TRISTAN UND ISOLDE – Meiningen, Südthüringisches Staatstheater

von Richard Wagner (1813-1883) Handlung in drei Aufzügen, UA: 10. Juni 1865 München, Kgl. Hof- und Nationaltheater

Regie: Gerd Heinz, Bühne: Rudolf Rischer

Dirigent: Philippe Bach, Meininger Hofkapelle, Herrenchor und Extrachor, Einstudierung: Sierd Quarre

Solisten: Ursula Füri-Bernhard (Isolde), Andreas Schager (Tristan), Dae-Hee Shin (Kurwenal), Ernst Garstenauer (König Marke), Christina Khosrowi (Brangäne), Stan Meus (Melot), Rodrigo Porras Garulo (Hirt/Junger Seeman), Lars Kretzer (Steuermann)

Besuchte Aufführung: 1. März 2013 (Premiere)

Kurzinhalt

Der Ritter Tristan führt die irische Prinzessin Isolde, deren Verlobten Morold er einst im Zweikampf getötet hat, seinem Onkel König Marke als Braut zu. Auf der Überfahrt nach England verlangt Isolde Sühne für Morolds Tod: Sie fordert Tristan auf, gemeinsam mit ihr Gift zu trinken. Brangäne hat jedoch das Gift heimlich gegen einen Liebestrank ausgetauscht. So entbrennen Tristan und Isolde in heftiger Leidenschaft füreinander. Isolde heiratet zwar König Marke, trifft sich aber mit Tristan. Melot verrät die Liebenden und verwundet Tristan schwer – Kurwenal verbringt den Verletzten nach Kornwall. Tristan stirbt jedoch bei Isoldes Ankunft. Als Konsequenz ihrer Liebe folgt Isolde ihm in den Tod.

Aufführung

Analog zu seinem Parsifal in Meiningen (siehe OPERAPOINT 3/2009), orientiert sich Gerd Heinz an der Optik Neu-Bayreuths nach dem Krieg. Die mystisch zeitlosen schwer deutbaren Kostüme und die diffus dunkel-mystische Beleuchtung unterstützt eine Personenführung, die den Schwerpunkt auf die Beziehungen der Personen untereinander legt und stimmige Gruppenbilder zum Ziel hat. Unvergeßlich das Schlußbild des ersten Aktes, wenn die Mannschaft vom Bug der Schiffes dem ankommenden Marke zujubelt, was deutliche Assoziationen mit dem Titanic-Film weckt. Minimalistisch auch der zweite Akt: Auf einem großem Vorhang ist eine Waldlandschaft projiziert, die von einer Mondlandschaft abgelöst wird. Große Stufen nach links dienen als Auftritte. Der dritte Akt zeigt eine dunkle Rampe, auf der sich das Lager Tristans befindet, dominiert vom schwarzen Stumpf eines Baumes, in dessen Umarmung Isolde ihren Liebestod erleidet.

Sänger und Orchester

Bislang war es – zumal an kleinen Häusern – schwierig, eine adäquate Besetzung dieses im Ruf der Unbesetzbarkeit stehenden Werkes Richard Wagners zu finden. Da ist es besonders bemerkenswert, daß man in Meiningen in der Lage ist, die beiden Hauptrollen doppelt zu besetzen. Andreas Schager ist nach seinem Siegfried in Halle/Ludwigshafen keine Entdeckung mehr: Der ehemalige Operettentenor dreht auf und schafft einen voluminösen klangvollen Tristan. Er schont sich wenig und klingt dennoch am Ende genauso mühelos leicht wie am Anfang. Der große Strich im zweiten Akt hilft eher der Isolde Ursula Füri-Bernhard, die eigentlich nur über einen scharf klingenden Ton im dramatischen Forte verfügt, ansonsten vor allem im Piano mehr spricht als singt. Erst für den Liebestod kann sie deutlicher differenzieren. Dae-Hee Shin besitzt einen klangvollen Bariton mit klarem, fast tenoralem Klang, immer wortverständlich phrasierend. Im dritten Akt fehlt ihm ein wenig die Durchschlagskraft, er ergänzt sich jedoch hervorragend im Dialog Kurwenal-Tristan. Christina Khosrowi ist als Brangäne ein wenig überbesetzt, ihr technisch sauberer dramatischer Sopran mit sicherer Höhe und wortverständlicher Gestaltung in allen Lagen, wird sich sicherlich noch zur Isolde weiter entwickeln.

Ernst Gerstenauer ist ein Baßbariton mit sicherer Tiefe und kann die Rolle des König Marke technisch sicher gestalten. Er ist jedoch zu sehr zurückhaltend und ihm fehlt etwas Klangvolumen. Jedoch ist die Rolle – genauso wie die weiteren kleineren Rollen – für Meiningen adäquat besetzt.

Der von Sierd Quarre einstudierte Chor und Extrachor singt kraftvoll harmonisch und transparent.

Die Meininger Hofkapelle verfügt über eine langjährige Erfahrung mit Wagner und die ersten Bayreuther Festspiele wären ohne sie undenkbar gewesen. Philippe Bach läßt im Vorspiel sehr verhalten musizieren, entdeckt in der Partitur unendlich viele Details, die er in die Ekstase der Leidenschaft einbettet: Für ihn ist Tristan und Isolde ein Liebes-Drama von Anfang an.

Fazit

Sicherlich ist der Rückgriff auf historische Inszenierungsmittel etwas ungewöhnlich oder unzeitgemäß. Andererseits freut man sich, wenn sich Gerd Heinz auf das Liebesdrama zwischen Tristan und Isolde konzentriert, die Regieanweisungen des Komponisten umsetzt und nicht mit modernen Regieeinfällen ablenkt. Trotzdem gelingen ihm bei vielen Details und Gesten interessante Anmerkungen, z.B. gibt es keinen Liebestrank: Brangäne füllt das Gefäß mit Wasser aus einem Tonkrug. Die homogene und musikalisch ausgewogene Sängerleistung begeistert das von weither angereiste Wagner-Fach-Publikum Alle Beteiligten werden lange und enthusiastisch gefeiert.

Oliver Hohlbach

Bild: foto ed

Das Bild zeigt: Ensemble

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