Halle, Oper – LE COMTE ORY

von Gioachino Rossini, Text: Eugène Scribe und Charles-Gaspard Delestre-Poirson, UA: 20. August 1828, Paris
Regie: Frank Hilbrich, Bühne: Volker Thiele, Kostüme: Gabriele Rupprecht, Dirigent: Michael Luig, Staatskapelle Halle, Chor und Statisterie der Oper Halle, Choreinstudierung: Jens Petereit
Solisten: Sung-Keun Park (Graf Ory), Ki-Hyun Park (Erzieher des Grafen), Nora Sourouzian (Isolier), Àsgeir Páll Ágústsson (Raimbaud), Marie Friederike Schöder (Adèle), Susannah Haberfeld (Ragonde), Mona Deibele (Alice)
Besuchte Vorstellung: 17. Oktober 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
halle-le-comte-ory.jpgDer Graf Ory ist Schürzenjäger aus Leidenschaft. Um dieser reizvollen Tätigkeit weiterhin nachgehen zu können, verweigert er sich dem Kriegsdienst. Während nun die Männer der Grafschaft auf dem Schlachtfeld sind, kämpft Ory um das Herz der Gräfin Adèle – und das mit allen Mitteln der Verkleidung und Vortäuschung falscher Identitäten. Einziges Hindernis ist die gegenseitige Liebe von Adèle und Isolier, dem Pagen des Grafen, der alle Bemühungen Orys zunichte macht.
Aufführung
Die Bühne wurde wie ein Gemeindesaal einer x-beliebigen mitteleuropäischen Kirche gestaltet. Braune Vertäfelungen zierten die Wände, die weiß in die Höhe ragten. Ein Kreuz und ein großes Bildnis von Adam und Eva und dem Apfel vom Baum der Erkenntnis säumten den Hintergrund. Auch im zweiten Akt blieb die Bühne so, wurde jedoch mittels Isolierband, Matratzen und Pappkartons verbarrikadiert. Daß die Inszenierung der Oper in näherer Vergangenheit spielt, verrieten die Kostüme, die vom Schnitt im Stil der letzten 50 Jahre gehalten waren: Frauen trugen Kleider mit Blumenmotiven und Männer Anzüge und/oder Pullover in unscheinbaren Erdtönen. Ory trug einen sehr auffälligen roten Anzug mit schwarzem Hemd, Adèle ein schwarzes Kleid, Ragonde einen strengen Zweiteiler in schimmerndem Grau, Isolier sowie Raimbaud waren in blaugraue Anzüge gewandet. Da die Oper eine Verwechslungskomödie ist, wechselten die männlichen Protagonisten ihre Kostümierung nach Gelegenheit. So hatte Ory, als er während der Ouvertüre durch die stillstehenden Statisten wandelte, den besagten roten Anzug an und trat während des ersten Aktes in den Gewändern eines Geistlichen und im zweiten Akt in den Kleidern der Gräfin Adèle auf. Im zweiten Akt waren alle Männer als Pilgerinnen verkleidet. Zentrales Requisit war – aufgrund seiner Bedeutung als Symbol der Verführung – der Apfel, welcher von den Männern begehrt und von den Frauen gemieden wurde und immer dann auftauchte, wenn Ory seine Verführungskünste spielen lassen wollte.
Sänger und Orchester
Sung-Keun Park (Graf Ory) legte eine durchweg sehr gute Leistung ab. Der Tenor agierte locker und leichtfüßig auf der Bühne, was sich sowohl auf die Darbietung seiner Partie wie auch auf die schauspielerischen Aspekte bezieht. Marie Friederike Schöder (Adèle) bot eine beeindruckende Vorstellung und meisterte ihre schwierige Rolle bravourös. Die häufigen Verzierungen und sehr hohen Passagen wirkten bis auf zwei Ausnahmen sehr sicher, und ihr schauspielerisches Talent erfüllte solch technisch anspruchsvollen Stellen mit Leben. Eine gute Figur machte auch Nora Sourouzian (Isolier), die charmant ihre spielte und selbstbewußt ihre Partie präsentierte. Ásgeir Páll Ágústsson stellte den Raimbaud hinreißend komisch dar, wobei seine Gesangsleistung leider hinter der schauspielerischen zurückblieb. Sein Bariton konnte sich teilweise nicht im Ensemble und gegen das Orchester durchsetzen. Der Bassist Ki-Hyun Park (Erzieher des Grafen) überzeugte mit seiner Gesangsdarbietung, doch bot die Rolle keine darstellerischen Bewährungsmöglichkeiten. Susannah Haberfeld (Ragonde) und Mona Deibele (Alice) agierten souverän und sangen ihre Partien leidenschaftlich und ohne Fehl. Chorleiter Jens Petereit hatte seine Sänger und Sängerinnen gut vorbereitet. Bis auf die A-cappella-Szene im Finale des ersten Aktes, die bei den Einsätzen etwas holprig klang, war eine sehr gute Darbietung zu erleben. Auch die Staatskapelle Halle unter der Leitung von Gastdirigent Michael Luig wirkte souverän und ließ den Sängern und Sängerinnen genug Raum. Leider waren die Solisten und das Orchester an wenigen Stellen minimal im Takt verschoben, so daß bestimmte Akzente rhythmisch nicht exakt erklangen. Dies waren jedoch punktuelle Ereignisse, die nicht sehr schwer ins Gewicht fallen.
Fazit
Bis auf die kleinen Unsauberkeiten bei den Einzelleistungen muß gesagt werden, daß die Aufführung aufgrund der guten schauspielerischen Leistungen charmant und verspielt wirkte. Hier war im besten Sinne des Wortes eine »komische Oper« zu erleben. Das Publikum war nach anfänglichem Zögern sehr amüsiert und schlußendlich begeistert von der humoristischen Leistung an diesem Abend, was durch kräftige Ovationen ausgiebig bekundet wurde.

Tom Zackl
Bild: Gerd Kiermeyer
Das Bild zeigt: im Vordergrund: Sung-Keun Park, Ki-Hyun Park. Im Hintergrund Susannah Haberfeld, Ásgeir Páll Ágústsson, Chor der Oper Halle.

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