Bremen, Theater – RIENZI – DER LETZTE DER TRIBUNEN

von Richard Wagner (1813-1883); große tragische Oper in fünf Akten, Libretto von Richard Wagner; UA: 20.10.1842, Dresden.
Regie: Katharina Wagner, Ausstattung: Tilo Steffens
Dirigent: Christoph Ulrich Meier, Bremer Philharmoniker, Chor und Extrachor des Theaters Bremen, Alsfelder Vokalensemble Bremen
Solisten: Mark Duffin (Cola Rienzi), Patricia Andress (Irene, Rienzis Schwester), Pavel Kudinov (Steffano Colonna), Tamara Klivadenko (Adriano), Loren Lang (Paolo Orsini), Franz Becker-Urban (Kardinal Raimondo), Christian-Andreas Engelhardt (Baroncelli), Alberto Albarran (Cecco del Vecchio), Nadja Stefanoff (Ein Friedensbote).
Besuchte Aufführung: 11.Oktober 2008 (Premiere)

Kurzinhalt
bremen-rienzi.jpgDie Handlung 1347 und 1354. Cola di Rienzo, päpstlicher Notar, genannt Rienzi, und spielt um in Rom. Rienzi stellt sich gegen die verfeindeten Familien der Orsini und Colonna, die die Römer terrorisieren und führt die Römer in einem Aufstand gegen die Adligen. Nach dem Sieg wird er um Volkstribun ernannt. Doch der Adel plant ein Attentat auf Rienzi, das durch den Verrat von Adrianos, Colonnas Sohn, scheitert. Der Tribun begnadigt sie gegen den Willen der Römer.
Aber die Adligen greifen Rom mit einer Armee an. Doch Rienzi siegt. Orsini und Colonna sind in der Schlacht gefallen. Rienzi wird als Sieger gefeiert. Doch Adrianowill seinen Vater Steffano Colonna rächen.
Adriano versucht, die Römer gegen Rienzi aufzuhetzen.
Rienzi erfleht den Segen Gottes für seine Herrschaft. Die Situation ist hoffnungslos: nur Irene, Rienzis Schwester, hält noch zu ihm. Es kommt zum Aufstand: Das Volk setzt das Kapitol in Brand, Rienzi und Irene kommen um.
Vorbemerkungen zur Aufführung in Bremen
Eine endgültige Spielfassung des Rienzi ist nicht vorhanden, da die Originalpartitur seit dem Krieg verschollen ist. Die hier zwischen Regie und musikalischer Leitung entstandene Spielfassung einer gedruckten Ausgabe stellt den Chor in den Mittelpunkt, was bedeutet, daß zwar fast alle Chorszenen Verwendung fanden, doch einzelne Nummern wurden gekürzt. Ob dies schon der Weisheit letzter Schluß ist in Hinsicht auf zukünftige Aufführungen, die bei den Bayreuther Festspiele stattfinden sollen, muß offen bleiben.
Aufführung
Der im Mittelpunkt stehende Chor bringt es mit sich, daß der Chor die komplette Breite der Bühnenrampe einnimmt und die handelnden Personen an den Rand drängt. Platz bleibt nur für eine überdimensionale Roma-Minerva-Statue, die den Aufstieg und Fall des Volkstribun Rienzi karikiert: Zuerst eine klassizistische Statue, am Ende ein Manga-Poster mit knappem Slip.
Es gibt viele Symbole: Je länger das Haar, um so größer die Machtfülle. Rienzi beginnt mit Halbglatze und endet mit hüftlanger Perücke. Beim Attentat will man ihm die Perücke vom Kopf reißen. Sein Kampfmittel ist kein Schwert, sondern ein Laubsauger, sein Parteigruß der ausgestreckte Zeigefinger.
In Maßen fördern solche Symbole sicher das Verständnis. Aber die Häufung verwirrt führt zu absurden Situationen. So kommen die Kriegsgefallenen als Zombies auf die Bühne und die Römer reißen sich die Zeigefinger ab, als sie sich von Rienzi abwenden.
Für die schönen Momente ist der perfekt choreographierte Chor mit Statisterie zuständig: Der Kinderchor überreicht im Auftrag des Friedensboten Zeichnungen an Rienzi, in der Pantomime rettet Rienzi Rom vor den Barbaren und läßt sich in einem Müllkübel feiern. Am Opernende wird der Rienzi aufgehängt.
Sänger und Orchester
Musikalisch dominierend in dieser „Chor-Oper“ ist eindeutig der zwar nicht immer bestens disponierte, dafür aber allgegenwärtige Chor. Bis zu 60 Sänger wollen auf der kleinen Bühne akustisch und szenisch gut plaziert sein. Am Ende ist festzustellen, daß der Chor zusammengefunden hat ist und im Finale einen beeindruckenden Eindruck hinterläßt.
Einen nicht ganz so überzeugenden Eindruck hinterläßt das Orchester unter Christoph Ulrich Meier. Zwar kommt er mit seinem sehr flotten Tempo den Musikern und Sängern beim Überspielen kleiner Schwierigkeiten sehr entgegen, doch ein differenzierter Eindruck will sich nicht einstellen. Weder die Blechbläser, noch die Streicher kommen an diesem Abend überhaupt zur Wirkung. Weshalb man dieses Werk nicht dem GMD des Hauses überließ, sondern auf den in Bayreuth erfahrenen Meier zurückgriff, ist unverständlich. Aber sein Dirigat wurde schon in Bayreuth verhalten kommentiert.
Sängerisch werden die Erwartungen an einer kleinen städtischen Bühne vollauf erfüllt. Mark Duffin (Rienzi) fehlen zwar die technischen Mittel, die Töne schön zu bilden, aber er konzentriert sich auf das Gebet des Rienzi, und Erstehe Hohe Roma neu singt er mit Kraft sehr überzeugend. Tamara Klivadenko in der Hosenrolle des Adriano erinnert stimmlich und ausdrucksmäßig an die späte Marika Rökk, was bedeutet, daß man sie sprachlich im Gegensatz zu allen anderen nicht versteht. Patricia Andress ist eine solide Irene ohne Höhepunkte setzen zu können. Glänzen kann dagegen Nadja Stefanoff als Friedensbote.
Fazit
Höflicher Applaus für einen unterhaltsamen bunten Abend ohne wirklichen Tiefgang. Wegen des Seltenheitswertes lohnt sich der Besuch, für eine Renaissance des Werkes muß die Qualität aber besser werden.

Oliver Hohlbach
Bild: Saskia Horn
Das Bild zeigt: Mark Duffin (Rienzi) mit seinem Laubsauger auf der Siegesfeier.

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