EUGEN ONEGIN – Bielefeld, Theater

von Peter Iljitsch Tschaikowski (1840-1893), Lyrische Szenen in 3 Akten, Libretto: Peter Tschaikowski und Konstantin Schilowskij (nach dem Versroman Eugen Onegin von Alexander Puschkin); UA: 17./29. März 1879 Moskau, Malii-Theater (studentische Aufführung);  11./23. Januar 1881 Moskau, Bolschoi-Theater (professionelle Aufführung)

Regie: Lotte de Beer, Bühne/Kostüme: Marouscha Levy, Licht: Henk van der Geest, Dramaturgie: Jón Philipp von Linden

Dirigent: Alexander Kalajdzic, Bielefelder Philharmoniker, Opernchor, Choreinstudierung: Hagen Enke

Solisten: Voukko Kekäläinen (Larina), Sarah Kuffner (Tatjana), Melanie Forgeron (Olga), Sünne Peters(Filipjewna), Levent Bakirci (Eugen Onegin), Daniel Pataky (Lenskij), Vladimir Miakotine (Fürst Gremin) u.a.

Besuchte Aufführung:  9. März 2013 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Schwestern Tatjana und Olga werden auf dem Gut ihrer Mutter Larina vom Nachbarn Lenskij und seinem Freund Onegin besucht. Während Lenskij und Olga sich näher kommen, verliebt sich auch Tatjana in Onegin. Bei einem erneuten Treffen macht Onegin ihr allerdings klar, daß er ihre Gefühle nicht erwidert. Bei einem Ball tanzt er viel mit Olga, um Lenskij zu kränken. Onegin tötet Lenskij im Duell und verläßt das Land. Sechzehn Jahre später trifft er auf einem Ball Fürst Gremin und dessen Ehefrau Tatjana. Er verliebt sich in sie und bittet sie, mit ihm zu kommen. Tatjana hält ihrem Ehemann aber die Treue und weißt Onegin zurück.

Aufführung

Zu Beginn der Vorstellung ist die Bühne vollständig leer, eine einzige Person steht auf der Bühne und wird von hinten angeleuchtet. Während der Ouvertüre treten viele Menschen aus dem dunklen Hintergrund und bringen viele Möbelstücke mit sich, altertümliche, verzierte Stücke, die im Verlauf des ersten und zweiten Aktes umgestellt werden, um die jeweiligen Kulissen zu schaffen. Im dritten Akt stehen die Möbel nur noch schemenhaft erkennbar im Hintergrund, der vordere Teil der Bühne ist mit Papieren übersät. Während der gesamten Aufführung spielt auch das Bühnenlicht eine zentrale Rolle: Tag und Nacht, aber auch die verschiedenen Kulissen werden so voneinander abgegrenzt. Die Sänger tragen altertümliche bunte Kleider, die zu Tschaikowskys Zeit in ländlichen Gegenden Rußlands getragen wurden. Auf dem Ball Fürst Gremins sind die Frauen in weiße Kleider, die Männer in schwarze Anzüge gekleidet, während Tatjana durch ein blaßblaues Kleid heraussticht.

Sänger und Orchester

Das gesamte Ensemble zeichnete sich vor allem durch eine beeindruckende Homogenität aus. Der volltönende Klang der Chorpassagen mischte sich hervorragend mit dem Orchesterklang, ohne undeutlich zu werden. Das Orchester unter Dirigent Alexander Kalajdzic begleitete hervorragend, paßte sich teilweise sehr spontan der Laustärke des Chores an und zeichnete sich durch diese Wandlungsfähigkeit als sehr gutes Opernorchester aus. Leider war  manchmal sowohl intonatorisch als auch rhythmisch ein wenig Unsicherheit zu bemerken. Sarah Kuffner (Tatjana) zog das Publikum mit ihrer hellen Stimme sowie durch ihre ausdrucksstarke Mimik in ihren Bann. Ihre Artikulation war einwandfrei. Auf ihre Arien folgte stets spontaner Szenenapplaus. Melanie Forgeron (Olga) beeindruckte durch ihre gut ausgewogene Stimme in tiefer Lage, was durch das große Volumen ihrer Stimme noch verdeutlicht wurde. Bei den höheren Passagen verlor die Altistin allerdings durch zuviel Vibrato an Deutlichkeit. Voukko Kekäläinen (Larina) füllte die Rolle der Larina sehr lebendig aus. Ihre volle, durchdringende Stimme harmonierte perfekt mit der ihrer Kollegin  Sünne Peters (Filipjewna), die sich insbesondere durch ihre angenehm dosierte Vibratoführung auszeichnete. Ein großes Lob verdient Lianghua Gong (Triquet), der dem Publikum trotz seines relativ kurzen Auftritts sicher positiv in Erinnerung bleibt. Mit seiner außergewöhnlich hellen Farbe seine Tenore steuerte er einen weiteren faszinierenden Moment bei. Ebenso beindruckte Vladimir Miakotine (Fürst Gremin), der bei seinem Auftritt beinahe ebenso viel Applaus bekam wie die Hauptdarsteller: es gelang ihm glänzend, auch in der tiefsten Lage wohltönend zu singen, ohne die Wärme seiner Stimme dafür zu opfern. Daniel Pataky (Lenskij) wirkte zu Beginn etwas blaß: seiner Stimme fehlte die Ausdrucksstärke, die man sich bei einer so emotionalen Figur erhofft hätte. Im Laufe des zweiten Aktes gelang es ihm jedoch, das Publikum zu begeistern und erntete dafür reichlich Szenenapplaus. Levent Bakirci (Onegin) überzeugte als Hauptfigur auf ganzer Linie: wie kein anderer Akteur wandelte sich seine Stimme mit Onegins Gemütszustand und untermalte so eindrucksvoll die Handlung.

Fazit

Mit Eugen Onegin ist diesem Ensemble eine sehr ansprechende Inszenierung gelungen. Von Kostümierung und Requisite durchaus klassisch gehalten, finden sich überall kleine Überraschungen in schauspielerischer und gesanglicher Art. Das Publikum belohnte alle dafür mit viel Applaus.

Sarah Heemann

Bild: Kai-Uwe Schulte-Bunert

Das Bild zeigt: Daniel Pataky (Lenski) und Melanie Forgeron (Olga)

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