ARABELLA – Salzburg, Osterfestspiele 2014

von Richard Strauss (1864-1949), lyrische Komödie in drei Aufzügen, Libretto: Hugo von Hofmannsthal, UA: 15. Juli 1933 Dresden

Regie: Florentine Klepper, Bühne: Martina Segna, Kostüme: Anna Sofie Tuma

Dirigent: Christian Thielemann, Sächsische Staatskapelle, Staatsopernchor, Choreinstudierung: Wolfram Tetzner

Solisten: Albert Dohmen (Graf Waldner), Gabriela Benackova (Adelaide), Renée Fleming (Arabella), Hanna-Elisabeth Müller (Zdenka), Thomas Hampson (Mandryka), Daniel Behle (Matteo), Benjamin Bruns (Graf Elemer), Derek Welton (Graf Dominik), Steven Humes (Graf Lamoral), Daniela Fally (Die Fiakermilli), Jane Henschel (Die Kartenaufschlägerin), Werner Harke (Welko), Andreas Soika (Djura), Rafael Harnisch (Ein Zimmerkellner) u.a.

Besuchte Aufführung: 12. April 2014 (Premiere)

Salzburg ArabellaKurzinhalt

Graf Waldner ist ein bankrotter Spieler. Nur eine reiche Hochzeit seiner Tochter Arabella kann ihn retten. Aber die junge Dame ist wählerisch und abweisend. Ihre Schwester Zdenka (sie muß sich als Mann ausgeben) liebt Matteo, der aber Arabella hoffnungslos verehrt. Arabella verliebt sich in Mandryka, einen reichen Gutsbesitzer, den Sohn eines Regimentskameraden ihres Vaters. Arabella will den Abend ein letztes Mal im Kreise ihrer Freunde verbringen. Inzwischen überbringt Zdenka Matteo einen Schlüssel, in dem Zimmer würde Arabella warten, was Mandryka zufällig mithört. Jedoch wartet Zdenka in dem Zimmer. Als Arabella spät vom Ball zurückkommt, weist sie Mandrykas Vorwürfe heftig zurück. Das Mißverständnis klärt sich, als Zdenka zerknirscht erscheint. Arabella vergibt Mandryka und die Oper schließt mit ihrem Liebesduett.

Aufführung

Wir befinden uns in einem etwas maroden Hotel kurz vor dem Ende des Jugendstils. Im ersten Bild blickt man auf die große Zimmerflucht, die immer wieder auf der Bühne hin- und hergeschoben wird, um das jeweilige Zimmer in den Focus zu rücken. Das zweite Bild zeigt eine große Hotellobby mit einem Aufzug im Zentrum. Während das Liebespaar den Aufzug betritt, fahren die Wände auseinander, um surreale Träume als Fiakerball zu bebildern. Für das Schlußbild versinkt die Traumwelt und die Bauteile fügen sich wieder nahtlos zusammen. Kleidung und Uniformen entsprechen dem Zeitgeist, Frack und Zylinder für die Herren, Abendgarderobe für die Damen, das blaue Abendkleid Arabellas bringt Farbe ins Bild.

Sänger und Orchester

Arabella ist ein Meisterwerk von Richard Strauss im Schatten des Rosenkavalier mit hohen sängerischen Anforderungen an die Liebespaare. So hat Renée Fleming Probleme mit Arabella. Ihr lyrischer Sopran ist immer noch klar im Klang und ihre Gesangslinie technisch sauber, jedoch gelingen viele exponierte Töne nicht und Wortverständlichkeit hört sich anders an. Thomas Hampson ist ein führender, lyrischer Bariton mit unverwechselbarer, samtener Stimme vor allem in der Mittellage, für gutturalen heldischen Glanz steht seine DonGiovanni-Aufnahme, aber als Mandryka versagen ihm die Kräfte, klingen die hohen Passagen zerbrechlich, lassen sich Verzweiflung und Emotionen nicht mehr darstellen.

Albert Dohmen ist ein Baßbariton von nunmehr wenig Klangtiefe. Zusammen mit Gabriela Benackova, als seine Gattin Adelaide nicht ohne Schärfen, werden sie eher für ihren Parlando-Ton gefeiert. Es sind die vermeintlichen Nebenrollen, die glänzen: Hanna-Elisabeth Müller verfügt über einen jugendlich dynamischen, strahlend hellen Sopran (auch bei den vielen Koloraturen und Intervallsprüngen), sie kann der Zdenka neben nachdenklich melancholischen Momenten auch echte  Liebesmomente schenken – vor allem zusammen mit Daniel Behle. Dessen Schwerpunkt ist eher der Liedgesang, was der Gestaltung der Rolle des Matteo entgegenkommt. Seine tenorale Höhen sind sauber, leuchtend und immer klangverliebt. Seine Liebes-Ekstasen sind kein plumpes Forcieren, sondern Ausbrüche an der Gesangslinie entlang.

Daniela Fally als Fiakermilli ist ein sehr beweglicher Koloratursopran, der spielerisch in höchste Höhen vordringt und dann einen noch höheren Ton aufsetzen kann. Benjamin Bruns (Graf Elemer), Derek Welton (Graf Dominik) und Steven Humes (Graf Lamoral) sind die optisch austauschbaren Verehrer Arabellas, die ihre Auftritte auch sängerisch gestalten können, was auch für die kleinsten Rollen gilt. Keine Zurückhaltung erfordert der musikalische Erfolg durch Christian Thielemann. Er führt die Sächsische Staatskapelle sicher durch die Klangbilder von Richard Strauss, drängt manchmal aufs Tempo, was mit Piano manchmal der Sängerfreundlichkeit zugute kommt. Was natürlich nicht heißt, daß er nicht mit raschem Crescendo und viel Forte die wichtigen Motive messerscharf herausarbeitet und in epischer Breite auf dem Präsentierteller serviert – bei nur einer zusätzlichen Generalpause.

Fazit

Die Besetzung dieser Arabella ist nominell das Beste, was für Geld im Moment zu haben ist, jeder Solist eine Bank – zumindest in der Erwartungshaltung des Publikums. In der Realität jedoch geht die Auswahl nicht auf, denn auf der Bühne befinden sich drei Gesangsgenerationen: Einmal die Großeltern-Generation um Graf und Gräfin Waldner, die Eltern-Generation um Arabella und Mandryka und die Kinder wie Zdenka und Matteo: Thomas Hampson ist der Regimentskamerad Graf Wadners und nicht sein Enkel, Emily Magee nicht die Schwester der Zdenka – stimmlich und im Aussehen.

Dennoch: Tobender Applaus des Publikums für alle Solisten und Christian Thielemann mit der Staatskapelle Dresden. Für die Regie leichtes Gebrummel für die Idee, den Fiaker Ball als einen surrealen Traum des Liebespaares zu inszenieren. Das Jugendstilhotel mit dem Charme der untergehenden k. u. k. Monarchie gefällt jedoch.

Oliver Hohlbach

Bild: Forster

Das Bild zeigt: Daniela Fally (Die Fiakermilli), Thomas Hampson (Mandryka) und der Sächsische Staatsopernchor

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