GÖTTERDÄMMERUNG – Freiburg, Theater

von Richard Wagner (1813-1883), Oper in einem Vorspiel und drei Aufzügen, Libretto: Richard Wagner, UA: 17. August 1876 Bayreuth, Festspielhaus

Regie: Frank Hilbrich, Bühne: Volker Thiele, Kostüme: Gabriele Rupprecht, Licht: Michael Philipp, Video: Klaus Fritz, Dirigent: Fabrice Bollon, Orchester: Philharmonisches Orchester Freiburg, Opernchor, Extrachor und Zusatzchor des Theater Freiburg, Choreinstudierung: Bernhard Moncado

Solisten: Christian Voigt (Siegfried), Wolfgang Newerla (Gunther), Gary Jankowski (Hagen), Neal Schwantes (Alberich), Sabine Hogrefe (Brünnhilde), Sigrun Schell (Gutrune), Anja Jung (Waltraute), Anja Jung (1. Norn), Sang Hee Kim (2. Norn), Jana Havranova (3. Norn). Lini Gong (Woglinde), Sang Hee Kim (Wellgunde), Sally Wilson (Floßhilde).

Besuchte Aufführung: 16. Mai 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Held Siegfried gerät am Hof der Gibichungen in die Intrige seines Widersachers Hagen, der für seinen Vater Alberich an den Ring der Macht gelangen will. Um Gutrune, die Schwester des Herrschers Gunther, zu bekommen, soll Siegfried für Gunther die Walküre Brünnhilde vom Walkürenfelsen holen. Was Siegfried aber durch einen Vergessenstrank vergessen hat und was nur Hagen weiß: Brünnhilde ist eigentlich Siegfrieds Geliebte. Als Brünnhilde merkt, daß sie von Siegfried verraten wurde, schwört sie ihm gemeinsam mit Gunther und Hagen Rache. Bei einer Jagd im Wald verabreicht Hagen Siegfried den Gegentrank, so daß Siegfried nun vor versammelter Gesellschaft davon erzählt, wie er Brünnhilde, jetzt Gunthers Braut, früher erobert hatte. Daraufhin sticht Hagen Siegfried mit seinem Speer in den Rücken. Zurück am Hof, beansprucht Hagen den Ring an Hand von Siegfrieds Leiche für sich. Daraufhin kommt es zu einem Kampf, in dem Hagen Gunther tötet. Als Hagen sich den Ring nehmen will, tritt der Rhein über seine Ufer und die Rheintöchter reißen ihn mit sich in die Tiefe. Brünnhilde läßt Siegfried ein Feuer bereiten und geht mit ihm in die Flammen.

Aufführung

Der Freiburger Ring-Zyklus setzt auch bei der Götterdämmerung wieder auf Aktualisierung und ein spartanisches Bühnenbild. Die Nornenszene zu Beginn des Stücks erlebt Brünnhilde als Traum. Die drei Nornen umspannen sie immer fester mit einem Faden, der kurz vor Ende der Szene, wie im Textbuch vorgesehen, reißt. Während der Walkürenfelsen aus einem schlichten Schlafzimmer besteht, ist die Gibichungenhalle ein Lagerhaus, in dem in Pappkartons das gesammelte Wissen der Menschen archiviert ist. Siegfrieds Rheinfahrt geschieht als Videoprojektion. Zu Beginn des zweiten Aufzuges besucht Hagen den sterbenden Alberich auf seinem Totenbett, die ursprüngliche Situation wurde also umgekehrt. Die Ermordung Siegfrieds ereignet sich vor einer grauen Wand, die an die Berliner Mauer erinnert. Am Ende der Oper werden die Kartons durcheinandergeworfen, um den allgemeinen Zusammenbruch von Götter- und Menschenwelt zu symbolisieren. Vom Aussehen her werden Gunther und Siegfried stark einander angenähert. Gutrune überreicht Siegfried keinen Vergessenstrank, sondern küßt ihn lediglich.

Sänger & Orchester

Musikalisch befindet sich die Freiburger Götterdämmerung auf erstaunlich hohem Niveau. Sabine Hogrefe übererfüllt als Brünnhilde sämtliche an sie gestellten gesanglichen wie auch schauspielerischen Erwartungen. Christian Voigt (Siegfried) und Gary Jankowski (Hagen) stehen ihr in Sachen stimmlicher Tragfähigkeit und artikulatorischer Genauigkeit in nichts nach. Ebenso aber lieferten an diesem Premierenabend die Nebendarsteller respektable Leistungen ab. Sigrun Schell verlieh ihrer Gutrune eine ungewöhnlich tragische Tiefe. Wolfgang Newerla stellte als Gunther den Wandel vom prahlerischen Herrscher zum verratenen Verräter glaubhaft dar. Anja Jung war stimmlich nicht nur als 1. Norn und Waltraute hochpräsent. Lini Gong, Sang Hee Kim (auch als 2. Norn) und Sally Wilson machten als Rheintöchter eine gute Figur, ähnlich wie Neal Schwantes in seinem Kurzauftritt als Alberich. Das Philharmonische Orchester Freiburg unter Fabrice Bollon bot eine transparente, jederzeit packende Wagner-Interpretation, die das Gesangsensemble nie übertönte. Rheinfahrt und Trauermarsch gerieten neben dem Ende des zweiten Aufzuges zu Höhepunkten der Vorstellung. Mit überraschender Wucht sang der Opernchor des Theater Freiburg vor allem begleitend zu Hagens Hochzeitsrufen.

Fazit

Hilbrich greift für die Requisiten mehrmals auf die Aufführungen der vorangegangenen Teile des Rings zurück. So stammt die Tarnkappe als Skimaske noch aus Rheingold genauso wie die zu Beginn des dritten Aktes verwendeten Vorhänge.      Fast keine Buhs und ein Riesenjubel erwartete alle Beteiligten am Premierenabend. Musikalisch ist diese Götterdämmerung, anders noch als der Siegfried, unbedingt einen Besuch wert. Die Regie orientiert sich auf individuelle Art eng an Wagners Textbuch.

Aron Sayed

Bild: Maurice Korbel

Das Bild zeigt: Im Vordergrund (v. links): Wolfgang Newerla (Gunther), Sabine Hogrefe (Brünnhilde), Christian Voigt (Siegfried)

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