IRRELOHE – Bonn, Oper

von Franz Schreker (1878-1934 ), Oper in drei Aufzügen nach einem Text des Komponisten, UA: 27. März 1924 Köln

Regie: Klaus Weise, Bühne: Martin Kukulies, Kostüme: Fred Fenner, Licht: Thomas Roscher

Dirigent: Stefan Blunier, Beethoven Orchester Bonn, Chor des Theaters Bonn, Einstudierung: Sibylle Wagner, Solisten: Roman Sadnik (Heinrich, Graf von Irrelohe), Ingeborg Greiner (Eva), Daniela Denschlag (Lola), Mark Morouse (Peter), Mark Rosenthal (Christobald), u.a.

Besuchte Aufführung: 7. November 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Auf Schloß Irrelohe liegt ein Fluch. Seit sich ein Ahnherr mit einer Nixe eingelassen hat, glaubt jeder männliche Nachkomme, die Bräute des umliegenden Dorfes in der Hochzeitsnacht vergewaltigen zu müssen. Vor dreißig Jahren widerfuhr das Schankwirtin Lola, einst jung und schön, vor aller Augen. Sie wurde schwanger und bekam einen Sohn, Peter, der seinen Vater nicht kennt. Christobald, der einstige Bräutigam Lolas, legt seit dem Verbrechen jedes Jahr ein Feuer. Graf Heinrich, der junge Schloßherr, und der im Dorf lebende Peter, der in Wahrheit sein Halbbruder ist, haben sich beide in Eva, die Tochter des Försters, verliebt. Sie entscheidet sich für Heinrich. Peter wendet sich mit Gewalt gegen seinen Rivalen. Noch während der Hochzeit kommt es zum Zweikampf, in dem Peter stirbt. Am Ende steht Schloß Irrelohe in Flammen, und der Fluch ist gebrochen.

Aufführung

Während des Vorspiels hebt sich der Vorhang. Zu sehen ist eine kleine Schänke im Vordergrund, Männer trinken Bier, eine Jukebox steht an der Seite, im Hintergrund sind durch das große Fenster des Gastzimmers Lastwagen auf einem düsteren Parkplatz zu sehen. Alles liegt im Dunkeln. In der Wirtschaft hantieren Peter und Lola mit Gegenständen, und man assoziiert einen osteuropäischen Ort mit der Szene. Im Verlauf erweitert sich der Bühnenausschnitt und im Hintergrund erscheint eine stilisierte Schloßfassade, gespenstisch, mit hohen schmalen Fenstern. Dort werden am Ende die Flammen hervorzüngeln. Der zweite Akt spielt im Innern des Schlosses, wo es hell ist: Graf Heinrich hält weiße Blumen für Eva bereit, ein stilvolles Luxusauto wirkt als eleganter Kontrast zu den vorher gesehenen klobigen Fahrzeugen. Im dritten Akt spielt vor dem Schloß die Hochzeitsszene, mit roten Fahnen versehen, bunt von Menschen in blumig-bunten bäuerlichen Kostümen. Sie blicken am Ende verwirrt auf das dampfend brennende Schloß, während das Brautpaar befreit vom Fluch glücklich vereint ist.

Sänger und Orchester

Bonns Generalmusikdirektors Stefan Blunier gilt als Spezialist für die expressionistische Musik des frühen 20. Jahrhunderts, wie er es bereits mit Paul Hindemiths Cardillac und Johann Wolfgang Korngolds Die tote Stadt eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat. Bluniers Erfahrung war der guten Aufführung deutlich anzumerken. Schrekers Oper erinnert im Verlauf immer stärker an Richard Strauss. Vor allem kommentiert sie, wie im Film, die Gefühlswelten der Protagonisten, schwebt zwischen filigranen und leisen Klängen und aufbrausenden, jedoch nie wirklich laut werdenden emotionalen Wallungen. Blunier ließ die Musik in ihrer schillernden Besetzung wirken, ohne auf bloße Lautstärke zu setzen, was natürlich vor allem den Sängern zugute kam und in den Vor- und Zwischenspielen die Spannung der Kafkaesken Geschichte aufrecht erhielt. Unter den allesamt sehr gut agierenden Sängern gefiel der lichte und in den Höhen sicher geführte Sopran von Ingeborg Greiner als Eva besonders. Roman Sadnik spielte den seine Wollust bezwingenden Grafen Heinrich hervorragend, schwächelte jedoch in den oberen Lagen seiner Partie. Daniela Denschlag als Lola, wie Mark Morouse als Peter verliehen ihren Gesangsrollen musikalisch gelungen Gestalt und wirkten in ihren Rollen als traumatisierte Charaktere ausdrucksstark. Mark Rosenthal paßte sowohl mit seinem Tenor bestens zur Verkörperung des harmlos wirkenden, jedoch zwielichtigen Christobald.

Fazit

Die Aufführung nahm durch ihre eindringliche, aber nicht aufdringliche Umsetzung der Partitur durch Stefan Blunier ein. Die Sänger sangen ihre nur wenig eingängigen Partien durchweg überzeugend, ohne aber, bis auf Ingeborg Greiner, herauszuragen. Alle Mitwirkenden waren hervorragende Darsteller. Klaus Weise setzte klar und in gelungenen Bildern die düstere Welt des fluchbeladenen Schlosses und der dem Schicksal ergebenen Bevölkerung um, nicht zuletzt dank des großartigen Bühnenbilds von Martin Kukulies. Nicht unerwähnt sollte bleiben, daß das Bonner Theater eine CD-Aufzeichnung der selten gespielten Schreker-Oper machte. Es ist eine Ersteinspielung! Es fehlt jetzt nur noch eine DVD.

Felicitas Zink

Bild: Theater Bonn/Thilo Beu

Das Bild zeigt: Schloss Irrelohe brennt. Die Bevölkerung (Ensemble) im Vordergrund rechts Ingeborg Greiner (Eva) kann es nicht glauben.

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