Die Vögel – Köln, Oper

von Walter Braunfels (1882-1954), lyrisch-phantastisches Spiel in zwei Akten, Libretto: Walter Braunfels, nach Aristophanes gleichnamigem Theaterstück, UA: 30. November 1920, München, Nationaltheater

Regie: Nadja Loschky, Bühnenbild: Ulrich Leitner, Kostüme: Irina Spreckelmeyer

Dirigent: Gabriel Feltz und das Gürzenich-Orchester Köln

Solisten: Burkhard Fritz (Hoffegut), Joshua Bloom (Ratefreund), Samuel Youn (Prometheus), Wolfgang Stefan Schwaiger (Wiedehopf), Ana Durlovski (Nachtigall), Anna Malesza-Kutny (Zaunschlüpfer), Seung Jick Kim (Flamingo)

Besuchte Aufführung: 5. Dezember 2021 (Premiere)

Kurzinhalt

Hoffegut und Ratefreund, zwei Menschen aus der Stadt, suchen nach dem Reich der Vögel. Dort angekommen treffen sie auf den König der Vögel, Wiedehopf. Ratefreund schlägt ihm vor, ein eigenes Reich für die Vögel zu errichten. Nachdem die Vögel darüber beraten haben, entschließen sie sich, die Idee in die Tat umzusetzen. Hoffegut wird währenddessen von der Nachtigall in ihren Bann gezogen. Die Vögel erbauen ihr Reich neu und fühlen sich Menschen und Göttern gegenüber erhaben. Da erscheint ihnen Prometheus, um sie vor Zeus zu warnen. Erst nachdem Zeus ein Gewitter aufziehen läßt und das Reich zerstört, erkennen die Vögel seine Macht an. Hoffegut und Ratefreund kehren in die Stadt zurück.

Aufführung

Die Bühne zeigt eine dunkle, zerfurchte Landschaft voller Krater und Erdhaufen. Im ersten Akt wird eine Szene aus der Entstehungszeit der Oper, dem ersten Weltkrieg, nachgestellt: Soldaten mit Gewehren bewaffnet bewegen sich in Zeitlupe und fallen verletzt zu Boden. Die Kostüme enthalten ebenfalls Kriegssymbole und sind in düsteren Erdtönen gehalten. Das Volk der Vögel sieht aus wie gefallene Soldaten: sie tragen Kleiderfetzen und Pilotenbrillen, manche haben Verletzungen und stützen sich auf Gehhilfen, andere tragen schnabelartige Masken, die an Gasmasken erinnern und haben Krallen an den Füßen. Im zweiten Akt zeigt die Bühne Regale mit Eiern als eine Art Zuchtlabor für das Reich der Vögel, dabei werden ebenfalls Symbole aus dem Nationalsozialismus gezeigt, wie Schilder mit der Aufschrift „Das reinrassige Ei“. Das Reich der Vögel wird so eher zu einer Dystopie (negatives gesellschaftliches Zerrbild) statt einer Utopie.

Sänger und Orchester

Gabriel Feltz dirigiert die Ouvertüre in einem bedächtigen Tempo, daß den Klangteppich der einzelnen Instrumente sehr gut entfaltet und einen traumhaften Gefühl verströmt. Burkhard Fritz (Hoffegut) singt mit klarem, metallischen Heldentenor, der besonders in der Höhe sein ganzes Volumen entfalten kann. Dabei spielt er seine Rolle überwiegend sehr zurückhaltend und wirkt oft etwas verloren auf der Bühne. Zum Ende des ersten Akts kann er durch einen sehr gefühlvollen Gesangspart zusammen mit Ana Durlovski (Nachtigall) überzeugen, dabei läßt er sich in ekstatischer Pose in die Arme der anderen Nachtigallen fallen und verkörpert seine Verzückung auch gesanglich durch das An- und Abschwellen seiner Stimme sehr gut. Leider singt er hin und wieder mit zu viel Druck in der Stimme, so daß er heiser klingt.

Sein Gegenspieler Joshua Bloom (Ratefreund) überzeugt durch einen voluminösen sehr donnernden Baß, den er gekonnt in sein schauspielerische Gestik einbaut. Dabei legt er besonders Wert darauf, das Komödiantische seiner Rolle hervorzuheben, prügelt mit einer Peitsche auf seine beiden Diener ein, hält ein Ei wie eine Trophäe in die Vogelhorde und betont dabei die schnellen Gesänge sehr akzentuiert, fast schon lautmalerisch mit lebendiger Mimik, so daß der Text immer sehr deutlich zu verstehen ist. Wolfgang Stefan Schwaiger (Widehopf) überzeugt in der Rolle des gebrochenen Anführers auf Krücken gelehnt und spielt diesen leicht schrullig. Seinen hell-gefärbten Bariton setzt er sehr gleichmäßig ein und bindet die Töne im Legato, dabei hat er das lärmendes Timbre seiner Stimme sehr gut unter Kontrolle, so daß er nie zu laut wirkt.

Ein großer Höhepunkt unter den Männerstimmen ist der Auftritt von Samuel Youn (Prometheus), der seinen Baßbariton mit technischer Versiertheit dramatisch in der Höhen donnern läßt, während er seine Arme weit von sich streckt und in den Himmel schaut, um Zeus zu huldigen. Auch die leisen Töne im sotto voce beherrscht er perfekt und hat durch sein rauhes Timbre immer eine Schwere in der Stimme, die sehr gut zu seiner Rolle paßt.

Bei den Sängerinnen ist Ana Durlovski (Nachtigall) mit ihrem glockenklaren, leuchtenden Sopran, der ein ausgenommen hohes Timbre hat, der Star des Abends. Sie zieht alle Register in den Koloraturen, betont die Triller in schwindelerregender Höhe mit gekonnter Leichtigkeit und wirkt dabei keine Sekunde angestrengt.

Hervorzuheben ist auch die Leistung des Chores, der in großer Besetzung trotzdem ausgenommen synchron singt und für dramatische Höhepunkte sorgt. Ebenso überwältigend ist das Orchester, das den gesamten Abend über einen wunderschönen Klang erzeugt, und auch vom Tempo her immer auf den Punkt ist, so daß sich der romantische, sehnsuchtsvolle Klang der Musik in allen Instrumenten voll entfalten kann.

Fazit

Eine sehr kurzweilige Inszenierung, die durch viele komödiantische Elemente zum Lachen anregt. Bühnenbild und Kostüme sind ebenfalls sehr phantasievoll. Der Zusammenhang zwischen dem ersten Weltkrieg und der Handlung wird nicht sofort klar, dafür entschädigt aber die Musik, die ausnahmslos hervorragend ist, so daß man sich einfach davon berieseln lassen kann. Publikumsliebling ist Ana Durlovski, die mit besonders lautem Applaus belohnt wird. Eine gelungene Premiere!

Melanie Joannidis

Bild:  Paul Leclaire

Das Bild zeigt: Chor und Statisterie der Oper Köln, Seung Jick Kim (Flamingo)

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