DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG – Leipzig, Oper

von Richard Wagner (1813-1883), Oper in 3 Aufzügen, Libretto: Richard Wagner, UA: 21. Juni 1868, München

Regie: Jochen Biganzoli, Bühne: Helmut Brade, Kostüme: Heike Neugebauer

Dirigent: Axel Kober, Gewandhausorchester; Kinder-, Jugend- und Zusatzchor der Oper Leipzig

Solisten: Wolfgang Brendel (Hans Sachs), James Moellenhoff (Kunz Vogelgesang), Jürgen Kurth (Konrad Nachtigall), Dietrich Henschel (Sixtus Beckmesser), Tuomas Pursio (Fritz Kothner), Timothy Fallon (Balthasar Zorn), Keith Boldt (Ulrich Eisslinger), Tommaso Randozzo (Augustin Moser), Tomas Möwes (Hermann Ortel), Zoltán Nagy (Hans Schwarz), Miklós Sebestyén (Hans Foltz), Stefan Vinke (Walther von Stolzing), Dan Karlström (David), Meagan Miller (Eva), Karin Lovelius (Magdalene), Roman Astakhov (Nachtwächter)

Besuchte Aufführung: 9. Oktober 2010 (Premiere)

Kurzinhalt

Walther von Stolzing und Eva sind ineinander verliebt. Doch Evas Hand kann nur derjenige gewinnen, der beim Wettsingen als Sieger hervorgeht. Stolzing will natürlich den Preis, nämlich Eva, für sich gewinnen und nimmt am Probegesang teil. Beckmesser aber, der auch ein Auge auf Eva geworfen hat, kreidet als Prüfer Stolzings Gesangsfehler nach der Meistersinger-Tabulatur genußvoll an. Alle Meistersinger bis auf Hans Sachs sind der Meinung, daß Stolzing nicht bestanden habe. Heimlich treffen sich Eva und Stolzing, und Hans Sachs nimmt den Ritter zu sich auf, während es auf der Straße zu einer tumultartigen Prügelszene kommt. Sachs lehrt Stolzing, wie er einen Traum, welchen er in der Nacht zuvor hatte, zu einem Meisterlied gestalten kann. Am Tag des Wettsingens erntet Beckmesser mit seinem Lied, dessen Strophen von Stolzing stammen und die er bei Hans Sachs gefunden hat, nur Häme und Spott. Allein Stolzings Interpretation findet Zuspruch und er gewinnt unter dem Jubel des Volkes seine geliebte Eva.

Aufführung

Die Jubiläums-Produktion zum 50-jährigen Bestehen der Oper Leipzig unterscheidet sich bezüglich der Inszenierung erheblich von der Meistersinger-Produktion des Jahres 1960, mit der seinerzeit die Oper eröffnet worden ist. Kamen 1960 klassische Ausstattungselemente und Kostüme zum Einsatz, so dominiert in der aktuellen Inszenierung in den ersten beiden Akten eine grüne Stellwand den Hintergrund, in der die modern gewandeten Akteure singen. Im Verlauf der Oper klappen von den Stellwänden Parolen und Vorschriften herunter, die z. T. die Texte des Librettos wiederspiegeln. In der Festspielwiesen-Szene wandelt sich das Bühnenbild zu einem großen Spiegel im Hintergrund, der den Zuschauerraum wiedergibt und einer Tribüne von Bühnengästen, wobei Fahnen mit der Aufschrift 50 im Zuschauerraum gehisst werden, als Reminiszenz an das Opernjubiläum. Zuvor marschieren u. a. DDR-Protagonisten auf der Bühne auf, Hans Sachs signiert ein Buch und er wird in eine Hakenkreuzfahne eingehüllt, als Symbol seiner Vermarktung und der Ideologieeinspannung im Dritten Reich.

Sänger und Orchester

Wolfgang Brendel bietet einen veritablen Hans Sachs. Sein geschmeidiger Bariton läßt das Was duftet doch der Flieder zart erblühen und dem Verachtet mir die Meister nicht verleiht er durch akzentuierte Stimmführung die notwendige Eindringlichkeit, die dazu von seinem respektablen Stimmvolumen unterstützt wird. Der Walther von Stolzing von Heldentenor Stefan Vinke atmet lyrische Leichtigkeit, gepaart mit dramatischer Phrasierung. Sein Preisleid, eingebettet in warm timbrierte Höhen, gerät zu einem mitreißenden Meisterstück. Baß James Moellenhoff (Veit Pogner) beeindruckt im Das schöne Fest mit eindrucksvoller Mittellage, die auch viel Raum für eine lupenreine Intonation in der Tiefe läßt. Meagan Miller setzt in ihrer Rolle als Eva durch ihr glühendes Pulsieren in den Höhen starke Akzente. Der Beckmesser von Bariton Dietrich Henschel ist in der Phrasierung gekonnt karikierend umgesetzt. Hervorzuheben seien vor allem noch die stimmliche Leistungen von Tuomas Pursio (Fritz Kothner) und Dan Karlström (David). Das Gewandhausorchester unter Axel Kober steigert sich von der unkonzentriert vorgetragenen Ouvertüre bis zum dritten Akt hin merklich.

Fazit

Die Inszenierung ist in großen Teilen inspirationslos und weist leider zu wenig Dynamik im Bühnengeschehen auf. Durch die der Oper innewohnenden szenischen Längen wünscht man sich entweder eine der Partitur gerechte klassische Ausstattung, in der das Auge in Details schwelgen kann oder überhaupt einige zündende Umsetzungen in die Moderne. Einzig die gute Leistung der Sänger und der Musiker lassen ein wenig Feststimmung aufkommen. So wurde zum Jubiläum statt spritzigem Sekt nur schale Schorle geboten – Schade!

Dr. Andreas Gerth

Bild: Andreas Birkigt

Das Bild zeigt: Der erste Akt der Oper endet in einem Tumult der Meister.

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