La Traviata – Festival Arena di Verona 2022

von Giuseppe Verdi (1813-1901) Oper in drei Akten, Libretto: Francesco Maria Piave, UA: 6. März 1853 Venedig, Teatro La Fenice

Regie: Franco Zeffirelli, Kostüme: Maurizio Millenotti, Choreographie: Giuseppe Picone, Licht: Paolo Mazzon

Dirigent: Marco Armiliato, Orchester, Chor und Ballett des Festivals Verona, Chordirektor: Ulisse Trabacchin, Ballettcoodinator: Gaetano Petrosino

Solisten: Aleksandra Kurzak (Violetta Valéry), Valeria Girardello (Flora Bervoix), Yao Bohui (Annina), Freddie De Tommaso (Alfredo Germont), Luca Salsi (Giorgio Germont), Matteo Mezzaro (Gastone di Letorières), Roberto Accurso (Barone Douphol), Dario Giorgelè (Marchese d’Obigny), Francesco Leone (Dottor Grenvil) u.v.a.

Besuchte Aufführung: 1. September 2022

Kurzinhalt

Auf einem Fest, das die schöne Kurtisane Violetta Valéry für ihre Freunde gibt, lernt Alfredo diese kennen und verliebt sich Hals über Kopf in ihn. Nach einigem Zögern verliebt auch sie sich in Alfredo und zieht mit ihm in ein Landhaus. Ein halbes Jahr später erfährt Alfredo, daß Violetta dabei ist, ihren ganzen Besitz für ihr gemeinsames Leben zu veräußern. Sofort eilt er nach Paris, um die Schulden zu übernehmen. Sein Vater, Giorgio Germont, kommt in überraschend  in das Landhaus und verlangt von Violetta die Trennung für immer von Alfredo. Grund: die finanziellen Mittel zur Verheiratung von Alfredos jüngerer Schwester reichten nicht aus, wenn er nicht einen Teil der Mitgift mit übernimmt. Nach anfänglicher Zurückweisung willigt Valéry ein, schreibt Alfredo einen Abschiedsbrief und reist nach Paris. Auf einem Fest ihrer Freundin Flora Bervoix treffen sich Alfredo und Violetta. Er beleidigt sie vor der Festgesellschaft. Der hinzukommende Vater ist empört und weist seinen Sohn deutlich zurecht. Schließlich verschlimmert sich Violettas Krankheit. Sie ist jetzt glücklich, da sie durch einen Brief Alfredos Bescheid weiß; denn darin erklärt sein Vater, daß er Violettas zur Trennung von ihm veranlaßt hat. Er will zu ihr zurückkehren. Als er in ihr Zimmer tritt, stirbt sie in seinen Armen.

Aufführung

Am Anfang fährt eine Pferdekutsche in einem Leichenzug zum Andeuten der Beerdigung über die Bühne, um damit gewissermaßen das Ende anzudeuten. Das ist eindrucksvoll, nicht jeder wird das allzusehr geschmackvoll gefunden haben. Sicher, jeder weiß, daß Violetta Valérie todkrank ist.

Wenn man zur Arena sich begibt, kommen einem Gedanken wie, kann  man ein solches subtiles, eigentlich auf drei Personen bezogenes Stück werkgerecht auf einer so großen Bühne adäquat einrichten? Die Aufführung in Verona zeigt, daß man mit der nötigen Kenntnis das Stück gestalten kann.

Fasziniert ist man schon durch die in aller Pracht dargestellte Festgesellschaft. Die Kostüme Violetta passen, die einzelnen Personen sind genau dem Geschehen angepaßt.

Im 2. Akt: in einem schlichten Garten kommt es zur Katastrophe. Vater Germont verlangt von Violetta die Trennung für immer von seinem Sohn. Für Violetta bedeutet das fast den Tod: sich von ihrem Geliebten für immer trennen ist für sie das Ende! Für mich etwas unverständlich, gibt sie dem Drängen des Vaters ziemlich gleich nach. Aber vielleicht liegt das in den damaligen Verhältnissen, für die wir heute kein Verständnis mehr haben können. Jedenfalls würde eine heutige junge Frau ziemlich anders reagieren. Ganz zum Schluß umarmen sie einander in großem Einverständnis. Vom Visuellen gibt es im zweiten Akt keine Unterbrechung. Alles ist weiter auf Farben, Pracht und Tänzerischem hin ausgerichtet. Die Abbildungen vermitteln etwas vom Eindruck, den man beim Opernerlebnis selbst hatte. Nun kommt Vater Germont mit der Forderung, Violetta solle sich endgültig von Alfredo trennen. Das scheint zunächst unmöglich, doch schließlich lenkt sie ein, da sie die Verhältnisse in der Familie Alfredos verinnerlicht hat und ihnen zustimmt.

Im dritten Akt liegt die kranke Valérie auf einem mit weißem Leinen bezogenen Bett. Sie selbst hat einen weißen Schlafanzug an. Die damaligen Beziehungen waren doch anders geordnet als das heute der Fall ist. Eine Augenweide sind die vielgestaltigen, bunten Kostüme von Maurizio Millenotti und Paolo Mazzon, die man gar nicht genug bewundern kann. Sie bilden in ihrer Gesamtdarstellung ein einzigartiges Tableau.

Sänger und Orchester

Der Gesang ist durchaus einheitlich, wobei die Sängerinnen gegenüber den Sängern den Lorbeer mehr verdienen. Aleksandra Kurzak als Violetta Valéry: von dem sehr ausgedehnten Gesang wurde sie immer besser. Ihr warmgetönter Sopran blieb ohne Makel von Anfang bis zum Ende gleich in Intensität und Wohlklang. Und wie oft habe ich solches Abfallen der Intensität und Innigkeit schon erlebt. Bewundernswert, daß solches bei Aleksandra Kurzak ausblieb! Das mehrmaligen hohe C in der Kabaletta ihrer Arie È strano – es ist seltsam trifft sie gut.

Freddie De Tommaso (Alfredo Germont), sehr schön gelingt ihm De‘ miei bollenti spiriti – dies jugendliche Feuer meines erhitzten Gemüts zu Beginn des zweiten Akts. Auch bei Luca Salsi (Giorgio Germont), konnte man keinen Abfall in der Gesangsleistung erkennen: die Leistungen blieben auf dem gleichen Niveau. Vielleicht war der Gesang der Sängerinnen dem der Sänger, etwas überlegen. Das fiel aber insgesamt wenig auf. Nein, noch selten habe ich eine solche homogene Leistung aller Beteiligten erlebt.

Fazit

Eigentlich ist in der Beschreibung alles gesagt, was man zu berücksichtigen ist, um nur ein wenig von allem Geschehen beim Lesen mitzubekommen. Es gibt noch zwei Dinge, auf die ich Ihre Aufmerksamkeit lenken möchte: die gleichbleibende Darbietung aller Beteiligten und die gleichbleibende sängerische Leistung!

Was auch besonders zu erwähnen ist, ist die sängerische Leistung auf hohem Niveau.Ein besonderes Lob verdient überhaupt die Gesamtleistung aller: der Solisten, der bunten prachtvollen Darstellung, den Bühnenbilder. Nicht zu vergessen ist der versierte Dirigent Marco Armiliato, der das Orchester, den Chor und das Ballett des Festivals Verona umsichtig leitete, einschließlich den Chordirektor: Ulisse Trabacchin sowie Ballettkoodinator: Gaetano Petrosino.

Alles in einem kann man sagen: ein unvergeßlicher Opernabend in Verona! Bravi!

Dr. Olaf Zenner

Bild: Foto Ennevi

Das Bild 1 zeigt: die gesamte Bühne (Tableau ) mit Tanzeinlagen
Das Bild 2 zeigt: Aleksandra Kurzak (Violetta Valéry), Freddie De Tommaso (Alfredo Germont),   Bildmitte

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