LA CENERENTOLA – Stuttgart, Oper

von Gioachino Rossini (1792-1868), Melodramma giocoso in 2 Akten, Libretto: Jacopo Ferretti nach dem Märchen Cendrillon, UA: 25. Januar 1817, Rom, Teatro Valle

Regie:: Andrea Moses, Bühne: Susanne Gschwender, Kostüme: Werner Pick

Dirigent: José Luis Gomez, Staatsorchester Stuttgart, Herren des Staatsopernchores Stuttgart

Solisten: Bogdan Mihai (Don Ramiro), André Morsch (Dandini), Enzo Capuano (Don Magnifico), Catriona Smith (Clorinda), Maria Theresa Ullrich (Tisbe), Diana Haller (Angelina), Adam Palka (Alidoro)

Besuchte Aufführung: 30. Juni 2013 (Premiere)

Stuttgart-CenerentolaKurzinhalt

Aschenbrödel Angelina, unterdrückt von ihren Stiefschwestern Clorinda und Tisbe sowie ihrem Stiefvater Don Magnifico, ist freundlich zu dem als Bettler verkleideten Alidoro. Dieser war ins Haus des Magnifico gekommen, um für seinen Herrn, Prinz Don Ramiro, Ausschau nach einer Braut zu halten. Diener Dandini, als Prinz verkleidet, kommt mit seinem „Diener“ Don Ramiro anschließend zu Don Magnifico, um zu einem Ball ins Schloß zu laden. Angelina und Don Ramiro verlieben sich Hals über Kopf. Beim Schloßball, wohin Angelina mit Alidoros Hilfe gelangt, treffen sich Angelina und „Diener“ Ramiro wieder. Beim Abschied schenkt sie ihm einen Armreif. Ein zufälliger Unfall vor Don Magnificos Haus führt die beiden erneut zusammen, doch jetzt erscheint Ramiro als Prinz. Ramiro erkennt Angelina an ihrem Armreif und heiratet sie zum Verdruß ihrer Stiefschwestern.

Aufführung

Der Vorhang öffnet sich schon nach den ersten Takten, um die Vorgeschichte zu erzählen: Don Ramiro wird vom Aufsichtsrat unter Druck gesetzt, er solle sofort heiraten. Die Aufsichtsräte diskutieren die Brautfrage an einer die Vorbühne ausfüllenden massiven Tischplatte. Der Boden drum herum läßt sich bis auf Tischniveau heben und senken. Das Haus Don Magnificos und das Schloß Don Ramiros ergänzen als Bausätze den Bühnenhintergrund, der verschoben oder versenkt werden kann. Während das Schloß nur durch weiße Platten angedeutet wird, besteht das Haus Don Magnificos aus Küche, Bad und Wohnzimmer. Es ist mit verwohnten Möbeln vollgestellt, auf denen der Kuckuck gut sichtbar klebt und im Fernseher läuft Drei Nüsse für Aschenbrödel. Gekleidet ist das Ensemble in italienische Designer-Kleidung der zeitlos aktuellen Mode – ständig wechselnd zwischen alltagstauglich und festlich.

Sänger und Orchester

Es ist schon faszinierend, wie einfach sich Rossini anhören kann, obwohl das Stück technisch sehr anspruchsvoll ist. Diesen Erfolg kann sich José Luis Gomez auf die Fahnen schreiben. Mit teilweise recht flottem Tempo führt er das Staatsorchester Stuttgart durch die Untiefen dieses Meisterwerks. Stark umjubelt war das Rollendebüt von Diana Haller als Cenerentola. Da perlen die Koloraturen, gelingen furiose Verzweiflungs-Seufzer. Ähnliches kann man auch über Bogdan Mihai als Traumprinz sagen. Mit artistischer Präzision und Beweglichkeit in der Kehle gelingen diesem italienischen Tenor par excellence die weitesten Höhensprünge und Klang-Kaskaden, die Rossini Don Ramiro zumutet. Genauso restlos überzeugend die Leistung von Enzo Capuano als Don Magnifico: Er findet eine ideale Symbiose zwischen Aussprache und musikalischer Gesangslinie. Da er jederzeit als waschechter Italiener durchgeht, ist es nicht verwunderlich, daß auch ohne italienische Sprachkenntnisse seine „Aussagen“ verstanden werden – auch wenn er weniger der bösartige Stiefvater ist, als vielmehr der etwas arrogante Waschlappen. Catriona Smith und Maria Theresa Ullrich geben die eitlen, ewig keifenden Stiefschwestern Clorinda und Tisbe, während André Morsch mit eng geführter, etwas kehliger Stimme den Ersatz-Prinzen Dandini gibt – ohne Verwechslungsgefahr mit dem echten Prinzen Bogdan Mihai. Adam Palka gestaltet die wichtige Rolle des Alidoro, des Strippenziehers im Hintergrund, etwas blaß und unauffällig, ist sein Baß doch sehr voluminös und in den tieferen Lagen sehr wohltuend timbriert: So meistert er die technisch anspruchsvollen Passagen. Der Herren-Chor als Aufsichtsrat dominiert mit der Präzision im Zusammenspiel die Handlung.

Fazit

Normalerweise geht der Schwabe zum Lachen in den Keller – sagt man. In diesem Falle geht der Schwabe in die Oper und amüsiert sich ganz ausgelassen: Cenerentola als zeitloses Märchen und als perfekt bis ins kleinste Detail choreographierte Slapstick-Komödie wird man auch noch in Jahren unbeschwert genießen können – selbst Kinder. Eben weil die Cinderella-Geschichte auch im heutigen Ambiente original wirkt. Die für die Schwaben ungewohnten Heiterkeitsausbrüche setzen sich genauso heftig für die Sängerdarsteller fort, die frenetisch  gefeiert werden. Besonders erwähnenswert Diana Haller und Bogdan Mihai.

Oliver Hohlbach

Bild: A.T. Schaefer

Das Bild zeigt: Catriona Smith (Clorinda), André Morsch (Dandini), Maria Theresa Ullrich (Tisbe), Mitglieder des Staatsopernchors Stuttgart

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