EUGEN ONEGIN – Hannover, Staatsoper

von Peter Iljitsch Tschaikowsky (1840-1893), lyrische Szenen in drei Akten, Libretto: Peter Iljitsch Tschaikoswky und Konstantin Schilowski nach dem Roman in Versen von Alexander Pushkin (1830), UA: 19. März 1879 Moskau, Maly Theater
Regie: Ingo Kerkhof, Bühne: Anne Neuser, Kostüme: Stephan von Wedel, Choreographie: Wesley D’Alessandro, Dramaturgie: Miriam Konert, Licht: Susanne Reinhardt
Dirigent: Ivan Repušić, Niedersächsisches Staatsorchester Hannover; Chor der Staatsoper Hannover, Choreinstudierung: Dan Ratiu

Solisten: Khatuna Mikaberidze (Larina), Sara Eterno (Tatjana), Julie-Marie Sundal (Olga), Almuth Herbst (Filipjewna), Adam Kim (Eugen Onegin), Philipp Heo (Lenski), Shavleg Armasi (Fürst Gremin), Peter Michailov (ein Hauptmann), Jong-Soo Ko (Saretzki), Tivadar Kiss (Triquet), Bogdan Secula (Guillot) und Vladi Slobinov (Vorsänger)

Besuchte Aufführung: 14. April 2013 (Premiere, in russischer Sprache mit deutschen Übertiteln)

Kurzinhalt
Larina hat zwei gegensätzliche Töchter: die sorglose Olga und die schwermütige Tatjana. Zu Besuch kommt Olgas Verlobter Lenski, der seinen Freund Eugen Onegin mitbringt. Tatjana unterhält sich mit ihm und verliebt sich auf den ersten Blick. Sie gibt sich ihrer Schwärmerei hin und faßt den Entschluß, Onegin einen Liebesbrief zu schreiben. Nach dem Erhalt gibt er ihr zu verstehen, daß er kein Ehemann sein kann – Tatjana schämt sich für ihre Offenheit und fühlt sich zutiefst gedemütigt. Mit einem Fest wird Tatjanas Namenstag gefeiert. Sie tanzt mit Onegin und sofort brodelt die Gerüchteküche bei der Festgesellschaft: Der Lebemann mache Tatjana doch unglücklich! Onegin reagiert mit Frechheit, indem er Olga auch zum Tanz auffordert. Lenski ist sehr eifersüchtig und fordert Onegin zum Duell. Onegin tötet dabei Lenski. Ein paar Jahre später trifft Onegin die mittlerweile mit Fürst Gremin verheiratete Tatjana auf einem Ball wieder. Er ist mit seinem rastlosen Leben unzufrieden und erkennt, daß er Tatjana doch liebt. Als er sein Geständnis macht, kommen ihre Gefühle auch wieder zum Vorschein. Doch Tatjana besinnt sich, beruft sich auf ihre Ehe und verläßt Onegin für immer. Dieser bleibt verzweifelt zurück.

Aufführung
Die Bühne zeigt russische, einfache Verhältnisse auf dem Land. Eine braun-graue, große Wand mit einem eingelassenen Schiebetor, davor ein Tisch, ein paar Stühle und eine rote Hollywoodschaukel. Auch das Fest zum Namenstag ist eher spartanisch gehalten und wirkt wie eine Grillparty – Lampions, Kartoffelsalat mit Würstchen und Käsespieße gibt es auch. Jahre später tragen die Damen und Herren beim Ball zwar schwarze Abendrobe und glitzernde Kleider, aber auch hier gibt es nur eine einfache Tafel mit vielen Stühlen. Die Kostüme sind ebenso einfach gehalten wie das Bühnenbild. Olga trägt als Bauernmädchen Wanderstiefel und ein beiges Kleid und Tatjana ein schlichtes blaues und dann rotes Kleid (auf dem eine Torte landet). Die Mutter Larina und die Amme sind, genauso wie der Chor, in Arbeitskleidung gekleidet: Kittel, Gummistiefel und Schlägerkappen.

Eine Frage bleibt offen: Warum tropft es teilweise von der Decke? Und Achtung, Eugen Onegin: Nicht auf der Torte ausrutschen, die, nachdem sie auf Tatjanas Schoß klebte, auf dem Boden landet.

Sänger und Orchester
Am Anfang kommen die Sara Eterno (Tatjana) und Julie-Marie Sundal (Olga) nicht so recht in Gang, ihr Duett ist noch zu verhalten und leise. Sara Eterno kann sich später davon lösen. Gefühlvolle Solos sind ihre Stärke, sie stellt den Zwiespalt zwischen Selbstkontrolle und sich fallenlassen grandios dar. Auch ihre Gesten passen: Sie kühlt ihren Kopf an der Wand und räkelt sich mit ausgestreckten Gliedern auf dem Boden. Ihre Tonhöhen bei Überall steht er vor mir, überall sehe ich ihn! Mein schicksalhafter Mann! sind ergreifend. Als sie ihren Liebesbrief fertiggeschrieben hat, bekommt sie deswegen vom Publikum Bravos. Julie-Marie Sundal hingegen soll eigentlich heiter, unbekümmert, fröhlich wirken, doch bisweilen gelingt ihr diese Unbekümmertheit nicht – ihre Mimik ist sehr angestrengt und das wirkt sich auch auf den Gesang aus. Adam Kim (Eugen Onegin) bringt eine solide Leistung und gibt im dritten Akt einen glaubwürdigen Wandel zu erkennen, da er Tatjana doch unsterblich liebt und nicht mehr rastlos leben möchte. Tivadar Kiss (Triquet), hat mit der verunglückten Torte und dem französischen Lied – Strahle immerfort, schöne Tatjana! – die Lacher auf seiner Seite. Der Chor bringt seine Wirkung  schon aus dem Bühnenhintergrund hervor. Im Vordergrund wirkt er imposant und singt sehr artikuliert, wofür neben Sara Eterno auch den meisten Applaus bekommt. Das Orchester, geleitet von Ivan Repušić schafft es, Tschaikowskys unterschiedliche Stimmungen wie Sorge, Spaß, Demütigung, Bedrohung und Verzweiflung einzufangen und setzt dabei auch dynamische Ausrufezeichen.

Fazit
Ein leichter und gleichzeitig ergreifender Opernabend, der über manche Längen hinweg seinen Höhepunkt im dritten Akt hat. Langanhaltender Applaus und zufriedene Gesichter.

Frederike Arns

Bild: Jörg Landsberg

Das Bild zeigt: Julie-Marie Sundal (Olga), Adam Kim (Eugen Onegin), Sara Eterno (Tatjana), Philipp Heo (Lenski), Chor, v.l.n.r.

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