MACBETH – Aachen, Stadttheater

von: Giuseppe Verdi, Oper in vier Akten, Text: Francesco Maria Piave UA: 14. März 1847, Teatro della Pergola, Florenz

Regie: Tobias Heyder, Bühne: Christina Mrosek, Kostüme: Janine Werthmann

Dirigent: Kazem Abdullah und das Sinfonieorchester Aachen

Solisten: Hrólfur Saemundsson (Macbeth), Lukasz Konieczny (Banquo), Sanja Radišić (Lady Macbeth), Larisa Vasyukhina (Kammerfrau der Lady Macbeth), Alexey Sayapin (Macduff), Soon-Wook Ka (Malcolm), Vasilis Tsanaktsidis (Ein Arzt)

Besuchte Aufführung: 13. November 2016 (Premiere)

Macbeth Oper von Giuseppe Verdi

Kurzinhalt

Hexen prophezeien Macbeth die Königskrone. Bald darauf wird er zum Than von Cawdor ernannt. Lady Macbeth bringt ihren Mann dazu, König Duncan umzubringen. Nach seinem Tod wird Macbeth König. Um seine Tat zu vertuschen, läßt er auch Banquo ermorden. Doch die Morde lasten auf seinem Gewissen. Er sucht die Hexen zum zweiten Mal auf, und sie sagen ihm voraus, daß keiner von einer Frau Geborener ihm schaden könne. Lady Macbeth wird über das Morden wahnsinnig und stirbt. Macduff, der nicht auf natürlichem Wege geboren, sondern aus dem Leib der Mutter geschnitten wurde, tötet Macbeth. Malcolm, Duncans Sohn, wird der neue König.

Aufführung

Der Königshof wird als Schauplatz durch eine Metallwand aus Aluminium mit Türen und Fensteröffnungen, dargestellt. Einzelne Requisiten wie Kronleuchter, Bett und Tafel symbolisieren die Räumlichkeiten. Weiße Lichteffekte sorgen für eine kalte, unheimliche Stimmung. Die Kostüme sind zeitlos, in weiß, schwarz und rot und spiegeln den seelischen Wandel der Figuren wider. Vor den Morden erscheint Lady Macbeth beispielsweise in weißem Kleid, danach in einem blutroten Kleid mit Plisseefalten und Ledermieder. Macbeth trägt zunächst einen schwarzen Anzug mit roten Nähten, später eine rote Königsrobe. Die Hexen tragen schwarze Paillettenkleider und haben blutverschmierte Gesichter. Auf diese Weise wird die Farbsymbolik der Gewalt sehr raffiniert in die Handlung eingewoben und ist allgegenwärtig.

Sänger und Orchester

Mit einem schnellen aber festen Dirigat eröffnet Kazem Abdullah in der Ouvertüre den Abend. Die chromatischen Tonleiterläufe in den Streichern und Bläsern sind harmonisch sehr gut abgestimmt, so daß der verheißungsvolle Charakter der Musik sich entfalten kann. Das Gesangsensemble kann durchweg durch technische Raffinessen und großartiges Schauspiel überzeugen. Allen voran Sanja Radišić (Lady Macbeth), die mit ihrem warmen Mezzosopran eine unglaubliche Bandbreite an Emotionen transportiert. In der Cavatine Vieni! T’affretaKomm! Beeil dich setzt sie die großen Tonsprünge mit einer solchen stimmlichen Perfektion an, daß zwischen Höhe und Tiefe keine Patzer zu hören sind. Jeder Ton wird von ihr mit sehr viel Gefühl ausgesungen, dabei klingen die Spitzentöne strahlend und klar im Fortissimo, ebenso gelingt es ihr, mit ihrer Stimme düster und unheimlich in der Tiefe zu spielen. Ihr schauspielerisches Können beweist sie vor allem im letzten Akt: hier krümmt sie sich am Boden, lacht, weint und baut Schluchzer und Stöhnen in ihren Gesang ein. Ihr Gesangspartner Hrólfur Saemundsson (Macbeth) singt mit einem tenoral gefärbten Bariton, der besonders durch dramatische Akzente in der Dynamik hervorsticht. Nachdem er Duncan umgebracht hat, steht er auf seinem Bett, drückt den Leichnam an sich und schreit seine Reue mit großer Energie heraus. Dabei gelingt ihm auch das Anschwellen der Stimme auf einem Ton besonders gut. In der Tiefe klingt er dagegen grollend und ausgesprochen zart (sotto voce). Ebenso erwähnenswert ist Alexey Sayapin (Macduff), dessen metallischer Tenor eine sehr klare Stimmfarbe hat. In der Arie Ah, la paterna manoAch, die väterliche Hand singt er mit sehr viel Schmerz und sehnsuchtsvoller Betonung. Lukasz Konieczny (Banquo) besticht mit einem klaren Bariton, der in der Höhe angenehm klirrend klingt. In der Arie Come dal ciel precipitaSieh, wie vom Himmel herab singt er mit gleichbleibender Dynamik und stetiger Lautstärke, dabei verleiht er seiner Stimme ein bedrohliches tiefes Grollen. Die Leistung des Chores ist ebenfalls ein wahrer Genuß. Das Finale untersteicht den durchweg klanggewaltigen Stimmeinsatz und die harmonische Ausgewogenheit der einzelnen Stimmen.

Fazit

Die Inszenierung lebt von der leidenschaftlichen Darbietung der Hauptdarsteller. Die schlichte Bühnengestaltung und die Farbwahl der Kostüme unterstützt die unheimliche Stimmung, so daß einem die Gewaltspirale, in der sich das Königspaar befindet, immer bewußt bleibt. In Zusammenklang mit dem Orchester und dem Chor erzeugt das unglaubliche Momente mit Gänsehaut. Das Publikum applaudiert für das gesamte Ensemble sehr lange und erhebt sich von seinen Plätzen. Publikumslieblinge sind Sanja Radišić und Hrólfur Saemundsson.

Melanie Joannidis

Bild von: Wil van Iersel

Das Bild zeigt: Hrólfur Saemundsson (Macbeth), Sanja Radišić (Lady Macbeth), Ensemble

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