HERZOG BLAUBARTS BURG – Karlsruhe, Badisches Staatstheater

Oper in einem Aufzug von Béla Bartók, Text von Béla Balázs, deutsche Übersetzung: Wilhelm Ziegler, UA: 24. Mai 1918, Königliches Opernhaus, Budapest
Regie: Achim Thorwald, Bühne: Christian Floeren, Kostüme: Mara Fiek
Dirigent: Justin Brown, Badische Staatskapelle, Statisterie des Badischen Staatstheaters
Solisten: Stefan Stoll (Herzog Blaubart), Sabina Willeit (Judit), Achim Thorwald (Sprecher des Prologs)
Besuchte Aufführung: 25. April 2010 (Premiere)

Kurzinhalt
Judit hat Familie und Verlobten verlassen, um dem mysteriösen Herzog Blaubart auf seine Burg zu folgen. In der naßkalten Finsternis des Schlosses angekommen,  will Judit durch das Öffnen sieben verschlossener Türen das triste Gemäuer mit Leben füllen. So öffnet sich der ahnungslosen Liebenden Blaubarts Vergangenheit: Folter- und Waffenkammer, blutbeschmierte Reichtümer, ein Zaubergarten. Bei der letzten Tür wird sie von der Gegenwart eingeholt: Ihr begegnen die  früheren Frauen Blaubarts, denen sie sich als vierte und letzte anzuschließen hat.
Aufführung
Die Inszenierung nähert sich mit sehr sparsamen Mitteln dem Werk Bartóks an. Sieben weiße Türen bilden einen Halbkreis auf der Vorderbühne, flankiert von zwei Projektionsflächen, auf denen sich das Innere der jeweils geöffneten Räume verbildlicht. Die Kostüme der beiden Protagonisten sind einfach gehalten: eine ganz in unschuldsweiß gewandete Judit steht einem Blaubart in schwarzer Ledermontur gegenüber. Beim Öffnen der Folterkammer erscheint ein Breughel-Gemälde, das beim Entdecken des Blutes mit der restlichen Bühne in rotes Licht getaucht wird. So sind es hauptsächlich Farben, gelb bei der Abbildung der weiten Landschaft, blau beim Tränensee, die Assoziationen schaffen. Abgesehen von einigen Umarmungen und Küssen ist das Bühnengeschehen eher statisch.
Sänger und Orchester
Bereits in der ersten Szene dieser in deutscher Sprache stattfindenden Aufführung zeichnet sich Stefan Stoll (Blaubart) durch pentatonische Reihen und Intervallrepetitionen aus. Diese hart und resolut angelegte Passage Judit, folgst du mir noch immer? – Judit, jössze még utánam? ist lyrisch angehaucht, was diesen Blaubart in Lack und Leder stimmlich eher als Schaf im Wolfspelz scheinen läßt. In starkem Kontrast erklingt die mit dolce überzeichnete Passage Sabrina Willeits (Judit) Ich komme, ich komme, Blaubart –Megyek, megyek, Kékszakállú. Die akkordisch angereicherten Intervalle bringen die emotionale Tiefe dieser Rolle eindrucksvoll zur Geltung. Judits Bedrückung zeigt sich in den flüsternd-anmutenden Achtelketten der Streicher bei ihren Worten Dies ist also Blaubarts Burg – Ez a kékszalállú vára!. Als sie darum bittet, die kalten Gemäuer mit Leben zu füllen, gelingt ihr mit stimmlicher Sicherheit das über acht Takte gezogene Herzog BlaubartKékszakállú!. Insbesondere in der Tiefe kommt die schwermütige Klangfarbe ihrer Stimme zum Tragen. Erst im Fortissimo-Bereich nimmt eine gewisse Schärfe in den Spitzen überhand. Angsteinflößend ertönt das sanft vom Chor intonierte, langgezogene Seufzen des nächtlichen Windes Weh! – Jaj!, so steht es in der Partitur. In dieser Inszenierung wird dem Zuschauer lediglich ein Klagelaut aus dem Lautsprecher geboten. Das Orchester interpretiert unter Justin Brown plastisch mit Xylophon- und gestoßenen Harfenklängen die erste geöffnete Tür (Folterkammer). Ebenso malerisch mischt sich das Klarinettensolo unter Judits Ausruf Deine Burg blutet! – A te várad vérzik!. Das an das Öffnen der Waffenkammer folgende Judit, Judit! wird von einer sonoren Violoncellopassage untermalt, das sich ebenso filigran beim Siehst du? Siehst du?Látod? Látod? in der Violine fortsetzt. Wie sich der Schein der Blumenpracht zu jenem der Schatzkammer gesellt, bringen die orchestralen Klangfarben von Horn, Klarinette etc. fühlbar zu Gehör. In majestätischer Akkordfolge des Orchesters gelingt der Ausblick auf die Landschaften Blaubarts. Dieser selbst verleiht seiner Rolle den entsprechend herrschaftlichen Ton, der in der Tiefe jedoch sehr atemdurchdrungen und etwas substanzlos scheint. Die Stimmung der unabwendbaren Finsternis fasst Stoll dann sanglich eindrucksvoll in seinen letzten Worten Nacht bleibt es nun ewig – Ès mindég is éjjel leszmár.
Fazit
Vorausgegangen war der Oper Janáčeks Tagebuch eines Verschollenen, ein in Szene gesetzter Liederzyklus für zwei Singstimmen, kleinen Chor und Klavier. Eine kuriose Kombination zweier sich wenig gleichender Werke. Als Zuhörer sollte man jedenfalls Aufgeschlossenheit mitbringen, dann ist dieser Abend auf alle Fälle musikalisch zu genießen.

Daniel Rilling

Bild: Jochen Klenk
Das Bild zeigt: Sabina Willeit (Judit), Stefan Stoll (Herzog Blaubart)

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