TOSCA – Budapest, Staatsoper

von Giacomo Puccini (1858-1924), Melodramma in drei Akten, Libretto: Giuseppe Giacosa u. Luigi Illica nach dem Drama La Tosca von Victorien Sardou; UA: 14. Januar 1900, Rom

Regie: Viktor Nagy, Bühne: Tamás Vayer, Kostüme: Nelly Vágó

Dirigent: Gergely Kesselyák, Orchester und Chor/Kinderchor der Budapester Staatsoper

Solisten: Eszter Sümegi (Tosca), Atilla Kiss (Cavaradossi), Anatolij Fokanov (Scarpia), Lajos Geiger (Angelotti), Kázmér Sárkány (Mesner), Zsolt Derecskei (Spoletta), Tamás Clementis (Sciarrone), Antal Bakó (Schließer),

Besuchte Aufführung: 27. Mai 2012

Kurzinhalt

Der von Roms Polizeichef Scarpia eingekerkerte politische Gefangene Angelotti konnte aus der Engelsburg in die Kirche Sant’Andrea della Valle entfliehen. Hier gestaltet sein Freund, der Maler Cavaradossi, ein Altargemälde der Maria Magdalena nach dem Bildnis der Marchesa Attavani. Scarpia ist Angelottis Spur gefolgt und erkennt seine Verbindung zu Cavaradossi. Tosca wird von Scarpia in den Palazzo Farnese geladen, wo er Cavaradossi verhört. Ihn und Angelotti will Scarpia an den Galgen bringen. Tosca ist es schließlich, die Angelottis Versteck unter Cavaradossis Folterschreien verrät. Angelotti entzieht sich der Hinrichtung durch Selbstmord. Tosca gibt scheinbar dem Drängen Scarpias, der sie begehrt, nach und erreicht dadurch freies Geleit für Cavaradossi, der zum Schein exekutiert werden soll. Daraufhin bedrängt er Tosca, die ihn aber erdolcht. Tosca weiht Cavaradossi in den Plan von der Scheinerschießung ein. Doch Cavaradossi wird erschossen und Tosca stürzt sich von der Engelsburg in den Tod.

Aufführung

Regisseur Viktor Nagy setzt in der Inszenierung auf eine werkgetreue, klassische Ausstattung. So wird im ersten Akt mit großen Aufbauten ein authentisches Kirchenambiente erzeugt, in dem im Hintergrund des angedeuteten Hauptschiffes eine eindrucksvolle Prozession in prächtigen Gewändern vorüberzieht. Der Palazzo Farnese von Scarpia und der Außenbereich auf der Engelsburg erscheinen ebenfalls, als seien sie, als Spiegelbild der Zeit, in der das Stück angelegt ist, aus klassischen Gemälden entstiegen, wobei dunkle Farbtöne vorherrschen.

Sänger und Orchester

Die Sänger der Aufführung bieten durchweg in Ausdruck und Technik gesangliche Spitzenklasse. Man höre sich nur das Vissi d’arteich lebte nur der Kunst  der Sopranistin Eszter Sümegi (Tosca) an. Licht, jugendlich frisch und sich weit öffnend in den Höhen, geschmeidig seicht in der Mittellage sowie brillant wendig in den Phrasierungen bei den Duetten läßt sie den Zuhörer zutiefst gerührt, auf Grund ihrer absolut packenden Bühnenpräsenz, Zeit und Raum vergessen. Auch Tenor Atilla Kiss kann die Konzentration, durch seinen darstellerisch zupackend angelegten Cavaradossi, voll auf sich ziehen. Herrlich lichtdurchwebt und lupenrein funkelnd in den Höhen flutet sein Recondita harmoniageheimnisvolle Harmonie den Raum und das E lucevan le stelleUnd es blitzen die Sterne berückt mit druckvoller Emphase und geschmeidigem Legato. Die Triade der Gesangstitanen wird durch Anatolij Fokanov komplettiert. Sein Scarpia geht gesanglich absolut unter die Haut. Mit aufpeitschend dynamischer Wendigkeit und glühender Nuancenfülle reißt sein in den Höhen hervorragend situierter und voller Bariton förmlich von den Sitzen. Der Reigen der überragenden Sänger wird mit dem in klarer Diktion und druckvoll, leuchtender Fülle ausgestatteten Bariton von Lajos Geiger (Angelotti) sowie durch den bewußt überzeichnet ausgeloteten, wendigen Baß von Kázmér Sárkány (Mesner) weitergeführt.

Das Orchester unter Gergely Kesselyák entfaltet durch wuchtige Tutti eine dramatisch zupackende Atmosphäre, wobei die lyrischen Passagen ebenso pastos ausgekostet werden. Und was für eine glanzvolle Orchesterdramatik am Ende der Oper! Da bebt musikalisch das Opernhaus und der Tod Toscas wird zum Greifen nahe.

Fazit

Die Inszenierung schöpft eindrucksvoll absolut überzeugend aus groß angelegten Bühnenbildern, die cineastisch pompös an einen detailreich angelegten Historienfilm erinnern. Die mitreißend dramatische Umsetzung des Stückes in stilecht wohltuend optisch verschwenderischer Fülle wird durch die durchweg ausgezeichneten Leistungen der Sänger und durch das formidabel aufspielende Orchester, das den Saal musikalisch zum Kochen bringt, auf den Zenit künstlerischen Hochgenusses gehoben. Der Abend war ein absoluter Erfolg, der sich völlig zu recht im tosenden Applaus der Zuschauer wiederspiegelte.

Dr. Andreas Gerth

Bild: Vera Éder  und Tomas Opitz

Das Bild zeigt: Eszter Sümegi (Tosca), Atilla Kiss (Cavaradossi), Anatolij Fokanov (Scarpia) hinten

 

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