Darmstadt, Staatstheater – HÄNSEL UND GRETEL

von Engelbert Humperdinck, Märchenoper in drei Bildern, Text von Adelheid Wette nach den Gebrüdern Grimm
UA: 23. Dezember 1893, Weimar.
Regie: Bettina Geyer, Ausstattung: Fabian Lüdicke, Bewegung der Puppen und Figuren: Lorenz Seib, Dramaturgie: Alexander Gruber, Studienleitung
Dirigent: Lukas Beikircher, Staatsorchester Darmstadt, Kinderchor, Einstudierung: André Weiss
Solisten: Aki Hashimoto (Gretel), Niina Keitel (Hänsel), Elisabeth Hornung (Gertrud), Oleksandr Prytolyuk (Peter), Katrin Gerstenberger (Knusperhexe), Margaret Rose Koenn (Sand-/Taumännchen) u.a.
Besuchte Vorstellung: 15. November 2008 (Premiere)

Kurzinhalt
darmstadt-hansel-und-gretel.jpgHänsel und Gretel sollen zu Hause arbeiten, statt dessen spielen und tanzen sie durchs Zimmer. Als die Mutter nach Hause kommt, liegt die Wäsche auf dem Boden und die Besen sind nicht fertig gebunden. Sie ist so wütend, daß ihr aus Versehen der Krug mit dem Abendessen herunterfällt und zerbricht. Damit es überhaupt etwas zu Essen gibt, schickt sie ihre Kinder in den Wald, Erdbeeren sammeln.
Als die Kinder bis spät in der Nacht nicht zurückkehren, beginnen die Eltern, sie zu suchen. Hänsel und Gretel haben sich im Wald verirrt und schlafen ein, wobei das Sandmännchen ihnen hilft. Sie träumen von zwei Engeln, die sie beschützen. Statt nach Hause finden Hänsel und Gretel am Morgen das aus Lebkuchen bestehende Knusperhäuschen. Da beide sehr hungrig sind, essen sie begierig davon. Doch es erscheint die Knusperhexe und hält die Kinder mit einem Zauberspruch fest. Sie will Hänsel in einem Ställchen mästen, Gretel soll, wie schon andere anwesende Kinder, bei der Arbeit helfen. Als Hänsel im Ofen gebraten werden sollen, überlistet Gretel die Hexe und beide können sich befreien. Die Eltern finden sie und können zusammen nach Hause gehen.
Aufführung
Die Bühne der ersten beiden Bilder ist traditionell gehalten. Das erste Bild Daheim spielt in einem schmalen Kellerraum mit einer Treppe und einer Tür. Ausstattung und Kleidung entsprechen den Armutsverhältnissen der Familie. Der Vater stellt durch das Auftreten durch einen Seiteneingang Publikumsnähe her. Das zweite Bild Im Walde wird durch die Darstellung von Tieren– und später Engeln – die von Männern und Frauen in Schwarz bewegt werden, komplettiert. Das Sandmännchen steigt mit dem Mond von unten auf. Das dritte Bild Das Knusperhäuschen ist im Gegensatz zu den ersten beiden nicht traditionell, sondern modern gestaltet. Das Knusperhäuschen ist rund, in rot und gelb gehalten, sowie mit Lichtern derselben Farben versehen. Der Auftritt der Knusperhexe erfolgt durch ein Loch im Dach des Knusperhäuschens und endet im Ofen, der als Mund mit langen spitzen Eckzähnen dargestellt wird. Das große Finale wird durch die Befreiung der Lebkuchenkinder eingeleitet und endet mit dem Zusammentreffen der Eltern von Hänsel und Gretel.
Sänger und Orchester
Aki Hashimoto (Gretel) verkörpert das junge Mädchen mit ihrer weichen, klaren, gut in die Höhe geführten und sehr verständlichen Sopran-Stimme. Niina Keitel (Hänsel) überzeugt in ihrer männlichen Rolle nicht und ist schlecht zu verstehen. Mit viel Druck versucht Elisabeth Hornung (Gertrud) den hohen Tönen Lautstärke zu verleihen, wodurch lange Noten nach kurzer Zeit einfach abbrechen und der Text – vielleicht durch das schnelle Vibrato – nicht mehr verständlich ist. Erholung für die Ohren ist Oleksandr Prytolyuk (Peter). Mit einer klaren Aussprache und Stimme sowie schauspielerischen Qualitäten überzeugt er, genau wie Katrin Gerstenberger (Knusperhexe). Margaret Rose Koenn (Sand/Taumännchen) weckt die Kinder mit zartem Sopran und klarer Stimme.
Lukas Beikircher zaubert mit dem Staatsorchester Darmstadt einen wunderbaren Klangteppich, unterstützt den Gesang und drückt die Stimmungen aus. Einzig das Zusammenspiel von Kinderchor und den Solisten klappte nicht von Anfang an.
Fazit
Mit einem sehr schönen Bühnenbild versinken Alt und Jung in den ersten beiden Bildern gleichermaßen in einer Märchenwelt. Vor allem die bewegten Tiere und Engel bereiten dem Zuschauer viel Freude. Nach der Pause wird dieses märchenhafte Bild durch ein modernes, rundes Knusperhaus mit grellen Lichtern, das eher an ein Ufo auf dem Jahrmarkt als an ein Lebkuchenhaus erinnert, leider völlig zerstört. Warum der Ofen als Dracula-Mund dargestellt ist, wird dem Zuschauer nicht klar. Vielleicht steht er für die große Macht der Hexe? Einzig die gute schauspielerische und musikalische Darbietung von manchen Solisten und Orchester zusammen mit den ersten beiden Bildern führen zu einem insgesamt positiven Eindruck. Dem Applaus nach den ersten beiden Bildern folgt ein mittelmäßiger Applaus am Ende.
Sonja Olsen
Bild: Barbara Aumüller
Das Bild zeigt Hänsel (Niina Keitel) und Gretel (Aki Hashimoto) vor dem Knusperhäuschen im Wald

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