Wuppertal, Opernhaus – FIDELIO

von Ludwig van Beethoven, Oper in zwei Aufzügen, Libretto von Joseph Ferdinand Sonnleithner und Georg Friedrich Treitschke
UA (endgültige Fassung): 23. Mai 1814 Wien
Regie: Johannes Weigand, Bühnenbild und Kostüme: Markus Pysall, Dramaturgie: Karin Bohnert, Licht: Sebastian Ahrens
Dirigent: Hilary Griffiths, Sinfonieorchester Wuppertal, Chor, Extrachor und Statisterie der Wuppertaler Bühnen, Choreinstudierung: Jens Bingert und Jaume Miranda
Solisten: Claudia Iten (Leonore), Lawrence Bakst (Florestan), Kay Stiefermann (Don Pizarro), Thomas Laske (Don Fernando), Michael Tews (Rocco), Banu Böke (Marzelline), Boris Leisenheimer (Jaquino), Tomasz Kwiatkowski (1. Gefangener), Oliver Picker (2. Gefangener)
Besuchte Aufführung: 27. September 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
wuppertal-fidelio.jpgLeonore vermutet, dass ihr verschwundener Mann Florestan sich in den Händen seines Feindes, des Gefängnisgouverneurs Don Pizarro, befindet. Deshalb verkleidet sie sich als Mann und heuert unter dem Namen Fidelio als Helfer bei dem Kerkermeister Rocco an. Dessen Tochter Marzelline verliebt sich in Leonore. Pizarro erfährt derweil, daß der Minister Don Fernando das Gefängnis inspizieren möchte und fürchtet, daß dieser den unrechtmäßig inhaftierten Florestan entdecken könnte. Sein Versuch, den Gefangenen zu ermorden, scheitert: Florestan wird gerettet und Pizarro das Handwerk gelegt.
Aufführung

Zu Beginn der Aufführung besteht die Bühne aus drei Steinwänden mit einer Holzmaserung, die dem Zuschauer eine freundliche Szenerie präsentiert. Im Verlauf des ersten Aktes wird dann die hintere Wand ein wenig angehoben und das Gefängnis sichtbar. Zu Beginn des zweiten Aktes ist nur das dunkle Gefängnis auf der Bühne zu sehen, bestehend aus drei großen Stufen. In der dahinterliegenden Wand sieht man einen kleinen Durchgang, der den Eingang in das Verlies darstellt. Das abstoßende dieses Raumes wird durch eine Vielzahl von schmalen Säulen verstärkt, die sich im Raum verteilen. Erst beim Schlußchor werden diese entfernt und das helle Klima des ersten Raumes kehrt zurück. Die Kostüme sowie die weitere Gegenstände auf der Bühne, wie Tische etc., sind der Zeit der Handlung angepaßt. In dieser Szenerie setzt Johannes Weigand, neuer Intendant der Wuppertaler Bühnen, die Handlung der Oper um, ohne sich dabei vom originalen Libretto zu lösen. Lediglich im Finale des zweiten Aktes gibt es eine Abweichung, wenn Don Pizarro so lange auf der Bühne bleibt, bis der Vorhang fällt. Allerdings dreht er als einziger Akteur dem Publikum demonstrativ den Rücken zu, was deutlich macht, daß er seine Macht verloren hat. Die Symbolik der Inszenierung ist klar und allgemein verständlich: So wirkt zu Beginn der Oper das Gefängnis wie ein Ort, der in großer Ferne liegt, das Bedrückende ist dem Bühnenbild zu Beginn noch fremd. Doch durch die anhebbare Rückwand wird deutlich, daß der Ort, an dem Don Pizarro seine Willkürherrschaft auslebt, in unmittelbarer Nähe liegt.
Sänger und Orchester
Einmal mehr zeigt das Sinfonieorchester Wuppertal unter der Leitung von Hilary Griffiths, der zum ersten Mal in leitender Funktion im Opernhaus dirigiert, seine Qualität: Bereits der Auftakt der Ouvertüre gerät eindrucksvoll kräftig-kurz. Daß sie auch ein dichtes Legato beherrschen, beweisen die Musiker bereits wenige Takte später. Die Qualität der Orchesterleistung läßt den gesamten Abend über nicht nach.
Auch das Sängerensemble zeigt sich in bester Verfassung: Kay Stiefermann (Don Pizarro) verfügt über einen kernigen Bariton, verbunden mit einem großen Stimmvolumen. Diese Kombination kommt zum Beispiel im zweiten Akt bei Er sterbe! voll zur Geltung, er ist kurz gesagt der beste Mann an diesem Abend. Michael Tews (Rocco) weiß mit profunder Stimmtechnik das Publikum für sich zu gewinnen; zusammen liefern sie im ersten Akt bei Jetzt, Alter, hat es Eile! eine Meisterleistung ab. Auch Claudia Iten (Leonore) meistert ihre schwere Partie; nur ein- oder zweimal merkt man ihr überhaupt an, welche Anstrengung diese Rolle in den Höhen fordert. Lawrence Bakst (Florestan) überrascht mit sanftem Piano, singt dagegen aber auch kräftig und klangvoll, ohne dabei seine Mittel unverhältnismäßig übertrieben einzusetzen, dies besonders zu Beginn des zweiten Aktes in In des Lebens Frühlingstagen. Auch der Chor der Wuppertaler Bühnen zeigt ein ausgewogenes, klares Klangbild und kann dennoch zu großer Klangkraft finden, ohne daß die Textverständlichkeit darunter leidet.
Fazit
Mit dieser Inszenierung hat der neue Intendant Johannes Weigand ein eindeutiges Ausrufezeichen gesetzt: Viel Applaus und einzelne Bravo-Rufe aus verschiedenen Ecken des Hauses zeigen ein zufriedenes Publikum, das die hervorragende musikalische Leistung des gesamten Ensembles sowie die durchdachte Inszenierung zu würdigen weiß.
Malte Wasem

Bild: Michael Hörnschemeyer
Das Bild zeigt: Leonore (Claudia Iten) bedroht Don Pizarro (Kay Stiefermann).

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