruder Young Myong Kwon als Fafner.
Fazit
Außer den vereinzelten, rasch verklingenden Buhs nur Beifall, auch für die ja nicht gerade konventionelle, aber insgesamt doch überzeugende Regie von Barrie Kosky. Die siamesischen Riesen-Brüder werden sicher in die Operngeschichte eingehen. Sängerische Bestleistungen ohne negative Anmerkungen.

Rüdiger Ehlert

Bild: Thomas M. Jauk
Das Bild zeigt: Matthias Stefan Adam (Alberich)

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