Köln Oper – UN BALLO IN MASCHERA- EIN MASKENBALL

von Giuseppe Verdi, Oper in 3 Akten, Libretto: Antonio Somma nach Eugène Scribe,
UA: 17. Februar 1859, Apollotheater Rom.
Regie/Bühnenbild: José Cura, Dirigent: Enrico Dovico, Gürzenich Orchester Köln, Opernchor, Einstudierung: Andrew Ollivant
Solisten: Ray M. Wade jr. (Riccardo), Bruno Caproni (Renato), Chiara Taigi (Amelia), Dalia Schaechter (Ulrica), Claudia Rohrbach (Oscar), Leandro Fischetti (Silvano), Ulrich Hielscher (Samuel), Timm de Jong (Tom), Alexander Fedin (Richter), Werner Sindemann (Diener).
Besuchte Aufführung: 17. Mai 2008 (Premiere)

Vorbemerkung
koeln-maskenball.jpgEugène Scribe verfaßte das Libretto ursprünglich für Gioacchino Rossini. Schließlich wurde es 1835 von François Auber unter dem Titel: Gustave III. oder Der Maskenball vertont. Der Inhalt bezieht sich auf den Stockholmer Königsmord von 1792, den Scribe mit einer sentimentalen Liebesgeschichte verband.
Kurzinhalt
Graf Riccardo, Gouverneur von Boston, ist beliebt, dennoch trachtet eine Gruppe unter der Führung von Tom und Samuel aus persönlichen Rachemotiven nach seinem Leben. Während der Audienzstunde, in der das Verbannungsurteil über die Wahrsagerin Ulrica verhängt werden soll, legt der Page Oscar dem Grafen die Einladungsliste für den geplanten Maskenball vor. Mit Freuden liest er auch den Namen Amelias, die er heimlich liebt. Es ist die Frau seines Freundes Renato. Zur Überraschung aller schlägt Riccardo vor, die Versammelten sollen Ulrica verkleidet einen Besuch abstatten.
Versteckt lauscht Riccardo bei der Wahrsagerin, wie Amelia Ulrica ihre Liebe zu ihm gesteht. Die Wahrsagerin macht einige Prophezeiungen, auch die, daß Renato zum Mörder seines besten Freundes, des Grafen, werden würde.
Zu mitternächtlichen Stunde treffen sich Graf und Amelia erstmals und werden durch die Verschwörer getrennt, Renato soll seine eigene Frau zurückführen. Da diese tief verschleiert ist, erkennt Renato sie nicht. Als Amalie ihre Identität preis gibt, fühlt sich Renato von seinem Freund betrogen und schließt sich den Verschwörern an. Doch Riccardo hat keine unlauteren Absichten und hat die Versetzungsurkunde für Renato und Amelia schon unterzeichnet. Zu spät erfährt es Renato und wird zum Freundesmörder auf dem Maskenball.
Aufführung
Der bekannte argentinische Tenor José Cura gab in Köln sein Regiedebüt mit einem Stück, in dem er selbst die Partie des Riccardo bestens kennt. Er bestand mit der Besetzung von Wade jr. auf einen Farbigen als Grafen, also genau umgekehrt, wie es im Libretto steht: Dort ist Renato ein Kreole. Cura verlegt das Bühnenbild nach Amerika ins ausgehende 19. Jahrhundert. Das Arbeitszimmer füllt sich zu Beginn mit Audienzbesuchern, auch die bunte Ballszene am Ende sind bewegte Bilder. Im Gegensatz dazu steht dazu die von Netzen, Stahlträgern, Tonnen und Müll übervolle Szene im Hafen. Dort sagt die Wahrsagerin vor brennender Tonne die Zukunft voraus. Müllsäcke sind nicht zuletzt der Hintergrund der Totenstätte für das Stelldichein von Amelia und Riccardo: eigentlich nur abstoßend häßlich, ohne einen Funken schauerlicher Romantik.
Cura führte die Figuren wenig: die Personen stehen oft teilnahmslos herum, nicht selten, ohne den Duettpartner überhaupt zu beachten.
Dalia Schaechters Ulrica ragt als schauspielerische Glanzleistung – leider stimmlich nicht unbedingt voll einnehmend, da die Tiefen fehlten – neben der stimmlich als lyrischer Koloratursopran glänzenden und, wie stets fabelhaft agierenden Claudia Rohrbach heraus. Sie ließ Cura als Frau, nicht als Mann auftreten und nivellierte damit die homoerotische Komponente zwischen Riccardo und seinem Pagen. Bruno Capronis Renato wirkte im Spiel schwerfällig und man möchte fast glauben, der großartige Sänger sei indisponiert gewesen. Eher unbeweglich agierte auch Ray M. Wade jr. Seine weiche Tenorstimme entsprach nicht der zu besetzenden Partie des Tenore lirico spinto. Besonders die Auftrittsarie wirkte, zumal die etwas holprige Ouvertüre fast schleppend vorausgegangen war, nicht überzeugend. Chiara Taigis Amelia hatte stimmliche Schärfen und Unebenheiten, darüber hinaus wirkte sie schauspielerisch kalt, besonders in der Sterbeszene, die den Zuschauer ebenfalls unberührt ließ. Ihre Stimme kam in dieser großen dramatischen Partie nicht an, doch wußte sie Anfang des dritten Aktes mit ihrer lyrischen Soloarie zu überzeugen. Ulrich Hielscher (Samuel), Timm de Jong (Tom) blieben – wie die anderen kleineren Rollen – blaß. Der Chor sang überzeugend und wurde zur dekorativ maskierten Ballgesellschaft, konnte sich jedoch kaum, wie auch die Solisten, aus den vom musikalischen Leiter vorgegebenen langatmigen Tempi, die kaum Esprit aufkommen ließen, befreien, zumal Dovico sehr laute, sängerunfreundliche dynamische Register bevorzugte.
Fazit
Ein eher enttäuschender als erleuchtender Opernabend, da die Protagonisten nebeneinander her nicht miteinander oder zueinander agierten und die Auswahl der Sänger für die drei Hauptpersonen nicht unbedingt glücklich zu nennen ist. Das Orchester hatte keine gute Führung. Auf der Bühne – ohne Dirigent – gab es eine reizende Ballmusik zum besten. Zudem wußten die Solisten unter den Holzbläsern sich und das Solocello seine Stärken jenseits des unsensiblen Dirigats zu behaupten. Ein mutiger Teil des Premierenpublikums buhte – zu Recht den Dirigenten aus. Kommentarlos hielten die Zuhörer jedoch Applaus für den mißglückten Regieeinstand von José Cura parat.

Felicitas Zink

Bild: Klaus Lefebvre
Bruno Caproni (Mitte) und der Chor der Oper Köln. Renato wird nach dem Attentat auf Graf Riccardo festgesetzt.

Veröffentlicht unter Köln, Bühnen der Stadt

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