LE NOZZE DI FIGARO (DIE HOCHZEIT DES FIGARO) – Basel, Theater

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Opera buffa in vier Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte nach Pierre Augustin Caron de Beaumarchais’ Komödie La folle Journée, ou le Mariage de Figaro
Regie: Elmar Goerden, Bühn: Silvia Merlo, Ulf Stengl, Kostüme: Lydia Kirchleitner, Übertitelung: Claudia Christ, Dramaturgie: Brigitte Heusinger, Chorleitung: Henryk Polus, Dirigent: Mario Venzago, Sinfonieorchester Basel, Chor des Theater Basel
Solisten: Jacquelyn Wagner (Contessa di Almaviva), Eugene Chan (Conte de Almaviva), Eung Kwang Lee (Figaro), Maya Boog (Susanna), Franziska Gottwald (Cherubino), Rita Ahonen (Marcellina), Andrew Murphy (Bartolo), Jeanine de Bique (Barbarina), Karl-Heinz Brandt (Basilio), Martin Baumeister (Antonio), Carlos Osuna (Don Curzio), Franziska Gottwald/Jeanine de Bique (Due Fanciulle/Villanelle)
Besuchte Aufführung: 25. März 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Figaro und Susanna, zwei Kammerdiener des Grafen Almaviva, wollen heute heiraten. Der Graf selbst hat jedoch ebenfalls ein Auge auf die Braut geworfen, und versucht mit allen Mitteln die Hochzeit des Paares zu vereiteln. Marcellina ihrerseits will Figaro ehelichen, da er seine Finanzschulden bei ihr nicht beglichen hat. Cherubino wiederum liebt die Gräfin Almaviva. Nach etlichen Irrungen und Wirrungen, und vor allem dank der Unterstützung der Gräfin, gelingt es Figaro und Susanna, den Fürsten zu diffamieren. So kann die Heirat der beiden Verliebten schließlich am Ende des Tages dennoch glücklich gefeiert werden.
Aufführung
Auf der Bühne ein Raum, der das Gefühl weckt, in ein Aquarium zu blicken: Wie auch für die Fische wird hier für jede Situation ein spezieller Lebensraum eingereichtet. Das Zimmer Figaros und Susannes – wohl ursprünglich als Zimmer für den Sprößling des Hauses gedacht – ziert ein übergroßer Hase, der an ein Pokémon erinnert (1. Akt I). Der zweite Akt spielt in großzügig gestalteten Gemächern der Gräfin. Im dritten Akt kann man im Hintergrund, angedeutet mittels Kakteen, schon den Garten erkennen, der schlußendlich Schauplatz des Finales wird. Verbunden werden die verschiedenen Szenerien durch Motive, beispielsweise die immer wieder umherfliegende Papierflugzeuge, oder fallendes Papier – versteckte Finessen der Handlung. Die Inszenierung spielt auf humorvolle Weise mit der Komplexität der Oper, liebevoll eingesetzte Details lassen immer wieder lächeln und gleichzeitig wird die extrem verworrene Handlung stringent und klar erzählt.
Sänger und Orchester
An diesem Abend einem der Sänger den Vorzug zu geben ist schier unmöglich. Ein extrem starkes Sängerensemble zeigte sich in Gesangspartien, denen jeder gewachsen war. Maya Boog (Susanna) und Eung Kwang Lee (Figaro) fügen sich hervorragend in ihre Rollen als Dienende und harmonisieren gesanglich auf ganzer Linie. Bereits im ersten Duett Cinque, dieci, venti, trenta, trentasei, quarantatre – Fünf, zehn, zwanzig, dreißig, sechsunddreißig, dreiundvierzig, bei welchem Figaro den Raum für den perfekten Platz des Ehebettes durchmißt, glänzen beide in heiterer, leichter Stimmfärbung, die der nötigen Komik, aber auch dem adäquaten Ernst nichts schuldig bleibt. Für die Darbietung ihrer Arien ernteten sie zurecht Szenenapplaus. Ebenso wie Jacquelyn Wagner (Gräfin), die sich ausgezeichnet als sich nach Liebe sehnender Frau präsentiert und ihrem schlanken Sopran inständige Leidenschaft verleiht. Eugene Chan (Graf) besticht stimmlich durch kraftvolle Autorität, verkörpert aber von Anfang auch den impulsiven Liebhaber, der hartnäckig um Susanna wirbt und gleichzeitig vor Eifersucht tobt. Eine glanzvolle Besetzung war Franziska Gottwald, die als Cherubino mehr als nur überzeugte: Hier trifft gewaltiges stimmliches Potential und Flexibilität auf enormes schauspielerisches Talent.
Mario Venzago am Pult bewies bereits mit der Ouvertüre, daß er den richtigen Ton anschlägt: Heiter-fröhlich und dennoch niemals den Spannungsbogen verlierend lotste er das makellos spielende Sinfonieorchester Basel durch den Abend und entlockte ihm eine bezaubernde Klangpalette. Fast vibratolos, in einigen Passagen hingegen im Klangergebnis romantisch anmutend, präsentierte er eine erfrischende Lesart des Stoffes, der an Witz und Elan der Inszenierung und den Solisten in nichts nachstand.
Fazit
Das Resultat war eine rundum gelungene Premiere, die vom Publikum begeistert gefeiert wurde, was es mit lautstarken Bravorufen für Solisten, Orchester und auch Inszenierung demonstrierte. Es ist eine Inszenierung, der es trotz aller humorvollen Interpretation niemals am gebotenen Respekt vor dem Werk fehlt, welche die Vielschichtigkeit im Schaffen Mozarts auf der Bühne gekonnt umsetzt und die Handlung nicht oberflächlich behandelt, geschweige denn ins Lächerliche zieht. Ein Opernbesuch, der sich lohnt.

Isabell Seider

Bild: t+t Fotografie, Tanja Dorendorf
Das Bild zeigt v.l.n.r. : Jacquelyn Wagner, Maya Boog, Franziska Gottwald

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