HOFFMANNS WELT – Hof, Theater

von Roland Baumgartner (geb. 1955), Oper in zwei Akten, Libretto: Rainer Lewandowski, UA: 2011, Hof an der Saale

Regie: Uwe Drechsel, Bühne: Rudolf Rischer

Dirigent: Lorenz C. Aichner, Hofer Symphoniker, Opernchor Theater Hof, Choreinstudierung: Michel Roberge

Solisten: Marc Horus (E.T.A Hoffmann), Ingrid Katzengruber (Michalina Rorer-Trzcinska), Inga Lisa Lehr (Julia Mark), Thilo Andersson (Kapellmeister Kreisler), Stefanie Rhaue (Kater Murr), Thomas Rettensteiner (Ritter Gluck), Aki Yamamura (Olimpia), Chong Sun (Coppola), Marianne Lang (Apfelweib)

Besuchte Aufführung: 4. März 2011 (Uraufführung)

Kurzinhalt

Der todkranke Hoffmann liegt im Sterben und diktiert seiner Frau Michalina, die ihn pflegt, seine letzten Werke. Im Fieberwahn nehmen die Figuren seiner Dichtung Gestalt an: Ritter Gluck, Kapellmeister Kreisler, Wetterglashändler Coppola, Kater Murr, Lindhorst, das Apfelweib und die Puppe Olimpia. Am Anfang seiner Karriere schafft er sich mit einer Spottkantate wenig Freunde und wird strafversetzt. Er heiratet Michalina, aber die gemeinsame Tochter stirbt. In Bamberg kann er sich als Musikdirektor nicht lange halten, aber als Gesangslehrer verliebt er sich in seine Schülerin Julia. Auf einem Maskenball beleidigt er ihren Verlobten Graepel. Um sie zu vergessen geht er nach Berlin, wo er sich im Weinhaus Lutter & Wegner in Stimmung zum Komponieren bringt. Aber er wird immer kränklicher.

Aufführung

Um einen schräg stehenden Flügel; in den sich Hoffmann immer wieder zum Nachdenken zurückzieht, sammeln sich die dem Fieberwahn Hoffmanns entsprungenen Figuren: Die Rolle des Kreisler entwickelt sich zum selbstreflektierenden Spiegelbild Hoffmanns. Dazu gesellen sich Napoleon, ein Apfelweib, ein Ritter Gluck und Kater Murr. Und auch was Hoffmann in seinem Leben durchlitten hat findet seinen Platz: Die unglückliche Liebe zu einer Studentin oder die Strafversetzung nach Posen. Das Bühnenbild ist dabei einfach gehalten: Ein Ring von beweglichen Platten um besagtem Flügel läßt sich immer wieder neu durch Drehen oder Kippen aneinanderreihen, um Wände, Zugänge oder Fenster zu bilden. Die Handlungsorte bleiben dabei anonym unkonkret und müssen aus dem Text der Handlung erschlossen werden – soweit eine gewisse Textverständlichkeit gegeben ist. Videoprojektionen und plötzliche Lichtwechsel sorgen dabei für die entsprechende Atmosphäre.

Sänger und Orchester

Das hochmotivierte Hofer Ensemble trifft auf den eigenwilligen Kompositionsstil Roland Baumgartners. Für jeden der vielen Darsteller – die meisten haben daher nur einen oder zwei Kurzauftritte – zitiert der Komponist Roland Baumgartner einen Musikstil oder Musikrichtung. So erinnern die Arien des Katers Murr sehr an das Musical Cats. Stefanie Rhaue, am Haus für die schmissigen Operetten und Musicalarien zuständig, erledigte diese Aufgabe mit entsprechender Eloquenz. Miau! Marc Horus (der sich durch die Titelpartie stemmt), sein Spiegelbild Kreisler (Thilo Andersson kann die Rolle als Tenorbuffo mit spielerischer Leichtigkeit gestalten) und Hoffmanns Gattin Michalina (Ingrid Katzengruber kann sich stimmlich im Forte austoben) stehen für eine Mischung aus Mozart und minimalen Expressionismus. Inga Lisa Lehr als seine geliebte Julia kann ihre große Arie im zweiten Akt sehr melodiös und nachdenklich gestalten. Mit ihrem jugendlichen Sopran zeigte sie auch eine romantisch verhaltende Durchschlagskraft. Thomas Rettensteiner war der mitreißende Bariton, wie immer ausdrucks- und durchschlagsstark, der aber mit Ich bin der Ritter Gluck nicht viel zu sagen hatte. Marianne Lang, die Grande Dame des Hofer Theaters, mußte das Apfelweib als Kräuterhexe anlegen: Weniger musikalisch als vielmehr heiser kichernd.

Lorenz C. Aichner und die Hofer Symphoniker sind über weite Strecken der Qualität der Partitur auch gestalterisch weit überlegen. Allerdings schleichen sich wegen dieser Unterforderung manchmal Ungenauigkeiten ein.

Fazit

Einige überzeugende Arien des Hauptdarstellers Hoffmann und zwei liebevoll-harmonische Duette mit seiner geliebten Julia können weder über das wenig mitreißende Textbuch, die dramaturgisch ungeschickt gestraffte Handlung und den seltsam anmutenden musikalischen Brei der verschiedenen Musikstile hinweghelfen. Einzig die hochmotivierte Leistung aller Darsteller und das bestens auf die unterschiedlichen Musikstile vorbereitete Orchester konnte völlig zu Recht das Publikum zu Beifallsstürmen bewegen. Die Bravorufe für Komponist und Librettist stammten jedoch vornehmlich aus der mitgereisten Entourage. Das Ergebnis war ein allenfalls unterhaltsamer musikalischer Abend. Ob sich dieses als Oper titulierte Werk im Opernbetrieb etablieren wird, scheint zweifelhaft.

Oliver Hohlbach

Bild: SFF Fotodesign

Das Bild zeigt: Chong Sun (Coppala), Karsten Schröter (Medardus/Cuno), Chorherren, Thilo Andersson (Kreisler), Aki Yamamura (Olimpia), Marianne Lang (Apfelweib), vorne: Marc Horus (E.T.A. Hoffmann), sowie weitere Mitglieder des Opernchores

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