Philharmonie Köln

Franz Schubert (1797-1828)

Stabat mater (Jesus Christus schwebt am Kreuze) D 383

Ludwig van Beethoven (1770-1827)

Christus am Ölberge op. 85

Dirigent: Jérémie Rhorer, Vokalakademie Berlin, Le Cercle de l’Harmonie

Marita Solberg, Sopran, Daniel Behle, Tenor, Jean Sébastien Bou, Bariton

Konzertbesuch: 21. März 2018

Zwei selten aufgeführte Werke waren Gegenstand des Konzerts zur Passionszeit. Das Ensemble Le Cercle de l’Harmonie wurde 2005 von dem genialen Dirigenten Jérémie Rhorer gegründet und besteht aus Spezialisten für Alte Musik, die auf Originalinstrumenten spielen.

Bei Schuberts Stabat mater handelt es sich nicht um eine Übersetzung des mittelalterlichen lateinischen Textes, sondern um eine „Umdichtung“ von Friedrich Gottlieb Klopstock.

Der Chor hat in diesem Werk einen großen Anteil und die Vokalakademie Berlin, bestens vorbereitet von ihrem Leiter Frank Markowitsch, wurde den Anforderungen in höchstem Maße gerecht. Dies zeigte sich in einem sehr homogenen Chorklang und hervorragender Textverständlichkeit. Besonders im fünften Satz, in dem Frauen- und Männerstimmen zunächst alternieren und von Flöten und Oboen bzw. Fagotten und Hörnern begleitet wurden, brillierten nicht nur die Sängerinnen und Sänger, sondern auch die jeweiligen Begleitinstrumente.

Marita Solberg gab der leidenden Mutter Jesu eine innige, glockenhelle Stimme. Tenor und Bariton schilderten ausdrucksstark die mögliche Erlösung durch die Anteilnahme am Leiden Jesu, wobei in der Tenorarie nicht nur die weiche Stimme von Daniel Behle hervorzuheben ist, sondern auch die ausgezeichnete Begleitung der Oboe.

Im zweiten Werk des Abends steigerten sich die Musiker noch einmal deutlich. Anders als bei den großen Passionen wird in Christus am Ölberge nicht die ganze Leidensgeschichte erzählt. Beethoven hat nur die Nacht nach dem Abendmahl herausgegriffen, in der sich Jesus in den Garten Gethsemane zum Gebet zurückzieht und von seinen Jüngern verlassen wird. Und auch diese Szene ist verkürzt, es gibt keinen Verrat durch Judas. Ebenfalls anders als bei den Passionen wird Jesus zudem vom Tenor verkörpert.

Daniel Behle gab dem verzagten bangenden Jesus eine großartige Gestalt. Mit bester Textdeutlichkeit wechselte er vom aufbegehrenden lauten Rufen in ein fast gehauchtes piano als Ausdruck der tiefsten Todesangst. Beethoven hat das Oratorium fast opernhaft komponiert, und das wird in allen Nummern deutlich.

Einen Glanzpunkt setzte Marita Solberg als Seraph in der wunderbaren Arie Erzittre, Erde, Jehovas Sohn liegt hier, die Beethoven lyrisch angelegt hat, aber auch mit Koloraturen in den höchsten Tönen gespickt hat.

Jean Sébastien Bou durfte den auf Rache sinnenden Petrus richtig poltern lassen, was einen scharfen Kontrast zum mahnenden Jesus bildete, der mit sanfter Stimme fordert: Du sollst nicht Rache üben.

Als Krieger und Jünger brillierten die Männer des Vokalensembles. Beethoven hat die Krieger laut und martialisch gezeichnet, die Jünger verzagt und ängstlich. Dieser Wechsel von forte und piano wurde meisterlich herausgearbeitet. Der gesamte Chor zeigte zum Schluß als Chor der Engel in einer großen Fuge sein hervorragendes Können.

Dem Orchester, das Solisten und Chor abwechslungsreich begleitete, gebührt uneingeschränktes Lob. Jérémie Rhorer leitete es temperamentvoll und zeigte, daß auch historische Instrumente, die eher einen gedämpften Klang haben, ein wunderbares forte erzeugen können.

Das sehr überschaubare Publikum spendete begeisterten Applaus.

Dorothee Riesenkönig

Bild: Ludwig van Beethoven (1770-1827), Wikipedia

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