Barkouf, ou un chien sur le pouvoir – Barkouf, oder ein Hund an der Macht – Köln, Oper

von Jacques Offenbach (1819-1880, Opéra bouffe in drei Akten, Text: Eugène Scribe und Henry Boisseaux, UA: 24. Dezember 1860 Paris, Opéra Comique

Regie: Mariame Clément, Bühne/Kostüme: Julia Hansen

Dirigent: Stefan Soltesz und das Gürzenich-Orchester Köln
Solisten: Matthias Klink (Bababeck), Bjarni Thor Kristinsson (Der Großmogul), Patrick Kabongo (Saëb), Martin Koch (Kaliboul), Sunnyboy Dladla (Xailoum), Sarah Aristidou (Maïma), Judith Thielsen (Balkis), Kathrin Zukowski (Pélizade)

Besuchte Aufführung: 17. Oktober 2019

Kurzinhalt

In der indischen Stadt Lahore ist die Bevölkerung mit ihrer Regierung unzufrieden. Der Großmogul ernennt den Hund Barkouf zum Gouverneur, um ihnen eine Lektion zu erteilen. Der Großwesir Bababeck fürchtet, daß Barkouf seine politischen Pläne durchkreuzen wird: seine häßliche Tochter Périzade soll den Offizier Saëb heiraten. Dieser ist aber schon in das Blumenmädchen Maïma verliebt. Sie ist die Einzige, die Barkouf zähmen kann und übersetzt seine Regierungsanweisungen. Bababeck plant Barkouf zu vergiften, aber Maïma ahnt dies und läßt ihn auffliegen. Als die Tartaren die Stadt angreifen, ziehen Barkouf und Saëb in die Schlacht und besiegen die Tartaren. Hund Barkouf stirbt bei dem Angriff. Der Großmogul legitimiert die Ehe zwischen Saëb und Maima. Das Volk umjubelt den gefallenen Barkouf und das glückliche Regierungspaar.

Aufführung

Die Bühne zeigt mit verkleideten Holzwänden das Innere eines Regierungsbüros ähnlich gestaltet wie unser Bundestag. Danach werden an den Seiten riesige Regale mit aufgestapelten Papierakten, als Symbol eines bürokratischen Regierungsapparats aufgebaut und in der Mitte steht eine Hundehütte. Die Kostüme sind in verschiedenen Stilen gehalten. So trägt die Bevölkerung zu Beginn beige-orange Kostüme, die Damen Bleistiftröcke, wie bei Stewardessen, die Herren Anzüge. Im letzten Akt erscheint der Chor in moderner Straßenkleidung. Die Vertreter der Regierung sind in braunen Uniformen gekleidet und wirken wie moderne Diktatoren (später tragen die Verschwörer Masken von Trump, Erdogan, Orbán und Co.). Maïma und Saëb kommen im letzten Akt in Kaiserin-Sissi-und-Franz-Kostümen daher. Politsatirische Elemente sind die Papierakten, die den Zerfall des Systems verdeutlichen und die Hundehütte, mit einer Parolen des Wahlspruchs der französischen Revolution über dem Eingang.

Sänger und Orchester

Stefan Soltesz dirigiert das Orchester in der Ouvertüre sehr konzentriert und legt Wert auf Akzentuierungen von Rhythmik und Dynamik. Man merkt allerdings, daß das Orchester etwas Zeit braucht, um sich einzuspielen. Zu Beginn wird der Gesang der Sänger etwas übertönt, und man ist nicht ganz synchron mit der Gesangslinie. Später wird es dann besser.

Matthias Klink (Bababeck) überzeugt weniger durch seine Stimme, die er oft bewußt rauh klingen indem er stark mit Bruststimme darbietet mit ungenauer Betonung der Phrasen. Stattdessen ist er schauspielerisch eine der agilsten und witzigsten Figuren auf der Bühne: mit einem Knochen lockt er beispielsweise den neuen Gouverneur aus seiner Hütte, oder tanzt als Trumpkarikatur über die Bühne. Bjarni Thor Kristinsson (Großmogul) kann mit seiner eher dumpf klingenden tiefen Baßstimme nicht vollends überzeugen. Er singt ohne dynamische Raffinessen und liefert eine solide aber nicht nennenswerte Leistung. Umso mehr überrascht Sunnyboy Dladla (Xaïloum) mit einem technisch sehr versierten Einsatz seiner klaren, ausnehmend strahlenden Tenorstimme. Die schnellen, rhythmisch komplizierten Partien seiner Arie im ersten Akt meistert er mit sehr viel Genauigkeit und schafft es dabei immer auf den Punkt den Text zu artikulieren. Auch die Tenorstimme von Patrick Kabongo (Saëb) ist mit großem Genuß wahrzunehmen: sein zarter, lyrischer Tenor klingt, besonders in der Höhe, ausgenommen schön. Er beherrscht das sotto voce sehr gut und läßt seine Stimme mit viel Gefühl zur Kopfstimme übergleiten.

Unangefochtener Star des Abends ist allerdings eine Frauenstimme: Sarah Aristidou gelingt es, mit ihrer lyrischen, unvermutet hellen und äußerst klaren Sopranstimme die Rolle der Maïma komplett für sich zu vereinnahmen. Vom ersten Moment an singt sie mit viel Inbrunst und Gefühl und weiß dabei ihre Stimme auch in den einzelnen Arien bestens einzusetzen. Im zweiten Akt singt sie das gemeinsame Lied von ihr und Barkouf mit Koloraturen so klar und mit so viel Schmelz in den Spitzentönen, daß es man mit großem Genuß ihr zuhört. Ihr weiblicher Konterpart Judith Thielsen (Balkis) hat im Vergleich dazu eine wärmere und samtenere Sopranstimme, die sich hervorragend mit dem hellen Timbre von Aristidou ergänzt. Im Duett singen die beiden harmonisch zusammen und erzeugen durch unterschiedliche Stimmfarben einen wunderschönen Klang. Auch der Chor zeigt mit großem Volumen eine sehr gute gesangliche Leistung.

Fazit

Es ist fraglich, warum so viele unterschiedliche Epochen und Zeitspannen miteinander verwoben werden, so daß die Intention des Stücks gar nicht mehr erkennbar ist. Eher konfus und absurd wirken die vielen Versuche, etwas Komik in die Handlung zu bringen. Ein tanzender Mogul im Varieté-Stil zum Beispiel, oder eine Maïma, die plötzlich als Kaiserin Sissi verkleidet erscheint: wirklich lachen kann das Publikum darüber nicht! So bringt Offenbachs Musik tatsächlich das den Höhepunkt dieser Oper. Und nochmal: großer Star des Abends war Sarah Aristidou und das Orchester. Sie erntete einen frenetischen Applaus des Publikums. Unterm Strich: eine müde und wenig inspirierende Inszenierung, dafür eine sehr gute musikalische Darbietung.

Melanie Joannidis

Bild: Paul Leclaire

Das Bild zeigt: Susanne Elmark (Maïma), Patrick Kabongo (Saëb), Chor der Oper Köln

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