Bayreuth, Markgräfliches Opernhaus – ARGENORE

von Wilhelmine von Bayreuth; Musikalische Tragödie in zwei Teilen, Text: Giovanni Andrea Galletti, UA: 1740, Bayreuth
Regie: Axel Köhler, Bühnenbild: Andrea Eisensee
Dirigent: Viktor Lukas, Batzdorfer Hofkapelle
Solisten: Hagen Matzeit (Argenore), Ralf Simon (Ormondo), Silvia Weiss (Palmide), Britta Schwarz (Leonida), Marlen Herzog (Martesia), Raimonds Spogis (Alcasto), Peter Kube (Zeremonienmeister Hasse, Sprechrolle)
Besuchte Aufführung: 10. Mai 2009 (Premiere)

Kurzinhalt
bayreuth-argenore.jpgKönig Argeonore empfängt seine siegreichen Generäle Ormondo und Leonida. Leonida verspricht er die Hand seiner Tochter Palmide, die jedoch schon lange mit Ormondo verbunden ist. Martesia (Ormondos Schwester) liebt Leonida. Alcasto, ein Berater des Königs, der Palmide ebenfalls liebt, lauert ihr auf und will sie verführen. Ormondo tritt dazwischen. Alcasto rächt sich, indem er Argenore die Beziehung von Ormondo und Palmide verrät. Der erzürnte König, der zunächst im Jähzorn seine eigene Tochter töten will, befiehlt deren Heirat mit Leonida und wirft Ormondo ins Gefängnis. Ormondo gelingt es zu fliehen, kämpft mit Leonida und fällt. Die verzweifelte Palmida ersticht Leonida, den Mörder ihres Mannes. Da taucht ein Brief auf, der bezeugt, dass Ormondo der einst entführte Sohn Argenores ist. Palmide wird sich des Inzests mit ihrem Bruder bewusst und ertränkt sich im Meer. Argenore durchschaut Alcastos Intrigen und lässt ihn töten. Und der König, seiner beiden Kinder beraubt, gibt sich zum Schluß selbst den Tod.
Aufführung
Die Vorstellung beginnt mit dem Auftritt eines Zeremonienmeisters (gut gemacht vom sächselnden Schauspieler Peter Kube), der in der Oper zwar nicht vorgesehen ist, jedoch für das Verständnis der Handlung sehr hilfreich ist. Er führt humorvoll durch die komplexen Wirrungen einer typisch barocken Handlung, die heutige Zuschauer als kompliziert einschätzen würden. So kann man sich auf das Bühnengeschehen konzentrieren, das mit eindrucksvollen goldenen Kostümen in einem einfachen Bühnenbild auskommt. Es ist wahrlich beeindruckend wie man mit wenigen verschiebbaren Säulen und variabler Lichtgestaltung (von kaltem Licht bis rotglühender Sonnenuntergang) viele unterschiedliche Stimmungen und Spielorte entstehen läßt. Da man den Abend nicht wie vorgeschrieben traurig enden lassen wollte, gab es (quasi als Zugabe) den Schlußchor aus Cleofide von Johann Adolf Hasse. Besonders bemerkenswert: Nils Niemann (Regieassistent), der für die barocke Gestik zuständig war (s. Rezension der historisch genauen Aufführung von Händels Radamisto, Karlsruhe).
Sänger und Orchester
Die Batzdorfer Hofkapelle gilt als eine der führenden Alte-Musik-Spezialisten, was hier eindrucksvoll bestätigt wird. Unter der Leitung von Viktor Lukas erklingen auch Holzbläser, Laute und Blechbläser, um die die Besetzung in Wilhelmines Manuskript (nur Streicher und Traversflöte) ergänzt wurde. Von 25 Arien werden nur 15 Arien gespielt aber in voller Länge von ungefähr zehn Minuten. Daß es nicht langatmig wurde, lag an dem flotten Tempo des Dirigenten und den ins Deutsche übertragenen Rezitativen. Geht es nach den meisten Arien, so könnte die Oper auch Ormondo oder Palmide heißen, denn diese sind auf der Bühne mehr präsent als die Person Argenore. Auch Martesia hat drei Auftritte, aber Marlen Herzog klingt weicher, leiser und erreicht nicht die Lautstärke und Durchschlagskraft wie Silvia Weiss (Palmide). Ralf Simon (Ormondo) scheint ein guter Barock-Tenor zu sein, aber wegen einer Pollenallergie war er indisponiert und leise. Hagen Matzeit gibt mit butterweicher Stimme den König, Raimond Spogis hat die dämonische Tiefe für die höllischen Koloraturen, die die Rolle des barocken Intriganten auszeichnen. Die etwas blaß bleibende Britta Schwarz (Leonida) steht dem Ensemble in nichts nach.
Fazit
Am Ende huldigt man den Künstlern (lange und lautstark) und eigentlich auch der Wilhelmine von Bayreuth, deren Werk weithin unbekannt ist. Obwohl dieser Abend eindeutig beweist, daß dies nicht zu Recht der Fall ist. Das ist wohl auch der Grund weshalb es den Veranstaltern (der Familie Lukas) gelungen ist, genügend Sponsoren zu finden, die bis zu 500 Euro für einen Platz im Parkett bezahlt haben. Gedeckter Tisch, Wein und Fünfgang-Menü inklusive. Die Sänger hat das klappernde Geschirr wohl weniger gefreut. Barocke Aufführungs-Praxis bleibt schwierig, trotzdem hätte Wilhelmine wohl erfreut diesen ihren würdigen Abend zugestimmt.
Oliver Hohlbach

Bild: Manuel Schlüter
Das Bild zeigt: Barocke Kleidung, barocke Gestik und uralte Säulen verbreiten barocke Stimmung.

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