Karlsruhe, Badisches Staatstheater – I MASNADIERI (DIE RÄUBER)

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Melodramma tragico in vier Akten, Libretto: Andrea Maffei nach Schillers Drama Die Räuber
Regie: Alexander Schulin, Bühne: Christoph Sehl, Kostüme: Ursina Zürcher, Licht: Stefan Woinke
Dramaturgie: Margrit Poremba
Dirigent: Jochem Hochstenbach, Badische Staatskapelle und Badischer Staatsopernchor
Choreinstudierung: Ulrich Wagner
Solisten: Barbara Dobrzanska (Amalia), Konstantin Gorny (Massimiliano/Moser), Keith Ikaia-Purdy (Carlo/Rolla), Stefan Stoll (Francesco), Klaus Schneider (Arminio)
Besuchte Aufführung: 30. Januar 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
karlsruhe-rauber.jpgCarlo Moor, der älteste Sohn des Grafen Massimiliano, ist nach einem Streit mit seinem Vater im wahrsten Wortsinne unter die Räuber gefallen. Noch hofft er auf eine Versöhnung mit ihm, doch sein Bruder Francesco läßt ihm eine gefälschte Nachricht im Namen des Vaters zukommen, und Carlo wird in seiner Enttäuschung zum Räuberhauptmann. Francesco muß nun nur noch den Vater aus dem Weg räumen, dann ist er endlich an der Macht. Er spielt Amalia, der Geliebten Carlos, und dem Vater die Nachricht über den vermeintlichen Tod Carlos zu und will Amalia zu seiner Maitresse machen.
Sie flieht und gerät in die Fänge der Räuber, so daß die Intrige Francescos durchschaut wird und Carlo auf Rache sinnt. Da Carlo durch seinen Schwur auf ewig an die Räuber gebunden ist, er Amalia aber ein Leben unter den Gesetzlosen nicht zumuten will, tötet er sie und stellt sich der Justiz.
Aufführung
Sobald sich der mit einem Waldmotiv bedruckte Vorhang hebt, gibt er den Blick auf ein Haus mit drei Räumen frei: Ein hohes blaues Zimmer für den Vater, eines mit vielen Pflanzen versehenes grünes Zimmer für Carlo und ein rosa erscheinendes Kinderzimmer für Francesco. Im Zentrum steht die räumliche und auch psychische Distanz der drei männlichen Protagonisten. Die Sänger des Carlo und des Massimiliano treten noch in je einer anderen Rolle auf, was einen bestimmten Aspekt in ihren Hauptpartien unterstreichen soll: Carlo ist zugleich auch Rolla und wird so zum Kämpfer, der nach Harmonie strebt; Massimiliano, als Vater scheiternd, wird als Pater Moser zum liebenden Übervater.
Sänger und Orchester
Barbara Dobrzanska war der unbestrittene Star des Abends. In der Rolle der Amalia wurde ihrer Stimme viel abverlangt, zumal der Part sich fast ausschließlich im oberen Register bewegt. In der Intonation sicher meisterte sie alle Sprünge brillant und glänzte mit ihrem perlenden Sopran, was sie nicht nur in Carlo vive? – Carlo lebt? bewies. Eine Überraschung war Konstantin Gorny in der Doppelrolle Massimiliano/Pater Moser. Das samtig-weiche Timbre seines dunklen Basses korrespondierte harmonisch mit den übrigen Akteuren, verlieh seiner väterlichen Gestalt aber leider nicht immer den nötigen Nachdruck. Schauspielerisch glänzte vor allem Stefan Stoll (Francesco), der auch stimmlich eine überzeugende Leistung bot: Daß er intriganter Sohn und reuiger Sünder in einem ist, spiegelte sich in seinem sonoren Bariton wider, mit dem er seine Rolle angemessen interpretierte. Ein wenig rätseln läßt hingegen Keith Ikaia-Purdy (Carlo/Rolla), dessen prächtiger Tenor im Ensemble voluminös und durchdringend, im Solo, besonders bei O mio castel paterno – Oh Schloß meines Vaters, hingegen angestrengt-gepreßt erklang.
Lobenswert war die Leistung des Chores, der rhythmisch immer sicher agierte. Ein zuverlässiges Fundament für die Solisten bildete das Orchester unter der Leitung von Jochem Hochstenbach. Klar artikulierend und klangfarbig differenziert präsentierte es sich von seiner besten Seite, wenn auch zu Beginn etwas schwerfällig.
Fazit
I Masnadieri ist bestimmt nicht eine der stärksten Opern aus der Feder Verdis. Musikalisch war der Abend ein großer Erfolg, auch wenn der dramatische Spannungsbogen manchmal zu brechen drohte. Dies lag nicht zuletzt an der Inszenierung, die die Problematik der Partitur mehr zum eigenen Vorteil hätte nutzen können. Dementsprechend geriet die Oper szenisch zeitweise langatmig und handlungsarm. Bedauernswerterweise wußte die Regie gerade mit dem Chor der Räuber nicht besonders viel anzufangen, so daß dieser neben den in den Vordergrund gerückten Konflikten der drei Adligen oft deplaziert erschien.
Isabell Seider

Bild: Jaqueline Krause-Burberg
Das Bild zeigt v. l.: Barbara Dobrzanska (Amalia), Konstantin Gorny (Massimiliano/Moser), Stefan Stoll (Francesco), Klaus Schneider (Arminio)

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