Paris, Palais Garnier – IDOMENEO

von Wolfgang Amadeus Mozart, Dramma per musica in drei Akten, Libretto: Giambattista Varesco nach Idoménée (Antoine Danchet)
Regie: Luc Bondy, Bühne: Erich Wonder, Kostüme: Rudy Sabounghi, Licht: Dominique Bruguière
Dirigent: Philippe Hui, Orchester und Chor der Opéra national de Paris, Chorleinstudierung: Alessandro di Stefano
Solisten: Charles Workman (Idomeneo), Vesselina Kasarova (Idamante), Isabel Bayrakdarian (Ilia), Tamar Iveri (Elettra), Lothar Odinius (Arbace) u.a.
Besuchte Aufführung: 1. Februar 2010 (Wiederaufnahme von 2006, Koproduktion mit Mailänder Scala/Teatro Real, Madrid)

Kurzinhalt
paris-ganier-idomeneo.jpgDie Tochter des Trojanischen Königs Priamos, gefangen in Kreta, liebt Idamante, den Sohn des griechischen Königs Idomeneo. Ein Seesturm verhindert die Landung des Schiffes, auf dem Idomeneo aus Troja heimkehrt. In seiner Verzweifelung verspricht Idomeneo Gott Poseidon, daß er ihm den ersten Menschen, den er an Land antrifft, opfern werde. Nach geglückter Rettung sieht er als ersten Menschen seinen Sohn Idamante. Um seinem Gelübde aus dem Weg zu gehen, will er Idamante zusammen mit Elettra nach Argos schicken, um dort die Rechte der Königstochter Elettras auf den Thron geltend zu machen. Doch es entsteht ein Gewittersturm und ein Ungeheuer steigt aus dem Meer. Die Abfahrt wird so verhindert. Idamante will den Kampf mit dem Ungeheuer aufnehmen. Doch der Oberpriester fordert von Idomeneo, daß er den Namen des Opfers preisgibt, womit Poseidon und das Ungeheuer versöhnt werden würden. Idomeneo erklärt Idamante als das Opfer. Doch bevor Idomeneo seinen Sohn enthauptet, will Ilja für Idomeneo sterben. Plötzlich ruft eine unterirdische Stimme: Idomeneo solle abdanken und Idamante solle den Thron übernehmen. Man befolgt diese Aufforderung.
Aufführung
Der ganze Hintergrund wird vom Meer und dem Himmel eingenommen. Meer und Himmel verändern sich entsprechend der Szene in Wellengang und Wolkenbildung. Das Meerufer fällt vom Meer schräg zur Rampe ab. Der Strand zeigt links vom Zuschauer Steine und Felsbrocken, rechts ist er sandig und zieht sich um den Orchestergraben bis zu den vorderen Zuschauerreihen herum. Das Bühnebild bleibt so von Anfang bis Ende, nur die Lichtregie taucht es in verschiedene grau-blaue bis schwarze Farben.
Die Kostüme entsprechen der dunklen Bühnenfarbe: die Kreter und Trojaner sind in lange Kleider, meist in Mäntel gekleidet. Elettra ist ganz in schwarze Kleidung gehüllt. Die Trojanische Prinzessin Ilja trägt ein weißes Plisset-Kleid, der Königssohn Idamante zeigt sich in einem Anzug aus dunkelblauem Stoff, darüber ein dunkelblauer Mantel. Idomeneo, der König der Kreter, kommt in langem Mantel, darunter Hose und Hemd, alles in rotbrauner Farbe daher. Am Hüftgürtel hängt ein langer, krummer Säbel. Die Kostüme blieben bis zum Ende unverändert.
Sänger und Orchester
Isabel Bayrakdarian (Ilia) setzt ihren starken Sopran gegenüber dem sie oft übertönenden Orchester mit Verve durch. Ihre Spitzentöne sind ein wenig forciert und die Intonation in den Höhenlagen ab und zu unausgeglichen. Über die Arie Zeffiretti lusinghieri – schmeichelnde Südwinde (3. Akt) notierte Mozart Grazioso. Doch Philippe Hui nimmt das Tempo allegretto, das wenig Anmut aufweist. So konnten die schnelleren Noten, die den sanften Südwind lautmalerisch darstellen, durch Frau Bayrakdarian nur wie eine Bö dargestellt werden. Im Vorfeld der Aufführung hatte Emmanuelle Haïm, ausgewiesene Barockspezialistin, ihr Dirigat nach einigen Proben niedergelegt, da sie mit der Zahl der vorgesehenen Proben nicht ihre Vorstellungen verwirklichen konnte. Das Orchester zeigte leider aus diesem Grund wohl keine ausgewogene Leistung, was häufig an den Nahtstellen von Rezitativ und Arie zum Vorschein kam. Mit unausgeglichener Dynamik enttäuscht Vesselina Kasarova (Idamante), die mit ihrer großvolumigen Mezzostimme seit vielen Jahren auf allen Bühnen der Welt bekannt ist. Ihre Intonation ist dagegen tadellos. In einem Brief (15. November 1780) an seinen Vater hob Mozart hervor, daß die Arie Fuor del mar – dem Meer entronnen des Idomeneo (2. Akt) hervor, daß sie die schönste der ganzen Oper seyn wird. Charles Workman (Idomeneo) zeigt dies, indem er diese Arie mit geschmeidiger, kraftvoller Stimme, wohldosierter Atemtechnik, intonations- und koloratursicher so singt, daß es eine Freude war. Diese Arie bildet den Höhepunkt der Aufführung und ist ein Lichtblick im tristen Bühnenbild. Die Zustimmung des Hauses erfolgt mit großem Applaus.
Fazit
Ein Einheitsbühnenbild für Idomeneo, geschrieben als große Karnevalsoper für Kurfürst Karl Theodor, ist dann doch zu schmal bemessen, um die Vorstellung Mozarts auch für den heutigen Zuschauer umzusetzen. Es ist anzunehmen, daß auch die Sänger nicht gerade davon begeistert waren. Die Aufführung ist eine Wiederaufnahme aus dem Jahre 2006 der Ära Mortiers.
Dr. Olaf Zenner

Bild: Opéra national de Paris/ Franck Ferville
Das Bild zeigt: Charles Workman (Idomeneo), Vesselina Kasarova (Idamante), Isabel Bayrakdarian (Illia) und Tamar Iveri (Elettra)

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