AIDA – Paris, Opéra Bastille

von Guiseppe Verdi (1813-1901), Oper in vier Akten, Libretto: Antonio Ghislanzoni nach Auguste Mariette, UA: 24. Dezember 1871 Kairo Opernhaus
Regie: Olivier Py, Kostüme und Bühne: Pierre-André Weitz, Licht: Bertrand Killy
Dirigent: Philippe Jordan, Chor und Orchester der Opéra National, Choreinstudierung: Patrick Marie Aubert.
Solisten: Carlo Cigni (Pharao), Luciana d’Intino (Amneris), Sergey Murzaev (Amonasro, König von Äthiopien) Oksana Dyka (Aida), Marcelo Alvarez (Radames), Roberto Scandiuzzi (Ramfis) u.a.
Besuchte Aufführung: 10. Oktober 2013 (Premiere)

Paris-Aida
Kurzinhalt

Radames, der Oberbefehlshaber des ägyptischen Heeres, liebt Aida, die in ägyptischer Gefangenschaft lebende Tochter Amonasros, des Königs von Äthiopien. Die ägyptische Königstochter Amneris liebt Radames. Radames hat die Äthiopier, die in Ägypten eingefallen waren, besiegt. Als Belohnung soll er Amneris’ Gemahl werden. Doch aus Liebe zu Aida wird er ungewollt zum Verräter am eigenen Land. Aus Eifersucht und Rache von Amneris belauscht und überführt, liefert sie ihn dem Tribunal der Priester aus. Zu spät bereut Amneris ihre Tat. Radames wird zum Tode verurteilt. Lebendig eingemauert, erleiden Radames und Aida, die ihm in die Grabkammer heimlich gefolgt ist, gemeinsam den Liebestod.

Aufführung

Die Männer, von den Soldaten abgesehen, erscheinen in Prunkuniformen aus der Zeit Napoleons III., die Frauen in langen schwarzen Kleidern derselben Epoche und die Priester im vollen Ornat der katholischen Kirche. Es folgen Soldaten zuhauf im Kampfanzug und mit Maschinenpistolen, baumelnde Erhängte, eine Klu-Klux-Klan Hinrichtungszeremonie, ausländerfeindliche, ultranationalischen Massendemonstrationen und ein Panzer. Das Dekor besteht im wesentlichen aus schweren goldenen Metallgittern oben und unten und in der Mitte aus einem goldenen Palast-Tempel-Triumphmonument, das sich je nach Bedarf dreht. Das Ganze, blank geputzt und blendend glitzernd, hat eine kalte Schönheit. In der Schlussszene bildet eine Totenstadt den Hintergrund.

Sänger und Orchester

Oksana Dyka als Aida ist hier wohl eher die patriotische Rebellin als die sanft Liebende. Denn ihr Sopran ist vor allem beeindruckend in den dramatischen Szenen, stark, metallisch, kalt, manchmal schrill. Dagegen, bleibt ihr Ton in den lyrischen Szenen, sogar im die Oper abschließenden Liebesduett Son io – ich bin’s (4. Akt), kalt und dramatisch, und falls ihr ein Pianissimo gelingt, da verliert es an Klangfarbe. Im Gegensatz dazu erhält sich Luciana d’Intinos klangvoller Mezzo in hohen wie in tiefen Stimmlagen weich und rund, ihre Diktion ist klar. Sie tritt besonders in der ersten Szene im vierten Akt hervor. Marcelo Alvarez hat offensichtlich den Schritt zum Lirico spinto-Tenor gut gemeistert. Seine helle, klare Stimme setzt sich in der Radames-Rolle nicht nur in den lyrischen, sondern auch in den dramatischen Szenen gut durch. Roberto Scandiuzzi ist mit kräftigem, ausdrucksstarkem Baß der Oberpriester Ramfis. Carlo Cigni überzeugt mit vollem Baß als ägyptischer, Sergey Murzaev mit etwas knarrendem Bariton als äthiopischer König.
Philippe Jordan dirigiert Solisten, Chor und Orchester meisterhaft.

Fazit.

In ihrer zweiten Inszenierung in dieser Saison, nach einer gelungenen Alceste, packt das Team Py-Weitz-Killy diesmal all ihre Phantasmen über autokratisch-totalitär-faschistische Macht der Herrscher, Priester und Militärs in diese Aufführung. Diese, oft widersprüchliche, tonnenschwere Symbolik erdrückt die Oper. Der von der Staatsmacht verfolgte, fahnenschwingende Revolutionär und die Anspielung auf den Freiheitskampf Italiens gegen Österreich ist nur ein schwacher Vorgeschmack. Menschliches Leid als Element der Ästhetik zu verwenden schockiert und lenkt ab. Es ist schwer, sich dabei noch auf die Musik zu konzentrieren, und im Finale muß man die Augen schließen, wenn man sich bei den fahlen Leichenbergen in der Grabkammer noch ein bißchen von der bewegenden Atmosphäre des Liebesduetts erhalten will.
Aida, dieses in vieler Hinsicht bemerkenswerte Spätwerk Verdis, war seit fast einem halben Jahrhundert nicht mehr in der Pariser Oper gegeben worden. Man hätte der erfreulichen musikalischen Darbietung dieser neuen Premiere einen entsprechenderen Rahmen gewünscht. Nach den Buhrufen zu schließen waren viele im Publikum dieser Meinung.

Alexander Jordis-Lohausen

Bild: Opéra national de Paris/Elisa Haberer
Das Bild zeigt: Marcelo Alvarez (Radamès) auf dem Panzer und Roberto Scandiuzzi (Ramfis)

Getagged mit: , , , ,
Veröffentlicht unter Opern, Paris, Opéra Bastille