Halle, Oper – MEIN FREUND BUNBURY

von Gerd Natschinkski, Text: Helmut Bez und Jürgen Degenhardt, UA: 2. Oktober 1964, Berlin (Ost)
Regie: Bernd Mottl, Bühne: Thomas Gabriel, Kostüme: Nicole von Graevenitz, Choreographie: Götz Hellriegel
Dirigent: Kay Stromberg, Staatskapelle Halle, Chor der Oper Halle, Choreinstudierung: Tobias Horschke, Ballett Rossa der Oper Halle
Solisten: Björn Christian Kuhn (Jack Worthing), Katharina Schutza (Cacily Cardew), Sven Prüwer (Algernon Moncrieff), Gabriele Bernsdorf (Lady Bracknell), Miriam Lotz (Gwendolen), Bernd Gebhardt (Frederic Chasuble), Petra-Ines Strate (Laetitia Prism), Olaf Schröder (John/Jeremias/Bunbury)
Besuchte Aufführung: 6. März 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
halle-bunburry.jpgJack und Algernon sind Lebemänner, wie sie im Buche stehen: Sie lieben die Frauen und das bunte Treiben der verruchten Music Halls. Doch sie sind gefangen in ihren persönlichen und sozialen Umständen. Als Ausweg dient beiden ein Freund namens Bunbury – ein fiktiver Freund wohlbemerkt. Da sich auch alle anderen Charaktere mehr oder minder eines Falschspiels bedienen, kommt es zu gewissen Komplikationen und Jack und Algernon müssen ihrem Freund Bunbury abschwören.
Aufführung
Die Bühne ist dem Gemälde Nighthawks von Edward Hopper nachempfunden: Links eine rötliche Häuserfassade und rechts daneben eine Bar, hell erleuchtet inmitten des städtischen Grau. Diese Aufbauten befinden sich permanent auf der Bühne und ein heruntergelassener Rolladen, mit einem Graffito beschmiert, deutet die ärmere Szenerie im Londoner East End an, während die Schauplätze West End und Music Hall im Inneren der Bar spielen.
Die Kostüme sind verschiedenen Zeiten entnommen. Algernon erinnert in seinem karierten Anzug an die 50er Jahre, Jack ist stets zeitlos in schwarz gekleidet, die Showgirls tragen aufreizende Unterwäsche, die an Darstellungen aus Nachtclubs der 20er Jahre angelehnt sind. Die Upper Ten sind jedoch in der Zeit stehen geblieben und mit Kleindung der viktorianischen Zeit kostümiert. Je nach Situation tauchen die Tänzer in themenbezogenen Gardaroben auf: So z.B. beim Hochstaplertango ein Tänzerpaar in spanischer Flamencotracht (der Tango stammt allerdings aus Spanien) oder beim Song Mein Freund Bunbury Tänzer in einem hautengen orangefarbenen Anzug mit den Buchstaben des Wortes Bunbury.
Sänger und Orchester
Das Orchester hatte zu Beginn der Aufführung ein wenig Mühe in den Swingrhythmus hineinzufinden. Doch nach diesen Anlaufschwierigkeiten spielte die Staatskapelle unter Kay Stromberg ausgelassen als wäre man in einer Music Hall. Das inspirierte auch die Darsteller. Allen voran agierten die vier Hauptdarsteller Björn Christian Kuhn (Jack), Sven Prüwer (Algernon), Katharina Schutza (Cecily) und Miriam Lotz (Gwendolen) sowohl gesanglich als auch schauspielerisch herausragend.
Kuhn und Prüwer spielten ihre Rollen charmant und komisch und sangen die Songs, technisch einwandfrei und mit dem nötigen Elan. Leider war die Textverständlichkeit während der Gesangseinlagen von Katharina Schutza stellenweise nicht gegeben, doch war ihre Darstellung der Cecily witzig und aufreizend. Bis oben zugeknöpft blieb Miriam Lot. Aber ihre Rolle als Tochter vom Dienst, die endlich den Mann für das Leben gefunden hat, verkörperte sie mit Inbrunst. Gabriele Bernsdorf spielte die snobistische Lady Bracknell hinreißend ironisch. Bernd Gebhardt (Frederic Chasuble) und Petra-Ines Strate (Laetitia Prism) reihen sich in die überdurchschnittliche Darbietung ohne Abstriche ein. Als röhrender Betrunkener während Gluck, gluck, ein guter Schluck gab Gebhardt ein komödiantisches Meisterstück zum Besten. Doch die Krone des Ensembles war Olaf Schröder (John Jeremias Bunbury) als tiefsinnig introvertierter und sarkastischer Butler – umwerfend!
Die Choreographien von Götz Hellriegel paßten sich gut in die Inszenierung ein, unterstützten die Handlung beziehungsweise veranschaulichten sie – etwa bei dem lasterhaften Treiben in der Music Hall – und waren einwandfrei einstudiert. Der Chor, unter der Leitung von Tobias Horschke, lieferte ebenfalls eine Leistung ab, die den Solisten in nichts nachstand.
Fazit
Freilich ist es immer schwierig einen Klassiker – in diesem Falle des DDR-Musicals – aufzuführen. Hier soll die Inszenierung von Bernd Mottl aber als voller Erfolg gewertet werden, was auch das Publikum mit ausdauernden Ovationen und Bravo-Rufen bekundete: Darsteller in bester Form, unterstützt von einem gut aufspielenden Orchester und formidablen Chor sowie umrahmt von exzellenten Tanzeinlagen.
Tom Zackl

Bild: Gert Kiermeyer
Das Bild zeigt: Petra-Ines Strate (Laetitia Prism), Sven Prüwer (Algernon Moncrieff), Gabriele Bernsdorf (Lady Bracknell), Katharina Schutza (Cacily Cardew) und Bernd Gebhardt (Frederic Chasuble) (v.l.n.r) und Chor und Statisterie.

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