NORMA – Zürich, Opernhaus

von Vincenzo Bellini (1801-1835), tragische Oper in zwei Akten, Libretto: Felice Romani

UA: 1831, Mailand, Teatro alla Scala

Regie: Robert Wilson/Gudrun Hartmann, Bühne: Robert Wilson/Stephanie Engeln, Kostüme: Moidele Bickel, Licht: Robert Wilson/Aj Weissbard/Hans-Rudolf Kunz

Dirigent: Paolo Carignani, Orchester und Chor, Choreinstudierung: Ernst Raffelsberger

Solisten: Elena Mosuc (Norma), Michelle Breedt (Adalgisa), Liuba Chuchrova (Clotilde), Roberto Aronica (Pollione), Giorgio Giuseppini (Oroveso), Michael Laurenz (Flavio)

Besuchte Aufführung: 3. März 2011 (B-Premiere)

Kurzinhalt

Die Ereignisse spielen im ersten Jahrhundert v. Chr. Die Priesterin Norma erinnert an die altgriechische Medea. Ihr Vater Oroveso ist das Oberhaupt der Druiden. Die junge Frau hat sich der Keuschheit verpflichtet. Heimlich bricht aber Norma ihren Eid, da sie sich auf den römischen Befehlshaber Pollione einläßt. Von ihm bekommt sie zwei Kinder. Die Gallier warten auf Normas Aufruf zum Kampf gegen die Besatzer. Doch Norma handelt aus Liebe zu Pollione und deutet die Aussagen der Göttin, die Kampf gegen die römische Besatzung forderte, ihren eigenen Interessen nach um. Pollione hält sich nicht an das Treueversprechen und verliebt sich in Adalgisa, Novizin und Freundin Normas. Adalgisa weiß nichts von den Geheimnissen Normas, nichtsahnend offenbart sie dieser ihren Seelenschmerz. Daraufhin schwört die Priesterin Rache und entschließt sich, ihre eigenen Kinder zu töten. Als die Mutterliebe siegt und Pollione sich nicht von Adalgisa lossagt, ruft Norma das Volk zum Kampf auf. Pollione fällt in die Hände der Gallier. Widererwarten bekennt sie ihr Vergehen und geht selbst in den Tod. Von Normas Heldentum überwältigt und erneut in Liebe entbrannt, folgt ihr Pollione in den Tod.

Aufführung

Das Bühnenbild, losgelöst vom Geschehen, wird von Licht und Farben bestimmt. Hin und wieder erscheinen verschiedenartigen Lichtkörper oder abstrakte geometrische Figuren. Ihre Lage wird nur sehr langsam verändert. Die vielen illusionistischen Bilder und Choreographien der wie versteinerten Protagonisten erzeugen den Eindruck des Schwebens. Das Licht hebt den gleichbleibenden Gesichtsausdruck und die gestreckten Hände der Akteure hervor. Es entsteht Freiraum zur Entfaltung der Musik Zu den abstrakten Bildern kommen wiederkehrend hochwirksame keltische mythologische Gestalten hinzu. Einige Figuren – ganz in weiß – bewegen sich im Schneckentempo über die Bühne, darunter sind ein überlebensgroßer Löwe und andere Tiergestalten.

Im zweiten Akt schmückt den Schauplatz eine große und innen glänzende Höhle, die sich bald teilt. Diese selbständigen Teile kreisen am Boden herum und reflektieren das Licht durch den einseitigen metallischen Glanz. Es gibt während der Aufführung auf der Bühne zeitlich sehr lange Abschnitte, die optisch und inhaltlich dem Publikum wenig bieten, manche Handlungen bleiben unverständlich wie beispielsweise, daß die Knaben nicht im Bett, sondern am Boden kniend schlafen. Norma scheint ohne Pollione schließlich alleine ins Feuer des Scheiterhaufens zu schreiten.

Sänger und Orchester

Das Orchester der Oper Zürich zeigte sein Können mit sanfter Linienführung, genauer Intonation, Zurückhaltung des Klanges und einer vortrefflichen musikalischen Einheit. Die Chöre und das Solistenensemble traten mit einer spürbaren Hingabe und perfekter klanglicher Treffsicherheit auf. Eine solistisch und spielerisch elegante Elena Mosuc (Norma) zeigte ihren weichen Stimmklang, ihre elastische wellenartige Dynamik und ihr Geschick, die weiten Passagen der langen Kantilenen gefühlvoll zu singen. Hierfür kann die anspruchsvolle Casta diva – Keusche Göttin ein Beispiel sein (1. Akt). Michelle Breedt (Adalgisa) bewies ebensoviel Geschick mit einem etwas dunkleren und dramatischeren Farbton in ihrer Stimme. Die Duette der beiden Sängerinnen im zweiten Akt sind besonders kunstvoll und beeindruckend vorgetragen worden. Eine fügsame und kluge Clotilde war in der stimmlich kühnen Liuba Chuchrova zu erleben. Die sonst starke und scharf klingende Stimme des Roberto Aronica (Pollione) zeigte sich etwas geschmeidiger im Duett In mia man alfin tu sei Endlich habe ich dich in meiner Hand mit Elena Mosuc (2. Akt). Giorgio Giuseppini (Oroveso) präsentierte seine große und einschlägige Stimme. Michael Laurenz war sanft und angenehm in seiner stimmlichen Darstellung des Flavio.
Fazit
Die Norma wurde in Zürich mit Begeisterung aufgenommen. Den meisten Applaus ernteten die Sängerinnen der Rollen Norma und Adalgisa. Die präzise Führung des Dirigenten Paolo Carignani fruchtete mit einem perfektionistisch einfühlsamen Orchesterklang, klangstarken Chornummern und meisterhaftem Gesang. Die statisch wirkende Inszenierung gab dem Publikum die Möglichkeit, ihren eigenen Gedanken in die Welt dieser Oper nachzusinnen.

Ruta Akelyte Hermann

Bild: Suzanne Schwiertz

Das Bild zeigt: Roberto Aronica (Pollione), Michelle Breedt (Adalgisa), Elena Mosuc (Norma) v.l.n.r.

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