Halle, Oper – DON CARLO

von Giuseppe Verdi, Oper in vier Akten, Libretto: François Joseph Pierre Méry und Camille Du Locle, UA: Januar 1884, Mailand
Regie: Frank Hilbrich, Bühnenbild: Volker Thiele, Kostüme: Henrike Bromber, Dramaturgie: Susanne Holfter Musikalische Leitung: Karl-Heinz Steffens, Staatskapelle Halle; Chor der Oper Halle, Choreinstudierung: Jens Petereit, Extra-Chor der Oper Halle, Einstudierung: Tobias Horschke Solisten: Riccardo Ferrari (Filippo II., König von Spanien), Bülent Külekçi, Gerd Vogel (Rodrigo), Jürgen Trekel (Großinquisitor), Ki-Hyun Park (Mönch/Karl V.), Romelia Lichtenstein (Elisabetta, Königin von Spanien), Ulrike Schneider (Fürstin Eboli), Mona Deibele (Tebaldo), Wojtek Alicca (Graf Lerma/ Ein königlicher Herold), Myrsini Margariti (Stimme vom Himmel), Ki-Hyun Park, Olaf Schröder, Ezra Jung, Max Lembeck, Thomas Seidel, Friedemann Walther (Sechs flandrische Deputierte)
Besuchte Aufführung: 24. Januar 2009 (Premiere in der italienische Fassung von 1884, Mailand)

Kurzinhalt
halle-don-carlo.jpgCarlo und Elisabetta lieben einander, doch ist Elisabetta mit Filippo vermählt – dem Vater Carlos. Um seine Liebe zu vergessen, sucht er, zusammen mit seinem Freund und Vertrauten Rodrigo, Zerstreuung im flandrischen Freiheitskampf, gerät dabei zwischen die Mühlsteine von König und Inquisition und stirbt letztlich als Ketzer.
Aufführung
Das Geschehen – eigentlich im 16. Jahrhundert angesiedelt – findet auf einer Drehbühne mit variablen Trennwänden statt; sie erinnern an Büroaufbauten, sind zeitlich nicht einzuordnen und stets mit einer, je nach Szenerie, wechselnden Anzahl von Türen durchsetzt, die teilweise verspiegelt sind. Interieur fehlt gänzlich, es ist eine kalte und unfreundliche Atmosphäre. Von Symbolkraft zeugen die Kostüme der Darstellenden: Schwarz ist die dominierende Farbe, auffallend und alle der Inquisition zugeordneten Personen tragen ein Kreuz auf der Brustseite ihrer Kleidung. Lediglich die Hauptpersonen und der Pöbel, zu sehen in einer Massenszene während des Autodafé, stechen durch farbige Elemente aus der Einheitstracht hervor. Die Königsfamilie und die Vertrauten von Rodrigo und Eboli tragen zu ihren schwarzen Trachten jeweils ein lilafarbenes Accessoire, deren Bedienstete Applikationen in türkis. Neben der Bühnendekoration ist die Farbe „Rot“ signalgebend: Sie taucht in Situationen der Verzweiflung und Gewalt auf – Opfer der Inquisition werden mit einem roten Kreuz gekennzeichnet. Außerdem sprüht Carlo zu Beginn der Handlung und zu seinem Ende das Wort „Hilfe“ an die Wand.
Sänger und Orchester
Regisseur Hilbrich arbeitet viel mit Andeutung und Verschleierung. Gewalt ist grundsätzlich nie zu sehen und findet immer hinter verschlossenen Türen statt. Zumeist werden Sequenzen, in welchen Gewalt kurz bevorsteht, in Zeitlupe gespielt. Die einzigen Zeugnisse jener Roheit sind Blutspuren, nur zu erkennen, wenn die Türen geöffnet werden Riccardo Ferrari überzeugt auf ganzer Linie mit seiner Darbietung des Königs Filippo II, schauspielerisch wie auch gesanglich. Die Figur des Don Carlo hingegen wird von Bülent Külekçi nur grob umrissen und einige Partien, besonders sein Duett mit Rodrigo im ersten Akt È lui!… desso… l’Infante! – Da ist er! Der Infant, wirkt unsicher. Gerd Vogel, der die Rolle des Rodrigo heldenhaft verkörpert, trägt seine Baritonstimme mit Kraft, Ausdruck und Exaktheit vor. Ebenso Ulrike Schneider (Eboli), die ihre Partien famos meistert und die Fürstin durch ihr leidenschaftliches Spiel zum Leben erweckt. Romelia Lichtenstein in der Rolle der Elisabetta singt leider ein wenig zu selbstgefällig und vergißt dabei phasenweise ihre Rolle. Des weiteren wirkt ihre Stimme in den unteren Registern sehr zaghaft. Jürgen Trekels Rolle des Großinquisitors bietet in dieser Inszenierung nicht viel Gelegenheit zu schauspielerischen Glanzleistungen, dennoch verkörpert er die Schauderhaftigkeit und Weltferne überaus real und singt ausgesprochen sicher und akkurat. Nur als Spiegelbild zu sehen war Ki-Hyun Park (Mönch/Karl V.), auch seine Partie wirkt als drohe eine längst vergangene Macht aus einer anderen Welt. Myrsini Margariti glänzte als Stimme vom Himmel mit ihrer – man muß es einfach so sagen – Stimme vom Himmel. Der Chor ist gut einstudiert und liefert eine solide Leistung ab. Einen schlechten Tag muß man jedoch dem Orchester bescheinigen. Steffens schafft es leider nicht, Präzision und Frische auf die Musiker zu übertragen, womit das Ensemble unter seinen Möglichkeiten bleibt.
Fazit
Eine gelungene Inszenierung, die eine beklemmende Atmosphäre schafft und dadurch Macht und Irrwege der Inquisition spürbar werden läßt. Leider bleibt der Großteil des Ensembles, was Emotionen und musikalische Leistung betrifft, im Mittelmaß stecken. Ferrari, Vogel und Schneider wiegen das jedoch mit ihren herausragenden Leistungen wieder auf.

Tom Zackl
Bild: Gert Kiermeyer
Das Bild zeigt: v.l.n.r. Romelia Lichtenstein (Elisabetta), Wojtek Alicca (Graf Lerma) und Riccardo Ferrari (Filippo II).

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