Chemnitz, Städtisches Theater – RUSALKA

von Antonín Dvořák (1841-1904), Lyrisches Märchen in 3 Akten, Libretto: Jaroslav Kvapil; UA: 31. März 1901, Prag. Regie: Dominik Wilgenbus, Bühnenbild: Udo Vollmer; Kostüme: Andrea Fisser; Dirigent: Domonkos Héja, Robert-Schumann-Philharmonie. Chor der Oper Chemnitz. Solisten: Judith Kuhn (Rusalka), Hugo Mallet (Prinz), Kouta Räsänen (Wassermann), Undine Dreißig (Hexe Ježibaba/Fürstin), Andreas Kindschuh (Förster), Susanne Thielemann (Küchenjunge/Erste Elfe), Tina Pulst (Zweite Elfe), Kathleen Glose (Dritte Elfe) u. a.
Besuchte Aufführung: 24. Oktober 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
chemnitz-rusalka.jpgDie Nixe Rusalka erlangt mit Hilfe der Hexe Ježibaba die menschliche Gestalt, da sie sich in einen Prinzen verliebt hat. Der Preis dafür jedoch ist ihre Stimme, und sie kann nie wieder in das Unterwasserreich zurückkehren, wenn sie des Prinzen Liebe nicht erringt. Der Prinz verliebt sich in sie, doch, da sie in der Schloßgemeinschaft wie ein Fremdkörper scheint und sie nur verhalten seine Liebe erwidert, verstößt sie Prinz Rusalka. Doch der Prinz bereut, und er sucht im Wald verzweifelt die Geliebte. Rusalka erlöst den Liebenden auf seine Bitte hin mit einem Todeskuß.
Aufführung
Zur Aufführung kommt die deutsche Fassung des Werkes, die in der Inszenierung ganz in märchenhaft angelegten Traumbildern schwelgt, ohne jedoch aufgesetzt kitschig wirkende Elemente einbringen zu wollen. Der die Akte dominierende Teich ist ein in unterschiedlichen Lichtstimmungen ausgeleuchtetes Ringpodest, welches schräg angehoben werden kann. Im Hintergrund wechseln Prospekte in Leuchtfarben mit stilisierten Landschaftsandeutungen mit einem überdimensionalen Mond und einem funkelnden Sternenhimmel, wie im letzten Akt. Durch Einsatz der Drehbühnen- und Hubelementtechnik, wie in der Schloßszene, werden weitere Raumkonstellationen geschaffen. Insbesondere in der Märchenweltszenerie des ersten Aktes werden die Figuren des Nixenteiches durch lebensgroße Handpuppen ergänzt, während die Sänger direkt hinter den agierenden Figuren singen und jene mitsteuern. Im Verlauf der Oper nehmen die Akteure die Gestalt der Puppen an, in märchengleich gestalteten Kostümen.
Sänger und Orchester
Stimmlich unangefochtene Stars des Abends sind Judith Kuhn als Rusalka und Hugo Mallet als Prinz. Im Verlauf des ganzen Stückes ist es immer wieder erstaunlich, mit welch eindringlicher Emphase Judith Kuhn ihre Partie zu nehmen weiß, wobei ihre Sopranstimme in den dramatischen Passagen mit starker Leuchtkraft durchzudringen vermag, um im nächsten Augenblick mit berührend sensibler Zurücknahme die lyrischen Elysien auszukosten. Ihr Lied an den Mond berückt auf diese Weise ebenso, wie auch der schmerzlich liebevolle Abschied am Ende des dritten Akts. Und was für ein stimmlich starker Prinz wird mit Hugo Mallet geboten. Seine in warmen Samttönen eingebettete, nuancenreich timbrierte Tenorstimme eröffnet in der Arie Wundersames Traumbild lyrische Spitzenqualitäten, die selbst in den hohen Tönen mühelos und mit druckvoll stimmlicher Fülle ganz ausgekostet werden. Baß Kouta Räsänen (Wassermann) beeindruckt im Lied des Wassermanns durch die Vielschichtigkeit seines lichten Timbres, das trotz seiner schlanken Grundnote insbesondere in den dramatischen Passagen mit großem Volumen aufhorchen läßt. Mit Undine Dreißig (Hexe Ježibaba/Fürstin) und ihrem aus erdig satten Farbtönen schöpfenden Mezzosopran sowie mit Andreas Kindschuhs (Förster) klar strukturiertem Bariton werden weitere stimmstarke Sänger aufgeboten, wobei Susanne Thielemann (Küchenjunge), Tina Pulst und Kathleen Glose (Elfen) den gelungenen Reigen komplettieren.
Dirigent Domonkos Hejá führt die Robert-Schumann-Philharmonie in transparent durchleuchtender Spielweise durch die schwelgerisch böhmischen Melodiefolgen und weiß auch die impressionistisch angehauchten Passagen mitreißend auszuformulieren, ohne sich im Dickicht nebulöser Klangmassen zu verlieren.
Fazit
Regisseur Dominik Wilgenbus tut gut daran, sich scheinbar die Werksbezeichnung von Dvořák als lyrisches Märchen zu Herzen zu nehmen. Sinnlos sinndeutende Versuche in der Inszenierung unterbleiben und in zuweilen fast impressionistisch erscheinenden Märchenbildern, die genug Spielraum für eigene interpretatorische Ansätze und Traumphantasien lassen, wird ein Kosmos von bisweilen bedrückender Spannung und berückender Sogkraft geschaffen. Die teilweise Umsetzung mit dem Figurentheater ist dabei ein stringent ausgeführter und passend eingebetteter Ausdruck der Märchenwelt. Die zweite große Hauptsäule zum guten Gelingen der Inszenierung sind die starken Leistungen der Sänger, die sowohl packend gesanglich zu bewegen wissen als auch schauspielerisch große Spannungsbögen erzeugen. Eine lange nachklingende Rusalka wie sie sein sollte: märchenhaft und verzaubernd!

Dr. Andreas Gerth
Bild: Dieter Wuschanski
Das Bild zeigt: Eine märchenhafte Liebe. Judith Kuhn (Rusalka) und Hugo Mallet (Prinz) sowie Herren der Statisterie.

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