Bielefeld, Stadttheater – DER STERN (L’ÉTOILE)

von Emmanuel Chabrier (1841-1894), Opéra-bouffe in drei Akten, Libretto: Eugène Leterrier und Albert Guillaume Florent Vanloo
UA: 28.11.1877, Paris
Regie: Robert Lehmeier, Bühne/Kostüme: Tom Munsch, Dramaturgie: Jón Philipp von Linden
Dirigent: Peter Kuhn, Bielefelder Philharmoniker, Bielefelder Opernchor, Choreinstudierung: Hagen Enke
Solisten: Eric Laporte (König Ouf), Susanne Kreusch (Lazuli), Viktoria Granlund (Prinzessin Laoula), Jacek Janiszewski (Siroco), Dirk Mestmacher (Fürst Hérisson de Porc-Epic), Sarah Kuffner (Aloès, seine Frau), Thomas Winter (Tapioca, Sekretär des Fürsten), Therese Berger (L´Étoile), Statisterie des Stadttheaters Bielefeld.
Besuchte Aufführung: 7. November 2009 (Premiere). Gesangstexte in französischer Sprache mit Übertiteln, Dialoge in deutscher Sprache

Kurzinhalt
bielefeld-stern.jpgWenn der Straßenhändler Lazuli stirbt, muß König Ouf ebenfalls mit dem baldigen Tod rechnen – so behauptet es der Hofastrologe Siroco, der es dem „Stern des Schicksals“ abgelauscht hat. Glück für Lazuli, denn der wurde gerade zum Tode verurteilt, da König Ouf jährlich zu seinem Geburtstag sein Volk mit einer Hinrichtung zu erfreuen pflegt. So wird der Todeskandidat im Nu zum königlichen Günstling, den man hegt und pflegt. Der aber brennt mit Laoula, der inkognito angereisten Braut des Königs, durch. Als übereifrige Polizisten glauben, Lazuli auf der Flucht erschossen zu haben, läuft die Zeit des Königs unerbittlich ab, doch die Prophezeiungen treffen nicht ein. Es kommt zu einem glücklichen Ende, bei dem Laoula und Lazuli vereint sind und sich der König seiner Krone weiter erfreuen darf.
Aufführung
Der „Stern des Schicksals“, eine Frau in weißem Kleid und schwarz glitzernder Perücke, präsentiert unter Begleitung der Sologeige eine kleine pantomimische Einlage während der Ouvertüre. Unter den ersten Takten des ersten Aktes lugen Männer mit Mausohren unter dem Bühnenvorhang hervor. Dann öffnet sich der Vorhang und zeigt die Bühne mit braunen Holzwänden, in denen auf zwei Ebenen Türen integriert sind. Zwei Männer in grauem Anzug, der Bürgermeister und der Polizeichef, sitzen an einem weißen Schreibtisch. Ouf, der König steht in rosa Mini-Tüllrock und silber-schwarzem Bustier auf dem Schreibtisch. Hofastrologe Siroco zeigt sich in schwarzem Frack, roten Damenstiefeln und roten Strähnen im chlorweißen Haar. Das Bühnenrondell der Bühnenmaschinerie dreht sich und präsentiert so das zentrale Element der Inszenierung von Robert Lehmeier: Dreiflügelige braune, hohe Wände auf dem Rondell bilden drei Bühnenvarianten, die flüssige Szenenwechsel und Übergänge erlauben, etwa während Lazuli im zweiten Akt seine Arie vorträgt und dabei durch die sich drehenden Wände schreitet. Der König und Siroco folgen ihm. Der dritte Akt beginnt mit dem sich drehenden Rondell und statischen Akteuren auf jedem der drei Bühnenelemente. Deren Kleidung variiert in dieser Inszenierung von grellen Farbkombinationen über Businesskleidung bis hin zu Petticoatkleidern.
Sänger und Orchester
Die Mezzo-Sopranistin Susanne Kreusch (Lazuli) gewinnt in ihrer Hosenrolle, die stimmlich zugleich die Hauptrolle ist, die Sympathien des Publikums. Mit großer Ausstrahlung gestaltet sie einen authentisch warmherzigen Liebhaber. Ihre facettenreiche Partie singt sie technisch wie gestalterisch exzellent. Die Sopranistin Victoria Granlund (Prinzessin Laoula) ist mit einer klaren und ausdrucksstarken Stimme eine stilsichere Partnerin für Susanne Kreusch. Sarah Kuffner (Aloès) singt ihre wenigen Verse ausgewogen. Der Tenor Eric Laporte (König Ouf) porträtiert Ouf mit aller Komödiantik in einer Mischung aus kindischer Einfalt und Dreistigkeit. Er spricht seine vielen Dialoge gekonnt und plaziert seine Pointen treffsicher, kommt aber sängerisch in diesem Stück kaum zum Zug. Auch Jacek Janiszewski (Siroco) und Dirk Mestmacher (Fürst Hérisson de Porc-Epic) beeindrucken mehr durch schauspielerische Spielfertigkeit, als durch ihre gesanglichen Partien. Die Instrumentalisten haben eine rhythmisch hochvirtuose Partitur zu bewältigen. Insbesondere von den Streichern wird vor allem Agilität und Tempo gefordert. Peter Kuhn vermag mit dem Orchester eine gewisse interpretatorische Leichtigkeit aufrecht zu erhalten. Der gut agierende Chor ist rhythmisch nicht immer synchron mit dem Orchester. Auch die Choreographie wirkt an einigen Stellen nicht homogen.
Fazit
Die Inszenierung bringt durch die Bühnenmaschinerie Bewegung in die Aufführung und überbrückt gelungen die Szenenwechsel. Die einzelnen Bühnenbilder hätten jedoch abwechslungsreicher und mehr auf das Sujet eingehend gestaltet werden können. Die Akteure zeigten durchweg eine gute schauspielerische Leistung. Insgesamt eine passable Aufführung.

Britta Winkelnkemper

Bild: Matthias Stutte
Das Bild zeigt: Thomas Winter (Tapioca), Dirk Mestmacher (Fürst Hérisson de Porc-Epic), Sarah Kuffner (Aloès), Eric Laporte (König Ouf), Jacek Janiszewski (Siroco)(vorne li. nach re.), Opernchor (hinten)

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