DON PASQUALE – Lissabon, Teatro Nacional de São Carlos

von Gaetano Donizetti (1797–1848), Opera buffa in drei Akten, Libretto von Giovanni Ruffini und vom Komponisten

UA: 3. Januar 1843 Paris, Théâtre Italien

Regie: Italo Nunziata, Bühnenbild und Kostüme: Pasquale Grossi, Licht: James Patrick Latronika

Dirigent: Carlo Rizzari, Orquestra Sinfónica Portuguesa, Chor des Teatro Nacional de São Carlos, Leitung: Giovanni Andreoli

Solisten: José Fardilha (Don Pasquale), Eduarda Melo (Norina), Yanni Yannissis (Malatesta), Mathias Vidal (Ernesto), Frederico Santiago (Notar)

Besuchte Aufführung: 10. November 2012

Kurzinhalt

Don Pasquale, ein reicher, schon etwas betagter Junggeselle, beschließt sich eine Gattin zu suchen. Sein Neffe Ernesto, der in die arme Witwe Norina verliebt ist, weigert sich, seinem Onkel zu gehorchen und eine reiche Frau zu ehelichen. Er muß deswegen Don Pasquales Haus verlassen. Gemeinsam mit Don Pasquales Arzt Malatesta spinnen Norina und Ernesto eine Intrige: Malatesta stellt Don Pasquale Norina als seine Schwester Sofronia vor. Don Pasquale ist von ihrer Zurückhaltung entzückt und will sie sofort heiraten. Mit einem falschen Notar wird die Trauung vollzogen, worauf sich „Sofronia“ sogleich in eine bösartige Tyrannin verwandelt. Don Pasquale setzt nun alles daran, sie wieder loszuwerden, was ihm gelingt, indem er seinen Neffen und dessen geliebte Norina einlädt, bei ihm einzuziehen, weil „Sofronia“ keine andere Frau im Hause duldet. Nachdem aufgedeckt wird, daß Sofronia und Norina die gleiche Person sind, erkennt Don Pasquale die Unmöglichkeit, eine junge Frau für sich zu gewinnen und findet sich mit seinem Schicksal ab.

Aufführung

Die Inszenierung verlegt die Zeit der Handlung in die 1920er Jahre. Kostüme, Requisiten, Bühnenbild und die Einrichtung sind recht konsequent im Stile dieser Epoche gehalten. Videoprojektionen, die Ausschnitte aus Spielfilmen der 20er Jahre zeigen, kommen zum Einsatz. Norina wird als Sekretärin dargestellt, Don Pasquale als Chef einer Firma. Die Personenregie hält sich von der Veränderung der Schauplätze abgesehen an die Handlung im Libretto. Der Einsatz der Bühnenbeleuchtung ist pointiert. Zusätzlich zu den singenden Akteuren bewegen sich etliche stumme Figuren, beispielsweise Don Pasquales Dienerschaft, über die Bühne und beleben das Bild.

Sänger und Orchester

Das Orquestra Sinfónica Portuguesa spielt seinen Part routiniert und rhythmisch präzise, und auch das Zusammenspiel zwischen Sängern und Instrumentalisten war, mit Ausnahme eines Einsatzes Malatestas im ersten Akt, akkurat aufeinander abgestimmt. Die Ensembles waren gut durchhörbar. Lediglich das schnelle Duett Malatesta/Don Pasquale im dritten Akt war dem Tempo her ein wenig zu überdreht. Trotz der sängerfreundlichen Akustik des Hauses verschwanden die Stimmen der Solisten ganz vereinzelt im Tutti des Orchesters. Der Chor gestaltete seinen Part dynamisch abwechslungsreich und sicher. Alle Solisten sangen und spielten ihre Partien gut oder sehr sogar gut. Der beste Sänger des Abends war darstellerisch und stimmlich Yanni Yannissis in der Rolle des Malatesta. José Fardilha in der Titelrolle spielte seine Partie dezent, ohne Übertreibung, blieb aber gesanglich ein wenig blaß. Seine Stimme ist nicht sonderlich groß. Eduarda Melo als Norina füllte ihre Rolle darstellerisch gut aus und besitzt auch das stimmliche Potential für das Belcantofach. Ihre Koloraturtechnik wie auch der Registerausgleich sind solide. Lediglich ein paar hohe, kräftige Einsätze im ersten Akt gerieten ein wenig zu schrill. Der Tenor Mathias Vidal (Ernesto) verkörperte und sang seine Rolle sicher, hat aber leider eine recht gaumige Tongebung. Frederico Santiago in der kleinen Rolle des Notars singt zu unausgeglichen, um größere Partien bewältigen zu können.

Fazit

Die Inszenierung wie auch die musikalische Leistung dieses Abends war insgesamt ordentlich. Unklar bleibt, weshalb die Handlung in die 1920er Jahre verlegt wird. Die Personenregie ist auf viel Bewegung angelegt, ohne allzu zappelig zu werden. Das Publikum war mit der durchweg unterhaltsamen Aufführung zufrieden, es gab Gelächter und Szenenbeifall. Erwähnenswert ist auch noch die außergewöhnliche Spielstätte: Das Teatro de São Carlos, ein Haus mit fünf Rängen und seiner authentischen Einrichtung vom Ende des 18. Jahrhunderts gibt dem Zuschauer einen unverfälschten Eindruck davon, wie die Opernhäuser im 19. Jahrhundert aussahen. Überaus bedauerlich ist, daß wegen der tiefen Finanzkrise, in der sich Portugal derzeit befindet, neben dem Don Pasquale in dieser Spielzeit keine weitere Oper in Lissabon gespielt werden wird.

Dr. Martin Knust

 

 

Veröffentlicht unter Opern