LOHENGRIN – Coburg, Landestheater

von Richard Wagner (1813-1883), Romantische Oper in drei Aufzügen, Text vom Komponisten,

UA: 28. August 1850 Weimar, Großherzogliches Hoftheater

Regie: Carlos Wagner, Bühne: Rifail Adjarpasic

Dirigent: Roland Kluttig, Philharmonisches Orchester, Chor und Extrachor des Landestheater Coburg, Choreinstudierung: Lorenzo Da Rio

Solisten: Michael Lion (König Heinrich), Daniel Kirch (Lohengrin), Betsy Horne (Elsa), Juri Batukov (Telramund), Martina S. Langenbucher (Ortrud), Benjamin Werth (Heerrufer), u.a.

Besuchte Aufführung: 23. Februar 2014 (Premiere)

Richard Wagner: Lohengrin / ML Roland Kluttig/ R Carlos Wagner/ B Rifail Ajdarpasic/ K Cristof Cremer / Premiere: So, 23. Februar 2014/ Landestheater Coburg/ Großes HausKurzinhalt

König Heinrich ruft die Brabanter zum Feldzug. Telramund, von seiner Gattin Ortrud angestachelt, beschuldigt Elsa des Mordes an ihrem Bruder Gottfried. Ein Gottesgericht in Form eines Zweikampfs soll über Elsas Schuld entscheiden. Da erscheint ein Fremder im Boot, gezogen von einem Schwan; er besiegt Telramund. Dieser Fremde wird Elsa heiraten, aber sie darf nie nach seinem Namen und Herkunft fragen. Ortrud und Telramund bezichtigen den Fremden der Zauberei. Im Brautgemach bricht Elsa ihr Versprechen und stellt die Fragen. Telramund dringt ein, im Zweikampf stirbt er. Nun muß Lohengrin Namen und Herkunft offenbaren. Ortrud triumphiert, aber Lohengrin bewirkt die Rückkehr Gottfrieds.

Aufführung

Nach dem Vorspiel hebt sich der Vorhang für ein Einheitsbühnenbild. Bis unter die Wurzeln einer Gerichtseiche stapeln sich unterirdisch die Aktenbehälter, in die die Brabanter unentwegt Papier stopfen, welches sie auf Schreibmaschinen lautlos produzieren, während sie mit Wählscheibentelefonen wild herum telefonieren. Für den Auftritt Lohengrins fahren ihre mittig hintereinander ansteigend angeordneten Sitzreihen auseinander, im hellen Lichtschein betritt die weiß gekleidete Lichtgestalt auf einem Schlitten die Bühne, gezogen von Gottfried in Ketten. Während er den wehrlosen Telramund erschlägt, spritzt Blut auf seine weiße Kleidung. Elsa trägt barfuß zuerst ein wenig farbenfrohes Kleidchen, später ein weißes Hochzeitskleid mit Änderungsmarkierungen. Hingegen tragen die Brabanter erdbraune Arbeitskittel oder Anzüge, König Heinrich grau, das Verschwörerpaar schwarz.

Sänger und Orchester

Der wichtigste Leistungsträger in dieser Oper ist der ständig präsente Chor. Unter der Leitung von Lorenzo Da Rio ist es gelungen den sehr großen, verstärkten Chor zu einem geschlossenen Klangkörper zu formen und eine harmonischen Bindung und Synchronität zwischen allen Stimmgruppen zu erreichen. Ein wenig leidet das Zusammenspiel allerdings, wenn der Chor das Brautlied aus der Opernhalle (mit Halleffekt) bei geöffneten Türen singt. Die Leistung des Chores wird auch durch das energisch vorwärtsdrängende Dirigat von Roland Kluttig möglich. Er steht für einen weniger weichen romantischen Klang, ist vielmehr hart und zupackend – obwohl Teile der Bläser auch aus Platzgründen im Rang stehen. Dabei ändert er immer wieder sanft das Tempo, das auch epische Breiten z.B. beim Sonnenaufgang im zweiten Akt erreicht. Mit den langsameren Tempi hat Daniel Kirch manchmal Probleme, denn er kann die Phrasen nicht immer aussingen, und so atmet er an unüblichen Stellen oder singt Noten nicht aus, was zu seltsamen Klangbildungen führt. Das ist wahrscheinlich auch ein bißchen der Nervosität geschuldet, denn seine Töne im Pianissimo, wie eingangs bei Nun sei bedankt, flackern manchmal, wirken brüchig. Aber er teilt sich die Rolle des Lohengrin klug ein und mit der Schlußansprache In fernem Land, tenoral leuchtend vorgetragen, kann er die Begeisterung der Zuschauer wecken. Tobende Begeisterung weckt Betsy Horne als Elsa mit beispielhafter Rollengestaltung: Ausdrucksstark und immer wortverständlich singt sie mittlerweile an der Grenze zum (Hoch-) Dramatischen Sopran, ist leuchtend und voluminös in den lyrischen Passagen mit viel technischem Glanz. Juri Batukov kann die Rolle des Telramund mit baritonaler Wucht gestalten, kann mit Leichtigkeit diese schwierige Rolle aussingen und bleibt aber dabei stets wortverständlich. Auch mit leisen Tönen kann er gestalten: So zieht das Unheil in dies Haus! Eine große Durchschlagskraft ist auch Martina S. Langenbucher eigen. Ihre Darstellung der Ortrud verleiht der Rolle selten gehörte Tiefe, die dramatischen Ausbrüche einer „Hexe“ bleiben immer an der Gesangslinie, wie bei Entweihte Götter. Der erfahrene Haus-Baß Michael Lion hat mit volltönender und sicherer Tiefe keine Probleme, den König Heinrich als einen matten, alten Mann darzustellen.

Fazit

Am Ende tobt das Publikum: Bravo-Orkane für das Orchester, Chor und Solisten, doch gegen das Regieteam mischen sich auch leise Mißfallensäußerungen in den Applaus. Die Verlagerung der Handlung in einen unterirdischen Verwaltungsraum ließ viele Fragen offen, ebenso die Darstellung Lohengrins als feiger Antiheld, der vor den Fragen und dem Zorn des Volkes flüchtet. Insgesamt jedoch eine, vor allem, hörenswerte Produktion, die schon wegen des Chors und Betsy Horne den Nachweis erbringt, daß das Landestheater Coburg auf die Anforderungen an diese Choroper und Wagner bestens eingestellt ist. Und die Hoffnung auf mehr „Wagner wagen“ weckt.

Oliver Hohlbach

Bild: Andrea Kremper

Das Bild zeigt: Vor dem Gottesgericht: Elsa, Lohengrin, König Heinrich, Ortrud, Friedrich

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