DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN – Berlin, Komische Oper

von Leos Janáček (1854–1928), Oper in drei Akten, Libretto vom Komponisten, deutsche Textfassung: Werner Hintze, UA: 6. November 1924 Brünn, Nationaltheater

Regie: Andreas Homoki, Bühne/Kostüme: Christian Schmidt, Dramaturgie: Werner Hintze, Licht: Roalia Amato

Dirigent: Alexander Vedernikov, Orchester und Chorsolisten der Komischen Oper Berlin, Einstudierung: André Kellinghaus

Solisten: Brigitte Heller (Füchin Spitzohr), Jens Larsen (Förster), Caren van Oijen (Försterin/Eule), Andreas Conrad (Schulmeister/Hahn), Frank van Hove (Pfarrer/Dachs), Karolina Gumos (Fuchs), Carsten Sabrowski (Harasta), u.a.

Besuchte Aufführung: 11. Oktober 2011 (Premiere 2. 10.2011)

Kurzinhalt

Der Förster fängt eine junge Füchsin und nimmt sie mit auf seinen Hof. Dort wiegelt sie die Hühner auf und beißt Hahn und Hund. Als der Förster sie bestrafen will, entkommt sie in den Wald. Dort nimmt sie die Höhle des Dachses in Beschlag, trifft den Fuchs, gründet mit ihm eine Familie und wird schließlich von dem Wilderer Harasta getötet. Derweil ist auch die Welt im Dorfe in Unruhe. Dem Pfarrer wird eine Liebschaft vorgeworfen, und er muß sich versetzen lassen. Der Schulmeister hat sich unglücklich verliebt. Und der Förster spürt, wie er älter wird und das Leben in der Natur unbeeindruckt seinen Fortgang nimmt.

Aufführung

Die Drehbühne zeigt im Verlaufe der Handlung drei identische Zimmer, die auf einen nächtlichen Wald hinausgehen. Sie werden geringfügig variiert: Einmal fehlt das Fenster in den Wald, einmal ist der Wald gleichsam in die menschliche Sphäre eingebrochen und die Möbel liegen verstreut umher. Die Kostüme sind im Stile der Alltagskleidung der zwanziger Jahre, also der Entstehungszeit der Oper, gehalten.  Diejenigen Darsteller, die Tiere verkörpern, tun dies im ständigen Wechsel mal mit und mal ohne Tiermaske. Beispielsweise werden die Hühner als Schülerinnen des Hahns verstanden, deren stramme Disziplinierung die Füchsin durcheinanderbringt. Es wird klar erkennbar, daß die Regie die gesamte Handlung als in der menschlichen Sphäre angesiedelt versteht, als eine Art Fabel. Zusätzlich zu der originalen Handlung werden unzählige kleine pantomimische Zwischenspiele und Zusatzkommentare eingefügt. Jedes längere Orchesterzwischenspiel ist mit solchen ergänzten kurzen Szenen versehen, die nur bedingt etwas mit der originalen Handlung zu tun haben müssen und oftmals nur in Andeutungen verharren.

Sänger und Orchester

Das Orchester ist fraglos der Hauptakteur des Abends. Die enorm vielfältigen, energetischen Klänge der Partitur hatten Farbe, Pracht und Wucht. Leider oft zuviel Wucht für die Sänger. Alexander Vedernikov wäre unbedingt zu größerer dynamischer Zurückhaltung zu raten, denn nicht nur die Stimmen der Sänger, auch ihr Text verschwand phasenweise gänzlich im orchestralen Sturm. Brigitte Geller in der Titelpartie hatte hier die größten Schwierigkeiten. Äußerst lebendig in ihren Bewegungen – wie übrigens nahezu alle Solisten, Choristen und Statisten – kam leider nur ein Bruchteil ihrer Partie musikalisch und textlich im Zuschauerraum an. Schuld daran waren aber nicht nur die Musiker, auch die Komposition und die deutsche Übersetzung, die zwar flott geschrieben, aber in Teilen nur schwer klangvoll zu singen ist, hatten hieran ihren Anteil. Andreas Conrad (Schulmeister/Hahn) schlug sich hier ebenso wie Frank van Hove (Pfarrer/Dachs) relativ wacker. Nicht unproblematisch war die Leistung von Jens Larsen als Förster, der die eigentliche Hauptrolle diese Oper darstellte. Seine Stimme ist groß, raumfüllend, seine Aussprache energisch und verständlich, sein Agieren beweglich und zuweilen selbstironisch. Leider tendiert er jedoch durchweg zum Gewalttätigen in seiner Tongebung und hat sich einen manierierten Vortragsstil angeeignet, indem er vor jedem Einsatz tief und sichtbar Luft holt und seine Melodien körpersprachlich doppelt, d.h. er stellt sich bei hohen Tönen auf die Zehenspitzen und bewegt sich oft im Rhythmus der Passagen, die er singt. Lyrisch-kontemplative Momente, die in seiner Partie vorkommen, z.B. am Schluß der Oper, gestaltet er gar nicht als solche. Stimmlich am besten konnte sich Karolina Gumos als Fuchs behaupten.

Fazit

Musikalisch wird das Werk ordentlich gestaltet, wenn auch das Orchester des öfteren zu stark spielt. Anstrengend ist die ungeheure Betriebsamkeit, die die Inszenierung kennzeichnet, und die allzu oft in reine Hektik umschlägt und einen Gesamteindruck des Fahrigen hinterläßt. Permanent werden Türen geöffnet und geschlossen und laufen Figuren durch das Bild, ohne daß eine wirkliche Handlung erkennbar wird, weder die originale noch eine alternative. Stattdessen wird man mit einer Menge kleiner Episoden konfrontiert, die sich nicht recht zu einem Ganzen fügen wollen. Das mag zwar so beabsichtigt sein, doch riskiert die Inszenierung damit, schlichtweg unverständlich zu bleiben.

Dr. Martin Knust

Bild: Monika Rittershaus

Das Bild zeigt: Brigitte Heller (Füchin Spitzohr), Frank van Hove (Pfarrer/Dachs)

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