DIE CSÁRDÁSFÜRSTIN – Meiningen, Südthüringisches Staatstheater

von Emmerich Kálmán (1882–1953), Operette in drei Akten von Leo Stein und Bela Jenbach, UA:17. November 1915, Wien, Johann Strauß Theater

Regie: Rudolf Frey, Kostüme: Elke Gattinger, Choreographie: Andris Plucis

Dirigent: Elisa Gogou, Meininger Hofkapelle, Chor und Ballett des Meininger Theaters/Landestheaters Eisenach, Choreinstudierung: Sierd Quarre

Solisten: Ernst Volker Schwarz (Fürst), Uta Müller (Fürstin), Rodrigo Porras Garulo (Edwin Ronald), Maria Rosendorfsky (Komtesse Stasi), Francis Bouyer (Graf Boni), Camila Ribero-Souza (Sylva Varescu), Steffen Köllner (Eugen Rhonsdorff), Stan Meus (Feri Bacsi), Lars Kretzer (Notar), u.a.

Besuchte Aufführung: 27. Januar 2012 (Premiere)

Kurzinhalt

Budapest 1913. Die Chansonette Sylva Varescu bereitet sich auf eine Gastspielreise nach Amerika vor und verabschiedet sich von ihren Freunden und auch von Edwin, einem Wiener Fürstensohn. Dieser will sie von der Reise abhalten und heiraten – gegen den Willen seiner Eltern. Denn sie hatten bereits die Verlobung mit Komtesse Stasi arrangiert. Graf Boni informiert Sylva über diese Verlobung. Daraufhin reist sie erzürnt ab.

In Wien wird die Verlobung von Edwin und Stasi gefeiert als Sylva mit Boni erscheint, der sie als seine Frau ausgibt. Als diese ihre wahre Identität enthüllt, gibt es einen Skandal. In einem Wiener Hotel erkennt Feri-Bacsi in der Fürstin seine Jugendliebe wieder, eine Provinzprimadonna. Die Eltern geben daraufhin den Widerstand auf und willigen in die Ehe zwischen Edwin und Sylva sowie Boni und Stasi ein.

Aufführung

Ein relativ einfacher Einheitsbühnenraum, begrenzt von einer verschiebbaren runden Hinterwand, die, nach vorne gefahren, die Bühne dem Blick des Publikums verschließt. Im ersten Akt schaffen aufgestapelte Bar-Tische den Eindruck einer Feier nach Vorstellungsende. Das Ballett-Ensemble entspringt einem zeitlosen Sado-Maso-Reitpeitschen-Nachtlokal, die Gäste sind im klassischen Frack, die Zaungäste, die zum Fenster hereinblicken, sind Clowns im dunklen Militärmantel gekleidet. Im zweiten Akt bietet ein großer Speisetisch nebst zahllosen Bediensteten Platz für die Verlobungsgesellschaft in klassischer Abendgarderobe bzw. schwarzer Uniform, die durch den Skandal zwischen den beiden Liebespaaren gesprengt wird. Im dritten Akt sehen wir eine Holzbühne auf der Bühne (mit Vorhang an einer Wäscheleine und einem Telefon ohne Anschluß). Die Schauspieler und ein Eisbär (als running gag) sitzen am Rand und warten auf ihren Auftritt.

Sänger und Orchester

Dirigent Elisa Gogou hat zwar das Gespür für den filigranen ungarischen Klang, für den Mitleid erzeugenden zarten Schmelz, aber das ungarische Feuer der Gefühle will sich im Orchestergraben nicht ausbreiten. So hat man manchmal das Gefühl, in einer Revue zu sitzen, zumal sich einzelne Titel wie Ich kauf mir die Welt mehrmals wiederholen. Trotzdem gelingt eine gute geschlossene Ensemble-Leistung, auch wenn allgemein die Wortverständlichkeit und manche Intonation angemahnt werden muß. So kann Camila Ribero-Souza auch stimmlich untermalen, daß sie die Hauptdarstellerin ist, da sie mit lyrischem Feuer, strahlend heller Höhe und sehr gut fundierter Tiefe die Rolle der Sylva Varescu sehr dominant gestaltet. Manchmal leider mit viel Tremolo. Glänzend aufgelegt ist Rodrigo Porras Garulo (Edwin Ronald), ein südländischer Tenor mit großer Strahlkraft und besonders hohem Stehvermögen, der mit Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht die Hitze eines ungarischen Liebhabers hat. In dieser Inszenierung hat Francis Bouyer als Graf Boni eher eine Nebenrolle. Er war auch stimmlich sehr zurückhaltend. ebenso die erwachsen gewordene Komteß Stasi Maria Rosendorfsky – mit glockenklarer Kinderstimme und genauer, etwas zu leiser Intonation. Fast zu einer Sprechrolle degradiert die Rolle des Feri Bacsi durch Stan Meus. Dafür haben Ernst Volker Schwarz als Leopold Maria und Uta Müller als Anhilte kleine Sprechgesangseinlagen erhalten. Dem Chor gelingt trotz meist statischer Positionierung am Rande des Geschehens eine solide und einheitliche Leistung.

Fazit

Dadurch, daß der musikalische Ablauf der einzelnen Nummern umgestellt wird, neue Dialoge eingefügt werden – darunter sogar ein Zitat von Joseph Roth aus Die Kapuzinergruft, die Rolle der Stasi abgewandelt wird, da sie von vornherein auf Edwin verzichtet, reduziert sich die Handlung auf einen Kampf von Boni und Edwin um Sylva. Es entfällt der melancholische Abgesang auf die Donaumonarchie, Leopold Maria und Anhilte sind nur normale Eltern, die ihren Sohn verheiraten wollen. Das ist zwar im zweiten Akt spannend umgesetzt, die anderen Akte jedoch wirken rätselhaft und so verliert der Abend dabei jedweden Humor – als Faschingsstück ist die Produktion wohl nicht gedacht. Das Publikum reagierte zunächst nachdenklich, feierte die Protagonisten aber am Schluß mit uneingeschränktem Jubel.

Oliver Hohlbach

Bild: foto-ed

Das Bild zeigt: Sylva (Camila Ribero-Souza), Edwin (Rodrigo Porras Garulo) und Ernst Volker Schwarz (Fürst)

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