Theater Freiburg – DIE WALKÜRE

von Richard Wagner, Oper in drei Aufzügen, erster Tag des Bühnenfestspiels Der Ring des Nibelungen, Libretto vom Komponisten;
UA: 26.7.1870, München, Hof- und Nationaltheater
Regie: Frank Hilbrich, Bühne: Volker Thiele, Kostüme: Gabriele Rupprecht, Licht: Michael Philipp, Dramaturgie: Dominica Volkert
Dirigent: Gerhard Markson, Philharmonisches Orchester Freiburg
Solisten: Germán Villar (Siegmund), Siegrun Schell (Sieglinde), Peter Klaveness (Hunding), Frode Olsen (Wotan), Sabine Hogrefe (Brünnhilde), Anja Jung (Fricka/Schwertleite), Julia Thornton (Helmwige), Kyoung-Eun Lee (Gerhilde), Angela Bic (Ortlinde), Yaroslava Vikhrova (Waltraute), Karen Job (Siegrune), Sang Hee Kim (Rossweiße), Jelena Milovic (Grimgerde)
Besuchte Vorstellung: 8.6.08 (Premiere)

Kurzinhalt
8608-freiburg-walkure.jpgGöttervater Wotan hat seit der Handlung des Rheingold zwei Stämme gezeugt: Mit Schicksalsgöttin Erda neun Walküren, darunter seine Lieblingstochter Brünnhilde sowie mit einer unbekannten Sterblichen die Wälsungen Siegmund und Sieglinde, die aber kurz nach der Geburt getrennt wurden. Zu Beginn gelangt Siegmund auf der Flucht ins Haus von Sieglinde und ihrem Gatten Hunding. Dort erzählt er, wie er durch die Welt irrte, von seinem Vater getrennt wurde und zuletzt von einer feindlichen Sippe entwaffnet wurde. Hunding erkennt, daß Siegmund zu seinen Feinden gehört. Er gewährt ihm für die Nacht Gastrechts. Nachdem Sieglinde Hunding einen Schlaftrunk verabreicht hat, schleicht sie sich zu Siegmund und gibt ihm ein Schwert, denn Hunding will tags darauf mit Siegmund kämpfen. Siegmund tauf das Schwert Nothung. Da erkennt sich das Zwillingspaar und vereint sich liebend. In der Götterburg Walhall gibt Wotan Brünnhilde ihre nächsten Aufgabe: Sie soll Siegmund im Kampf gegen Hunding zu schützen. Fricka, Wotans Gattin aber ist über den inzestuösen Ehebruch erzürnt. Sie überredet Wotan, Hunding den Zweikampf gewinnen zu lassen. Wotan muß seinen Befehl an Brünnhilde zurücknehmen und sie statt dessen anweisen, Siegmund schutzlos in den Kampf ziehen zu lassen. Auf der Flucht des Wälsungenpaares vor Hunding bricht Sieglinde zusammen. Brünnhilde erscheint. Siegmund weigert sich jedoch, Sieglinde allein zurückzulassen und droht sie und sich zu töten. Beeindruckt von seiner Treue beschließt Brünnhilde, sich Wotans Befehl zu widersetzen und Siegmund gegen Hunding beizustehen. Es kommt zum Kampf zwischen Hunding und Siegmund. Wotan selbst greift ein, entwaffnet Siegmund, der daraufhin von Hunding getötet wird. Brünnhilde gelingt es, mit Sieglinde vor Wotan zu fliehen. Den Schutz für sich und Sieglinde bei ihren Walküren-Schwestern verweigern diese. Brünnhilde verkündet Sieglinde, daß sie einen Sohn gebären wird, den sie Siegfried nennen soll. Sie kann fliehen, bevor Wotan erscheint. Er verkündet ihre Strafe: Ohne jegliche göttliche Privilegien soll sie vom erstbesten Mann zur Frau genommen werden. Auf Brünnhildes Klage hin gewährt ihr Wotan zumindest den Schutz durch einen Feuerkreis, den derjenige, der sie zur Frau gewinnen will durchschreiten muß.
Inszenierung
Während die Zuschauer den Saal noch betreten hebt sich der Vorhang und gibt den Blick frei auf Wotan und zwei Kinder aus der Kinderstatisterie. Mit dem Einsatz des hektischen Vorspiels zum ersten Aufzug laufen die Kinder schreiend davon und ein Video wird auf den aus Folie bestehenden Zwischenvorhang projiziert: Ein Junge läuft durch eine Stadt und wird im Verlauf der Projektion immer älter. Eine spannendere und gleichzeitig musikalischer inszenierte Einleitung in Wagners Walküre ist kaum vorstellbar. Die Bühnenbilder der einzelnen Aufzüge bestehen jeweils aus über Holzgerüste gespannten gräulich-weißen Folien. Zunächst werden so drei Zimmer in Hundings Haus dargestellt. Diese Raumkonzeption gibt den Figuren die Möglichkeit kontemplative Momente ebenso darzustellen wie Ensembleszenen und wird vom Regisseur sehr schlüssig und eindrucksvoll gebraucht. Als Siegmund das Schwert Nothung aus Hundings Sofa gezogen hat, durchschlägt er damit die Wand zum benachbarten Zimmer Sieglindes, wo sich das liebende Paar vereint. Der zweite Akt zeigt ein großes Zimmer in Walhall, das voller Spielzeug ist – womöglich Brünnhildes Kinderzimmer. Das Bühnenbild aus dem ersten Akt steht als Puppenhaus am Rand und stellt so den Bezug zu den bisherigen Geschehnissen auch visuell dar. Wotan und Brünhilde bewerfen sich übermütig gegenseitig mit Stofftieren bis Fricka im Türrahmen erscheint. Der Zweikampf zwischen Hunding und Siegmund, beziehungsweise Wotans Eingreifen kommen in dieser Produktion ohne göttlichen Speer aus. Wotan zerbricht das Siegschwert Nothung mit bloßen Händen auf der Vorderbühne. Im dritten Akt schleppen die Walküren gefallene Helden nach Walhall, hier in einen drehbaren, ganz mit Folie bespannten drehbaren Kubus. Ihren wilden Rufen verleihen sie durch Megaphone Nachdruck. Ein etwas aufgesetzter Regieeinfall, der aber doch für lebendige Personenführung sorgt, da die Sängerinnen so aus dem Kubus hinaus und auch nach hinten singen können. Zum großen Feuerzauber am Aktschluß versinkt der Kubus. Wotan plaziert darauf Grablichter, die Brünnhildes Feuerkreis bilden und zündet sie an – ein intelligentes Bild, da Wotan durch Brünnhildes Bestrafung, wie sich in der Götterdämmerung zeigen wird, für seinen eigenen Untergang sorgt. Generell bietet diese Neuproduktion viele interessante und überzeugende Bilder. Trotz einiger Ecken und Kanten braucht die Freiburger Inszenierung sich nicht vor Produktionen an größeren Häusern zu verstecken.
Sänger/Orchester
Für ein vergleichsweise kleines Haus wie Freiburg ist eine Neuproduktion von Wagners Ring stets eine Herausforderung, die die Freiburger souverän gemeistert haben. Germán Villar und Siegrun Schell waren ein darstellerisch wie sängerisch hervorragendes Wälsungenpaar, auch wenn dem Spanier Probleme mit der deutschen Sprache recht deutlich anzumerken waren. Doch das nimmt man allzu gern in Kauf, wenn man dafür solch jugendliche Spielfreude in dieser Rolle erleben darf. Schade nur, daß Peter Klaveness als Hunding dagegen stimmlich so abfiel. Ensemblemitglied Anja Jung bot als resolute Fricka ein beeindruckendes Rollenporträt. Gleiches gilt für die Brünnhilde der Sabine Hogrefe, die eindrucksvolle und vor allem zumeist angenehm vibratoarme Soprantöne von sich gab. Frode Olsen steigerte sich nach einem mehr gesprochenen als gesungenen zweiten Akt zum Ende hin stark und konnte in seinem großen Schlußmonolog begeistern. Das Orchester unter GMD Markson hatte einen großartigen Abend. Abgesehen von kleineren Wacklern im Blech gegen Schluss bot es den ganzen Abend über hochspannenden, energiegeladenen Wagner. Zu kritisieren ist allerdings, daß das Dirigat die Sänger teilweise doch stark zudeckte.
Fazit
Ausdauernder Jubel. Man darf gespannt sein auf die Fortsetzung des Freiburger Ring-Zyklus!

Christoph Lang
Bild: Theater Freiburg

Veröffentlicht unter Freiburg, Theater, Opern