IL RE PASTORE – DER KÖNIGLICHE HIRT – Zürich, Opernhaus

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Serenata in zwei Akten, Libretto: Pietro Metastasio, UA: 1775 Salzburg, Fürsterzbischöfliche Residenz

Regie: Grischa Asagaroff, Bühne/Kostüme: Luigi Perego, Licht: Hans-Rudolf Kunz

Dirigent: William Christie, Orchester La Scintilla Zürich

Solisten: Marlin Hartelius (Elisa), Sandra Trattnigg (Tamiri), Benjamin Bernheim (Agenore), Martina Janková (Aminta), Rolando Villazon (Alexander)

Besuchte Aufführung: 4. Juli 2011 (Premiere)

Kurzinhalt

Die Handlung stammt aus dem Leben Alexanders des Großen, als er um 334 v. Christus in Phönizien die Stadt Sidon vom tyrannischen Herrscher Strato befreit hat. Prinzessin Tamiris, die Tochter des entmachteten Unterdrückers, findet Unterschlupf bei der vornehmen Elisa. Die schöne Elisa freut sich über die baldige Heirat mit dem edlen Hirten Aminta. Daß der Schäfer Aminta der lange vermißte Königssohn Abdolonymus ist, entdeckte Alexanders Berater Agenore. Er fand bei Amintas Braut seine geliebte Prinzessin Tamiris. Glücklich gestehen sie sich ihre unverminderten Gefühle für einander. Der wohltätige Alexander sucht einen Thronerben für Sidon und will Aminta mit Tamiris verheiraten. Durch diese Verbindung wahrt er den Frieden für die Stadt und sichert sich seinen Ruhm. Elisa ist mutig und zeigt ihren Liebesschmerz direkt vor Alexander. Auch Aminta verzichtet eher auf sein Königsamt als auf die geliebte Elisa. Alexander erkennt die Größe der Liebe der beiden Paare, bringt sie zusammen und krönt das Hirtenpaar.

Aufführung

Eine Schulklassenexkursion in Begleitung einer schwarzgekleideten Nonne besucht das gentile Bühnenbild. Es gibt tatsächlich vieles zu bestaunen: Der reizvolle Garten zeigt sich naturalistisch frisch, wie von der Nachmittagssonne bestrahlt, mit blauem Himmel im Hintergrund. Die grauen Gartenbauten des Brunnenplatzes im antiken Charakter sind von grünen Pflanzen umrankt. Links und rechts steigt eine gewundene Treppe empor. Neben einer Lammfigur oben in einer Nische steht eine Statue; sie ist ein in einer Pose erstarrter lebendiger Statist. Sechs ansehnliche Satyrn, in kurzen Fellhosen gekleidet, sind zur Bedienung und Dekoration da. Ihre freien Oberkörper sind mit grünen Efeuzweigen geschmückt und ihre ansehnlich frisierten Häupter verzieren Hörner. Die auffallenden Kostüme sind in leuchtenden Farben im Rokokostil geschneidert. Auf ihren Kleidern finden sich Kunstdrucke von François Boucher und Jean-Honoré. Auf den Röcken der Frauen sind die Vorbilder ihrer eigenen Kostüme gut erkennbar. Dir Männerkleidung mit den Naturmotiven derselben Bilder ist ebenso entzückend.

Die Gewitterstimmung im zweiten Akt wird beeindruckend mit Hilfe von Blitzen auf einem zarten Vorhang mit Wolkenabbild gezeigt. Aufgrund der vielen ästhetisch wirksamen Elementen erobert eine märchenhafte Stimmung den Bühnenraum.

Sänger und Orchester

Mit Fingerspitzengefühl und höchst musikalisch führte der Dirigent William Christie das Orchestra la Scintilla, die Rezitative exzellent selbst am Cembalo begleitend. Die stets fröhliche Martina Janková (Hirte Aminta) zauberte gekonnt mit ihrer flexiblen und klaren Stimme die mozartischen Melodien und Koloraturen hervor. Ansteckend fröhlich und gediegen vom ersten gesungenen Wort an zog sie das Publikum in ihren Bann, welches nicht nur nach jeder gesungenen Nummer applaudierte, es tobte sogar am Schluß mit Bravorufen. Ihre Arie L‘ amerò, sarò costante – Lieben werde ich sie und beständig sein war ein Genuß (2. Akt). Ausgewogene Verschmelzung im Zusammenklang lieferte sie in ihren Liebesduetten als Hirtenpaar gemeinsam mit Marlin Hartelius, einer anmutig schönen und gleichwohl selbstbewußten Elisa. In den Koloraturen der Vanne a regnar, ben mio – Geh hin und herrsche, mein Geliebter demonstrierten sie beide ihre stimmliche Geschicklichkeit und Leichtigkeit (1. Akt). Sandra Trattniggs gute Intonation und Einfühlsamkeit trug zum guten Bild des Ensembles bei. Benjamin Bernheim (Agenore) sang durchsetzungsstark und zugleich schmelzend warm. In seine Arie Sol può dir come si trova un´amante in questo stato – Wie sich ein Liebender in dieser Lage fühlt zeigte er viel Gefühl (2. Akt). Rolando Villazon (Alexander) präsentierte mit der Arie La gloria mia – Mein Ruhm seine kräftige und ausdrucksstarke Stimme (2. Akt). Beeindruckend war seine hinreißende Bühnenpräsenz, wobei seine Augen, Mimik und Gestik überwältigend waren.

Fazit

Die Darbietung trat in ihrer märchenhaften Erscheinung hervor: Es ist ein musikalisch und optisch gelungenes Werk, das man sehen sollte. Die Kostüme trugen wesentlich zum besonderen Opernerlebnis bei. Man hätte der schönen Ouvertüre zuliebe auf den amüsanten Schulklassenauftritt verzichten können, er lenkte etwas vom Zuhören ab.

Ruta Akelyte Hermann

Bild: Suzanne Schwiertz

Das Bild zeigt: Sandra Trattnigg (Tamiri), Benjamin Bernheim (Agenore), Rolando Villazon (Alexander), hinter ihm steht ein Statist als Statue, Martina Janková (Aminta)und Marlin Hartelius (Elisa). v.l.n.r.

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