MASKENBALL – Dresden, Semperoper

von Giuseppe Verdi (1813-1901), Oper in drei Akten, Libretto: Antonio Somma, UA: 17. Februar 1859, Rom, Teatro Apollo

Regie: Elisabeth Stöppler, Bühne: Rebecca Ringst

Dirigent: Carlo Montanaro, Staatskapelle Dresden, Sächsischer Staatsopernchor Dresden

Solisten: Wookyung Kim (Riccardo), Marco Vratogna (Renato), Marjorie Owens (Amelia), Tichina Vaughn (Ulrica), Carolina Ullrich (Oscar), Ilhun Jung (Silvano), Tomislav Lucic (Samuel), Tilmann Rönnebeck (Tom), Jae-Suk Kim (Erster Richter), Mirko Tuma (Diener)

Besuchte Aufführung: 30. September 2011 (Premiere, Uraufführungsfassung)

Kurzinhalt

Riccardo, Gouverneur von Boston, wird durch eine Verschwörung bedroht. Er liebt heimlich Amelia, die Frau seines Sekretärs Renato. Er belauscht Amalie bei ihrem Besuch der Wahrsagerin Ulrica. Dabei erfährt er, daß sie ihn ebenfalls liebt. Zuvor hatte ihm Ulrica vorausgesagt, er werde von demjenigen ermordet, der ihm als erster die Hand gibt. Nichtsahnend begrüßt er Renato per Handschlag.

Riccardo und Amelia treffen sich auf dem Richtplatz. Entgegen ihrem Willen ringt er ihr ein Liebesgeständis ab. Da erscheint Renato, um Riccardo vor den herannahenden Verschwörern zu retten. Er erkennt dabei nicht seine Frau, die tiefverschleiert ist. Riccardo flieht. Als die Verschwörer dann auf Renato und seine verschleierte Frau treffen, muß diese den Schleier abnehmen. Da erkennt Renato seine Frau und schwört Rache. Auf einem Maskenball ersticht er Riccardo. Im Sterben verzeiht dieser allen

Aufführung

Die Aufführung läßt auf sich warten: Das Orchester wartet gelangweilt, während sich der Vorhang ganz langsam hebt. Man erblickt eine leere Bühne, bevölkert von grellbunten Figuren, ähnlich wie man sie auf Christopher-Street-Day antreffen kann. Dann kommt Bewegung in die Geschichte: Der Boden ist in 12 Stempel mit Plattformen darauf aufgeteilt. Diese fahren ständig auf und ab und schieben die Darsteller auf immer neue Plattformen. Die Seitenwände öffnen sich kurz. Chor und Statisten treten auf die Bühne und verschwinden wieder. Auch die Beleuchterbrücke senkt sich bis fast auf die Bühne, um Renato und Amelia Raum für ihre Auseinandersetzung zu geben. Am Ende fallen die letzten Masken und die Menschen stehen in weißer Unterwäsche neben dem Tod auf der Bühne.

Sänger und Orchester

Wie immer agiert die Staatskapelle mit unverwechselbarem samtenem Glanz. Leider werden in dem relativ flotten Tempo, die Emotionen glattgebügelt. Man scheint keinen Wert zu legen auf Verdis dramatisch endende Dreiecksgeschichte, gewürzt mit der Mystik einer Kräuterhexe. Emotionen zu wecken vermag einzig Wookyung Kim(Ricardo), ein Verdi-Tenor, der mit scheinbarer Leichtigkeit sowohl im Forte als auch im Piano voll facettenreich und farbig aussingen kann. Mit heftig flackerndem Tremolo kämpft Marco Vratogna (Renato) sich durch die ersten Akte, kann den Takt nicht halten, erst zur Auseinandersetzung mit Amelia im dritten Akt kann er mit Kraft die Arie Eri tu che macchiavi quell’anima – Du warst es, der diese Seele befleckte zumindest aussingen, leider ohne eine Spur Liebeskummer in seiner Stimme! Das liegt auch an Marjorie Owens, die eher eine hysterische Amelia gibt. Unzweifelhaft besitzt sieschönes Stimmmaterial für Morro, ma prima grazia – ich sterbe, doch zuvor als Gunst aber sie singt zu oft mit zu viel Kraft. Da verblassen alle Farben, kann kein Mitleid keimen. Tichina Vaughn hingegen erinnert mit rauchiger Stimme und Durchschlagskraft eher an eine Jazz-Röhre, das paßt zu der Hexe Ježibaba aus der Rusalka, aber nicht zu dem italienisch-romantischem Verdi-Klang der Ulrica. Sie kann weder die hohen Passagen noch ein Piano mitfühlend gestalten. Die Hosenrolle des Pagen Oscar wurde zu einer Gespielin Riccardos umgewandelt. Carolina Ullrich hat zwar für eine Soubrette die wohltönende und klare Stimme, jedoch ist sie bei dem hohen Tempo für die Koloraturen überfordert. Ilhun Jung (Silvano) und Tomislav Lucic (Samuel) fehlt die dämonische Ausstrahlung, um als Verschwörer überhaupt auf sich aufmerksam zu machen. Der Chor hat unter Pablo Assante an Geschlossenheit dazu gewonnen, war aber – vor allem im ersten Akt – nicht synchron zum Orchester.

Fazit

Mit einem Buh-Gewitter in einer lange nicht mehr erlebten Heftigkeit bestrafte das Publikum eine verwirrende, ja langweilige Produktion. Eine fürchterliche Ohrfeige für die Regie! Sicherlich, das auf und ab der Versenkungen, Auftritte des Chors aus der Trennwand, Ulrica als Amelias grellkostümiertes Kindermädchen, viel herumgeworfenes Papier, die immer wiederkehrende sinnlose Bedrohung mit einer Pistole, der nackte Tod am Ende erzeugen viel Bewegung, aber keinen Handlungsfaden. Auch sängerisch kann diese Produktion niemanden überzeugen. Man ist dabei, in Dresden einen Weltruf zu verspielen. An den knappen Finanzen seit der Überflutung des Hauses allein kann es nicht liegen.

Oliver Hohlbach

Bild: Claudia Heysel

Das Bild zeigt: Wookyung Kim (Riccardo), Lutz Langhammer (Tod), Carolina Ullrich (Oscar)

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