Parsifal – Strasbourg, Opéra national de Rhin

von Richard Wagner (1813-1883), Oper in drei Akten, Libretto: Richard Wagner, UA: 26. Juli 1882 Bayreuth, Festspielhaus

Regie: Amon Miyamoto, Bühne: Boris Kudlicka, Kostüme: Kaspar Glarner, Licht: Felice Ross, Video: Bartek Macias

Dirigent: Marko Letonja, Philharmonisches Orchester Strasbourg, Chor der Opéra national du rhin, Choreinstudierung: Alessandro Zuppardo

Solisten: Markus Marquardt (Amfortas), Konstantin Gorny (Titurel), Ante Jerkunica (Gurnemanz), Thomas Blondelle (Parsifal), Simon Bailey  (Klingsor), Christianne Stotijn (Kundry), Moritz Kallenberg (1. Gralsritter), Gautier Joubert (2. Gralsritter), Michaela Schneider (1. Knappe), Claire Péron (2. Knappe), Tristan Blanchet (3. Knappe), Thomas Kiechle (4. Knappe), Francesca Sorteni, Anaïs Yvoz, Marta Bauzà, Julie Goussot, Claire Péron, Michaela Schneider (Klingsors Zaubermädchen), Michaela Schneider (Altsolo)

Besuchte Aufführung: 26. Januar 2020 (Premiere)

Kurzinhalt

König Amfortas leidet an einer Wunde, die ihm der abtrünnige Ritter Klingsor mit dem heiligen Speer als Strafe dafür zugefügt hat, daß er sich von Kundry hat verführen lassen. Kundry irrt seit Generationen durch die Welt auf der Suche nach Erlösung, da sie vor langer Zeit Christus am Kreuz verlacht hat. Als Amfortas ein Bad nimmt, taucht der Waldläufer Parsifal auf und erschießt einen der heiligen Schwäne. Der Ritter Gurnemanz unterzieht ihn einer kurzen Prüfung und läßt ihn am Abendmahl teilnehmen.

m zweiten Akt erscheint Parsifal auf Klingsors Zauberschloß und wird von Blumenmädchen wie auch von Kundry umgarnt. Er widersteht jedoch der Versuchung. Als Klingsor ihn mit der heiligen Waffe verwunden will, bringt er diese in seinen Besitz.

Im dritten Akt bringt Parsifal den Speer zurück zu den Gralsrittern und übernimmt selbst das Amt des Amfortas.

Aufführung

Das Stück spielt in einem Museum mit dem Ausstellungstitel „L’Humanité“. Man sieht verschiedene Exponate wie eine Venus von Willendorf, ein Gemälde mit Waldlandschaft, darwinistische Affen und vielerlei Kreuzigungsszenen. Das Werk spielt nicht vor Ort, die Szenenbilder werden durch die Gemälde und Ausstellungsstücke symbolisiert. Am Anfang der Oper steht die Waldlandschaft, als Amfortas auftritt, sieht man alle möglichen Kreuzigungsszenen. Das Abendmahl am Ende des ersten Aktes findet in einer Restaurierungswerkstatt statt, das man auch als Jesus-Ersatzteillager bezeichnen könnte. Zur Zeremonie wird Amfortas etwas Blut aus seiner Wunde abgezapft und den Rittern gereicht. Klingsors Burg ist in den Überwachungsraum des Museums verlegt. Die wichtigen Parsifal-Symbole sind als solche zu erkennen: es gibt die heilige Lanze und den Gral. Am Ende der Oper schwebt Kundry als Engel über die Bühne, während sich die Szene langsam verdunkelt

Sänger und Orchester

Unter der Leitung des slowenischen Dirigenten Marko Letonja musiziert das Straßburger Opernorchester einen sehr präzisen und fein erarbeiteten Parsifal. Im alten Opernhaus ist dies eine große Herausforderung. Denn Parsifal ist akustisch betrachtet eines der unopernhaftesten Werke überhaupt. Man kann den Klang schlecht mischen und muß die einzelnen Farben sehr genau im Ausgleich halten. Die Blechbläser erklingen aus einer gewissen Distanz, dank technischer Hilfsmittel wird der Chor in der Abendmahlsszene in einen eindrucksvollen Raumklang verwandelt. Es steht ein solides Sängerensemble zur Verfügung: Ante Jerkunica (Gurnemanz) und Markus Marquardt (Amfortas) sind zwei Sänger mit einem sonoren raumfüllenden Timbre. Beider Erzählstil ist sehr klar artikuliert, und es fehlt nicht an dramatischen Spannungsbögen. Dagegen wirkt in seiner Klangfarbe Simon Bailey als Klingsor eher sanft und geschmeidig. Auch wenn die sängerische Leistung durchaus eindrucksvoll ist, bleibt am Ende wenige vom „bösen Zauberer“ übrig. Auch Christianne Stotijn (Kundry) hat eine angenehme Stimmfärbung, allerdings fehlt es ihr an einigen Knackpunkten an dramatischer Zuspitzung. So ist ihre Partie ähnlich wie bei Klingsor am Ende etwas blaß. Konstantin Gorny als Titurel hat nur einen kurzen Auftritt am Ende des ersten Aktes. Auch er liefert mit einer dunklen männlichen Timbrierung seinen Anteil zur wehrhaften Ritterschaft. Thomas Blondelle als Parsifal ist ein klarer und durchdringender Tenor, der nicht unbedingt das Volumen eines Siegfried oder Tristan hat. Dies muß er aber auch nicht. Seine Interpretation überzeugt mit jugendlicher Frische. Allerdings weisen alle Sänger eine gründliche deutsche Aussprache auf, was an anderen Opernhäusern in Deutschland nicht gerade oft der Fall ist. Marko Letonja überzeugt durch einen sehr ruhigen und konzentrierten Dirigierstil, kommt an keiner Stelle sinnlos ins Schwelgen und läßt sich nicht von Empfindungswogen mitreißen. Auch dies unterscheidet sich positiv von vielen anderen Wagnerdirigaten.

Fazit

Das Gesamtergebnis dieses Straßburger Parsifal ist durchaus positiv. Die Inszenierung verkompliziert zwar die wie immer bei Wagner klar strukturierte Handlung an vielen Stellen, doch immerhin sind Gral und Speer vorhanden. Am Ende des Werkes fehlt leider der Glanz und die Erlösung findet nur musikalisch statt.

Dr. Daniel Rilling

Bild: Klara Beck

Das Bild zeigt: Thomas Blondelle (Parsifal), Zaubermädchen

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