LE COMTE ORY – GRAF ORY – Zürich, Opernhaus

von Gioachino Rossini (1792-1868), Oper in zwei Akten, in französischer Sprache, Libretto: Eugène Scribe und Charles-Gaspard Delestre-Poirson, UA: 1828, Paris, Opéra Salle de la rue Le Peletier,

Regie: Moshe Leiser/Patrice Caurier, Bühne: Christian Fenouillat, Kostüme: Agostino Cavalca, Licht: Martin Gebhardt, Christophe Forey

Dirigent: Muhai Tang, Orchester La Scintilla und Chor der Oper Zürich, der Oper Zürich, Zusatzchor, Choreinstudierung: Jürg Hämmerli

Solisten: Cecilia Bartoli (La comtesse Adèle), Rebeca Olvera (Isolier), Liliana Nikiteanu (Ragonde), Teresa Sedlmair (Alice), Javier Camarena (Le Comte Ory), Oliver Widmer (Raimbaud), Carlos Chausson (Le Gouverneur), u.a.

Besuchte Aufführung: 27. Januar 2011 (B- Premiere)

Kurzinhalt

Solange die Männer des Landes im Krieg in Palästina verweilen, nutzt Graf Ory die Lage zu seinem Vorteil und Vergnügen. Verkleidet als Eremit verläßt er sein Schloß um den Frauen und Mädchen nachzustellen, vor allem aber der Witwe Gräfin Adèle. Der Page Isolier verrät dem Eremiten seine Leidenschaft zur Gräfin Adèle wie auch seinen Plan, als Nonne verkleidet in ihr Schloß einzudringen. Diese Idee findet Graf Ory sehr gut und setzt sie in die Tat um in Begleitung seines ritterlichen Gefolges. Diesmal als Nonne verkleidet, bittet er für sich und die Pilgerinnen um Obdach im Schloß der Gräfin während eines starken Gewitters. Im Schloß stellen sie sich fromm und plündern den Weinkeller. Isolier gelangt ebenso in das Schloß und deckt die List des Grafen auf. Glücklicherweise kehren die Krieger aus Palästina zurück und treffen rechtzeitig ein. Graf Ory und sein Gefolge fliehen. Isolier darf aber im Schloß bei seiner geliebten Gräfin Adèle bleiben.

Aufführung

Die mit Antiquitäten eingerichtete Bühne stellt das Frankreich der frühen 1960er Jahre dar, die Zeit des Algerienkriegs. Im Vordergrund rechts steht ein mit roten Farben in Hochglanz eingerichteter Wohnwagen, in dem der Eremit die Frauen anhört und sie glücklich macht. Links im Vordergrund stehen ein Misthaufen und ein Schubkarren. Dahinter befindet sich ein recht hoher Zaun und in der Mitte eine Treppe. Hinter dem Zaun kommen hin und wieder die Schauspieler in einem aufpolierten Oldtimer vorbei gefahren. Im Hintergrund links ist das Bild des großen Schlosses zu sehen, rechts die Einsiedelei. Im zweiten Akt ist die Bühne in ein großes Schloßzimmer verwandelt, dessen Einrichtung bis ins kleinste Detail ausgearbeitet ist. Die bunten Kleider und anmutigen Gesichter zieren zusätzlich das Arrangement. Eine besondere Augenweide sind so manche Einzelheiten, wie die weißen lockeren Strümpfe auf muskulösen Männerbeinen in Frauengewändern oder die Kaffeetassen und die Blumenwände im Schloßzimmer, außerdem ein die Nachricht im Schnabel überbringender Vogel.

Sänger und Orchester

Das Orchester La Scintilla spielte auf historischen Instrumenten mit einem Klang, der sich dem Gesang wunderbar anpasste. Die Choreinsätze glänzten von guter Aussprache und Wohlklang. Im Kern des Sängerensembles waren weltbekannte Solisten zu bewundern. Den unendlich verliebten und leidenden Knaben hat Rebeca Olvera (Isolier) leidenschaftlich temperamentvoll hervorgebracht. Sie hatte es nicht schwer, solche Gefühle der Rolle ihrer Angebeteten Adèle zu offenbaren. Bühnenpräsenz, Stimme und Spiel von Cecilia Bartoli (Adèle) war vollkommen. Sie hat wieder einmal die Leichtigkeit ihres Gesanges und die akkuraten Koloraturen mit gefühlvollem Pianissimo, perfekter Atemtechnik und schimmerndem Staccato zur Schau gestellt. Javier Camarena (Graf Ory) funkelte mit seinem durchringend glänzenden Tenor und brachte das Publikum in der Rolle des stets verkleideten Grafen zum Lachen. Bezaubernde Koloraturen brillierten dreifach am Ende der Schmuseszene zwischen Isolier, dem Grafen Ory und Gräfin Adèle im Terzett À la faveur de cette nuit obscure – Im Schutz dieser dunklen Nacht (2. Akt). Liliana Nikiteanu (Ragonde) bewältigte mit ihrer starken Stimme die bedeutende Rolle als die rechte Hand der Gräfin. Oliver Widmer (Raimbaud) meisterte seine lange Koloraturpassagen vorzüglich und zeigte stimmlich wie auch schauspielerisch Qualitäten in der Arie Dans ce lieu solitaire An diesem einsamen Ort­. In der Arie Veiller sans cesse Unablässig auf der Hut sein (1. Akt) sang Carlos Chausson (Le Gouverneur) beeindruckte mit starken tiefen Tönen.

Fazit

Diese Züricher Aufführung von Graf Ory ist wahrscheinlich eine der reizvollsten Komödien, die man sich denken kann. Kaum wird man sie übertreffen können. Deshalb gab es immer wieder stürmischen Beifall.

Ruta Akelyte Hermann

Bild: Jef Rabillon

Das Bild zeigt: Javier Camarena (Le Comte Ory) li., Cecilia Bartoli (La comtesse Adèle) re.

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