DON GIOVANNI – Nürnberg, Staatstheater

von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791), Drama giocoso in zwei Akten, Libretto: Lorenzo da Ponte, UA: 29. Oktober 1787 Prag, Nationaltheater

Regie: Georg Schmiedleitner, Bühne: Florian Parbs, Kostüme: Nicole von Greavenitz

Dirigent: Marcus Bosch, Staatsphilharmonie und Chor Nürnberg, Choreinstudierung: Tarmo Vaask

Solisten: Randall Jakobsh (Don Giovanni), Nicolai Karnolsky (Komtur), Michaela Maria Mayer (Donna Anna), Tilman Lichdi (Don Ottavio), Hrachuhi Bassénz (Donna Elvira), Sébastien Parotte (Leporello), Javid Sadamov (Massetto), Christiane Marie Riedl (Zerlina)

Besuchte Aufführung: 26. Januar 2013

Kurzinhalt

Donna Anna, die Tochter des Komturs, die Don Giovanni zu verführen versucht, ruft durch ihre Hilfeschreie den Vater herbei, den der Frauenheld im Zweikampf tötet. Don Giovannis Ehefrau Donna Elvira, die er nach der Hochzeitsnacht verlassen hatte, ist ihm, zwischen Liebe und Haß schwankend, auf den Fersen. Begleitet wird Don Giovanni von seinem Diener Leporello. Auch das Bauernmädchen Zerline, obwohl gerade erst mit Masetto verheiratet, erliegt (fast) dem Werben des Verführers. Als er das steinerne Grabdenkmal des von ihm ermordeten Komturs vom Friedhof zum Gastmahl einlädt und den Ruf zur Buße und Reue zurückweist, ist sein Untergang besiegelt: Flammen der Hölle verschlingen ihn.

Aufführung

Die schwarz ausgeleuchtete Szene besteht aus drei ebenfalls schwarzen Spiegelwänden, in denen sich Zuschauerhaus und der im Orchestergraben gestikulierende Dirigent spiegeln. Sie rahmen den ansonsten leeren Bühnenraum quadratisch ein. Zur Höllenfahrt entschwinden die Wände im Schnürboden. Die Herren sind in schwarz-grau-braune Straßenanzüge mit aus dem Hosenbund hängenden Oberhemden gekleidet, die Damenwelt kommt in bunten Hängerchen und High-Heels daher.

In den sich spiegelnde Scheinwerfer phasenweise die Sicht des Publikums unangenehm blenden, sorgt eine abwechslungsreiche, wenn auch recht sinnlose Personenregie für Kurzweil. Alle Protagonisten sind bekifft oder alkoholabhängig, die Männer greifen an ihr Gemecht, Slapstick, Gags, es ist alles dabei. Zu Don Giovannis Fest im Schloß kommt der Pizzaservice, der Gastgeber und sein Diener spielen dazu live auf: der Don auf der Violine bzw. Leporello am Kontrabaß.

Sänger und Orchester

Die Staatsphilharmonie unter von GMD Markus Bosch spielt auf historischen Instrumenten, was für das heutige Ohr zunächst gewöhnungsbedürftig klingt: etwas grell und blechern tönt es da zuweilen aus dem Graben. Merkwürdig auch, daß man für die Rezitative ein Hammerklavier (Einfühlsam: Matteo Pirola) einsetzt. Das traditionelle Cembalo wäre gerade hier die bessere Wahl gewesen. Ansonsten gelingt dieser Nürnberger Don Giovanni  musikalisch sehr ausgewogen und stimmig, besonders in den dämonisch-düsteren Passagen der Musik. Schade nur, daß die Kommunikation zwischen Bühne und Pult nicht immer hundertprozentig funktioniert.

Der darstellerisch überzeugende Randall Jakobsh stattet die Titelpartie mit einem etwas rauhen, manchmal hohl klingenden Baßbariton aus, der zu dieser Rollencharakterisierung zwar sehr gut paßt, aber der von Mozarts Musik geforderten geschmeidigen Eleganz entbehrt. Der attraktive Sébastien Parotte – rein optisch wäre er eine Idealbesetzung des Don Giovanni – entfaltet als spielfreudiger Leporello mit seiner runden, weichen, auch im Parlando souveränen Stimme genau jenen Wohlklang, wenn auch die Durchschlagskraft seines Basses Grenzen spüren läßt. Die Aufmerksamkeit für seine berühmte Registerarie wird leider durch einen Regieeinfall abgelenkt: der Regisseur läßt nämlich währenddessen den Sänger der Titelpartie im Zuschauerraum Handküßchen verteilen.

Michaela Maria Mayer gibt bei ihrem Rollendebut eine schön singende Donna Anna mit schlankem, sauber geführtem, manchmal etwas eindimensionalen Sopran. Ein Mozarttenor vom allerfeinsten ist Tilman Lichdi als Don Ottavio. Der Sänger verbindet hohe Phrasierungskunst mit stimmtechnischer Perfektion und gestalterischem Können. Hrachuhi Bassénz besticht mit facettenreicher Stimme, feiner Kantilene und geläufiger Koloratur als erstklassige Donna Elvira. Diese Solistin ist wirklich in jeder Rolle eine Augen- und Ohrenweide. Die Partie der Zerlina ist Christiane Marie Riedl, einem Mitglied des internationalen Opernstudios, anvertraut worden. Hübsch anzusehen widmet sich die junge Anfängerin ihrer anspruchsvollen Aufgabe ebenso beherzt wie ambitioniert, ohne freilich an das Niveau ihrer Kollegen heran zu reichen. Ebenfalls aus den Reihen des Nachwuchses rekrutiert sich Javid Samadov, der einen ordentlichen Masetto singt und sich gut ins Ensemble einfügt. Nicolai Karnolsky leiht dem Komtur profunde Baßtöne. Sauber intoniert der Staatsopernchor seine gut einstudierten Partien.

Fazit

Auch mit Eingriffen in das Werk ist man nicht zimperlich und läßt schon mal Don Giovanni eine Sequenz aus der Register-Arie singen. Inwieweit die Charakterisierungen der Figuren noch zu Da Pontes Text und vor allem zu Mozarts Musik passen, scheint niemanden sonderlich zu kümmern. Daher verhaltener Applaus für die Regie, frenetischer Beifall für Sänger und Dirigent.

Verena Hamann

Bild: Ludwig Olah

Das Bild zeigt: von links: Randall Jakobsh (Don Giovanni), Sébastien Parotte (Leporello), Javid Samadov (Masetto), Christiane Marie Riedl (Zerlina), Michaela Maria Mayer (Donna Anna) und Tilman Lichdi (Don Ottavio)

 

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