IL BARBIERE DI SEVIGLIA – Bonn, Opernhaus

von Gioacchino Rossini (1792-1868), komische Oper in zwei Akten. Libretto: Cesare Sterbini, nach der gleichnamigen Komödie von Pierre Augustin Caron de Beaumarchais, UA: 20. Feburuar 1816 Rom, Teatro Argentina

Regie: Philipp Himmelmann, Bühne: Johannes Leiacker, Kostüme: Gesine Völlm

Dirigent: Robin Engelen, Licht: Thomas Roscher, Beethoven Orchester Herrenchor des Theaters Bonn, Choreinstudierung: Ulrich Zippelius, Christopher Arpin, Cembalo

Solisten: Tamás Tarjányi (Graf Almaviva), Ramaz Chikviladze (Dr. Bartolo), Kathrin Leidig (Rosina), Giorgos Kanaris (Barbier), Martin Tzonev (Don Basilio), Vardeni Davidian (Berta), Algis Lunskis (Fiorillo), Johannes Marx (Offizier)

Besuchte Aufführung: 20. Januar 2013 (Premiere)

Kurzinhalt

Sevilla Ende des 18. Jahrhunderts. Graf Almaviva wirbt inkognito und ohne Grafentitel als Student Lindoro um Rosina. Sie ist das Mündel von Dr. Bartolo, der auf sie und vor allem auf ihre stattliche Mitgift ein Auge geworfen hat. Der ortsansässige Figaro rät ihm zur Verkleidung zunächst als Soldat, dann als Gesangslehrer. Tatsächlich kommt er so Rosina näher und plant mit ihrer Einwilligung, sie aus dem Haus Dr. Bartolos zu entführen. Der Figaro besorgt dazu den Balkonschlüssel. Doch Bartolo bekommt Wind von der Sache und will den Plan zerschlagen. Nach Mißverständnissen und allerlei Verwechslungen sind am Ende die Liebenden, Rosina und der enttarnte Graf vermählt. Der glückliche Graf entschädigt den alten Bartolo mit der Mitgift von Rosina, auf die er großzügig verzichtet.

Aufführung

Direkt nach der Ouvertüre taucht der gräfliche Lakai Fiorillo als fantasievolle Figur à la Commedia dell´ Arte mit rotem Haarschopf aus dem Orchestergraben auf, im Schlepptau den Chor als seine optischen Spiegelbilder, was sehr komisch wirkt. Gemeinsam helfen sie Almaviva alias Lindoro, einen Turm zu erklettern, auf dem ein gigantischer Rapunzelzopf gemalt ist, der natürlich zu Rosina führt. Der Figaro tritt selbstbewußt als männliche Erscheinung, lange Haare, aufgeknüpftes Hemd und dicke Kette auf. Das Thema Haar zieht sich als Leitfaden durch das Bühnenbild, auch im Wohnraum des Dr. Bartolo, in dem Rosina residiert, sind rote, blonde, braune Haarmähnen das Wanddekor. Als dicke Nylonstränge hängen sie von der Decke. Am Ende des ersten Aktes werden die Protagonisten an Haarseilen weit in den Schnürboden hochgezogen. Im zweiten Akt kommt Almaviva in seinen Rollen als betrunkener Soldat und Gesangslehrer als Sänger und Darsteller neben Don Basilio auf seine Kosten. Bei der Rasierszene des Dr. Bartolo regnet es Schaum. Allein im Zwischenspiel des zweiten Aktes kommt etwas Ruhe auf, ansonsten ist stets wirbelnde Betriebsamkeit auf der Bühne, die mit einem Steg vor dem Orchestergraben erweitert ist.

Sänger und Orchester

Das Orchester ist von Robin Engelen gut vorbereitet. Die verengte Orchestergrabenöffnung dämpfte den Klang jedoch, was sich vor allem auf den Streicherklang, doch kaum auf das Cembalo auswirkt. Die Feinheiten der Partitur sind gut gearbeitet, kommen jedoch dadurch nur zurückhaltend zur Geltung. Die Sänger sind eine echte Freude: Der junge Tenor Tamás Tarjányi glänzte mit wendiger Leichtigkeit und sicheren Registerwechsel als Almaviva. In den unterschiedlichen Verkleidungen zeigt er außerdem sein schauspielerisches Vermögen. Zu erwähnen ist, daß er sich beim Ständchen im ersten Akt selbst auf der Gitarre begleitet. Giorgos Kanaris nahm mit seinem spielerisch geführten Bariton ein, den er als umtriebiger Figaro glänzend in Szene setzte. Kathrin Leidig (Rosina) konnte den lyrischen Koloraturen mit ihrem Mezzo Ausdruck verleihen und wirkte als verliebtes, überdrehtes Mädchen glaubhaft. Martin Tzonev schoß als Darsteller des Don Basilio mit Klumpfuß und wirrer Frisur den Vogel ab, vor allem beeindruckte er jedoch mit seinem sicher geführten schweren Baß. In den Nebenrollen nahm die wendige Altstimme von Vardeni Davidian als Berta ein. Sie wirkte als wahrer Unruhegeist auf der Bühne, wie auch ihr Pendant, Algis Lunskis als Fiorillo in der kleineren Baritonpartie.

Fazit

Eine sehr lebendige, bunte Aufführung, die mit den Stimmen der Sänger und der schauspielerischen Leistung vollkommen einnimmt. Auch das Orchester spielt schönsten Rossini-Klang, der tönt jedoch durch die eingeengte Orchestergrabenöffnung eher gedämpft.

Die permanenten Aktionen auf der Bühne lenken mitunter vom musikalischen Geschehen ab: Etwa dann, wenn im Orchester mit quirliger Streicherbewegung das Anrühren des Rasierschaums zu hören ist, der Schaum jedoch in großen Flocken fix und fertig von der Decke regnet und eine Slapstick-Nummer nach der anderen auslöst. Auch das Hochziehen der Sänger während des Finales im ersten Akt läßt den Zuschauer um die Sänger eher bangen, als sich dem Genuß der Musik hinzugeben.

Felicitas Zink

Bild: Thilo Beu

Das Bild zeigt: von li nach re: Tamás Tarjányi (Almaviva), Kathrin Leidig (Rosina), Giorgos Kanaris (Figaro), Ramaz Chikviladze (Bartolo), Martin Tzonev (Don Basilio), Vardeni Davidian (Berta)

 

 

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